Читать книгу Johannes Reuchlin und sein Kampf - Max Brod - Страница 10

4

Оглавление

Die Wirklichkeit gestaltete sich freilich recht anders, als Rabelais und die Leute von Thelema und die Freunde des ›Meerwunders‹ es sich vorgenommen hatten. Dazu tat schon der morbus gallicus (auch malum Franciae genannt) das Seine, dem der stürmische Hutten und viele tausend andere erlagen; Hutten, nicht ohne seine grauenerregende Schmierkur mit wissenschaftlicher Objektivität und sogar mit einer gewissen Ostentation dargestellt zu haben – die Schrift ist in aller Naivität seinem Erzbischof zugeeignet. Und die bald den Humanismus ablösenden Glaubenskämpfe heizten den Kessel, in dem der fluchbeladene Körper der Menschheit weiterhin schmorte. – Als ein Aufwachen aus jahrhundertelangem Alpdruck, als ein Augenblick und Atemzug reiner Menschlichkeit behält der Traum von der Abtei Thélème seinen unverlierbaren Wert, wiewohl er nur Verse, Sinnsprüche, Aufrufe liefert. Aber da nun einmal Verse und Sinnsprüche leuchtende Sterne sind und überdies gelegentlich auch anregen, und zwar gute Taten, wollen wir sie immerhin gelten lassen, wenn auch ohne allzu große Prahlerei.

Übrigens fehlt auch bei Rabelais die Blague nicht; und das Schlußkapitel, in dem ein ›Rätsel‹, das man auf einer Bronzeplatte bei der Grundsteinlegung der Abtei findet, zunächst von dem sehr weise gewordenen Gargantua mit einem tiefen Seufzer dahin gedeutet wird, »daß die Jünger der reinen Menschenbotschaft (immer) verfolgt und verleumdet wurden«, – von Frater Hannes dagegen simpel als »eine verworrene und verknöselte Beschreibung des Ballspiels«: dieses Schlußkapitel liest sich ganz wie eine antizipierte Parodie auf die heute zur schlechten literarischen Gewohnheit gewordene Mode, einen berühmten Autor (man weiß wohl, wen ich meine) auf irgendeine weithergeholte, sonst aber beliebige Weise zu deuten.

Johannes Reuchlin und sein Kampf

Подняться наверх