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Im Kristallsaal der „GOLDENEN LIGA“
ОглавлениеIm Kristallsaal der "Goldenen Liga" haben sich ungefähr achtzig Menschen versammelt. Der Name des Saales ist durchaus berechtigt. Man kommt sich vor wie in einer Tropfsteinhöhle. Gedrehte gläserne Säulen in der Form eines DNA-Stranges ragen als Eckpfeiler bis zur verspiegelten Decke. Der Boden scheint aus glattgewalzten Eiszapfen zu bestehen. Zur Krönung sind alle Möbel, auch die bis zum Boden reichenden Gardinen, schneeweiß.
Das Raunen im Saal verstummt augenblicklich, als hinter dem Rednerpult eine schlanke dunkelhaarige Frau im hellgrauen Kostüm auftaucht. Nele Kurfürst, Mitte Fünfzig, gutaussehend. Das halblange schwarze Haar glänzt wie ihre dunklen Augen.
„Ich bitte um Ruhe, meine Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, steht der Kontencheck nächste Woche ins Haus. Wer also ausreichend solvent ist, das betrifft in erster Linie die Damen, kann sich nach Weihnachten für die erste Versuchsreihe melden.“
Die schöne Frau streicht eine vorwitzige Locke aus ihrem Gesicht. „Der Vorstand und ich sind der Meinung: Wir können das Experiment wagen!“
Ein kurzer Jubel erfüllt den Saal.
Nele Kurfürst strafft ihre Gestalt, ihr Blick wird ernst. „Jedem sollte klar sein, egal wie das Ergebnis ausfällt, dass die LIGA keinerlei Haftung übernimmt.“
Sie räuspert sich. „Leider gibt es eine nicht ganz so erfreuliche Nachricht: Es wird notwendig sein, einige von Ihnen in das neugebaute Lager außerhalb des Zwinger-Geländes umzusiedeln.“
Sofort werden die ersten empörten Stimmen laut. Nele hebt beschwichtigend die Hände: „Wir haben es geschafft, eine durchaus adäquate Bleibe für alle Betroffenen zu finden. Sicher haben sich schon einige gewundert, was für ein Neubau angrenzend entsteht. Dieser Block beinhaltet alle Annehmlichkeiten, die Sie von hier gewohnt sind: Hübsche Zweiraumwohnungen mit Balkon, ein Schwimmbad auf dem Dach und ein gemeinschaftlicher großer Wintergarten.“
Ein hagerer Mann mit Glatze steht auf: „Das ist eine Zumutung! Wir sollen unsere Appartements aufgeben und in kleinere ziehen!? Was wird mit unseren Sachen? Wie sieht es mit der Miete und den anderen Vergünstigungen aus? Was wird zum Beispiel mit der an die LIGA gebundenen medizinischen Betreuung?“
Nele nickt kurz. „Studio und Kino können Sie natürlich weiter kostenlos nutzen.
Allerdings müssen die Kosten für Medizin und ärztliche Behandlung ausschließlich von Ihnen selbst getragen werden.“
Immer mehr aufgebrachte Menschen schreien nun durcheinander. Nele ist gezwungen ebenfalls zu schreien: „Die Gesundheit sollte jedem von uns mehr wert sein, als Schönheit und Luxus!“
„Das sagt genau die Richtige!“, kommt es wütend zurück.
Die Menge ist inzwischen so aufgewühlt, dass zwei stämmige Leibwächter, die neben Nele stehen, diese jetzt hinter die Bühne zum Ausgang bringen müssen.
Die Sorge der gutbetuchten Bewohner der „GOLDENEN LIGA“ sind nur Bagatellen gegenüber den Problemen, mit denen sich die Bevölkerung außerhalb des Sperrgebietes herumschlagen muss.