Читать книгу Auf Asphalt - Max Marquardt - Страница 13

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FABIAN CANCELLARA

„Sich auf Biegen und Brechen quälen? Das würde ich jetzt nicht mehr machen. Diese Zeiten sind vorbei.“

Er hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Dreimal die Flandern-Rundfahrt, dreimal Paris–Roubaix, einmal Mailand–Sanremo. Im Einzelzeitfahren wurde Fabian Cancellara in den Jahren 2006, 2007, 2009 und 2010 Weltmeister, so oft wie kein anderer Radrennfahrer vor ihm. Zweimal holte sich der pfeilschnelle Schweizer Olympiagold, einmal Silber. Die Liste seiner Siege und Erfolge während seiner 17-jährigen Profi-Karriere scheint endlos. Fabian zählt heute zu den weltweit erfolgreichsten Radrennfahrern des frühen 21. Jahrhunderts. Spartacus nennen sie ihn. Ob aufgrund seiner Statur oder seiner Siege – das weiß eigentlich keiner so genau. Nach seinem Olympia-Sieg in Rio de Janeiro beendete er seine Karriere als aktiver Profi. Zeit, die Füße hochzulegen? Mitnichten. Gleich nach seiner Zeit als Profi gründet er ein eigenes Unternehmen.


Ex-Rennradprofi, Unternehmer, Spartacus

Mit Chasing Cancellara organisiert er eine eigene Jedermann-Rennserie, die schnell einen guten Ruf in der Radszene hatte. „Ich kann mich nicht einfach zurücklehnen und Däumchen drehen oder mich nur auf den Erfolgen meiner Profi-Karriere ausruhen. Das würde mich auf die Dauer nicht glücklich machen“, sagt Fabian und grinst. Bei Chasing Cancellara können sich die Teilnehmer, vom Anfänger bis zum Halbprofi, in verschiedenen Disziplinen mit Fabian messen. Eine Gelegenheit, die man nicht alle Tage bekommt. Und schon gar nicht dann, wenn der Konkurrent über eine Stunde lang mit 460 Watt Pedaldruck über die Straße knallt. Doch das schreckt viele Hobbyfahrer nicht ab. Im Gegenteil: einmal mit Spartacus über die Pässe jagen. Einmal mit einem echten Profi die Straße teilen. Wie so oft beim Rennradfahren geht es am Ende nicht um den Sieg oder eine Podiumsplatzierung, sondern um das Schreiben der ganz persönlichen Geschichte. Eine Geschichte des Genusses, des freudvollen Leidens, des Miteinanders. Ein Alleinstellungsmerkmal der Rennen ist daher nicht nur der Versuch, Fabian einzuholen; es sind vor allem die familiäre Atmosphäre und die professionelle Organisation mitsamt Motorrad-Eskorten und echtem Worldtour-Feeling. Doch das hat natürlich seinen Preis. So müssen die Teilnehmer zum Beispiel bei Zürich–Zermatt an einem Tag wahnsinnige 280 Kilometer und 6.500 Höhenmeter meistern. Viele Teilnehmer trainieren hierfür das ganze Jahr. „Zürich–Zermatt ist natürlich schon eine Challenge“, gibt Fabian zu. „Es ist ein echtes Rennen, mit Race Briefing und Podium. Aber auch hier geht es um das Erlebnis. Das Fahrrad ist für mich ein Werkzeug, um mich besser zu fühlen – es dient dazu, dass man den Kopf leer macht und die Energiespeicher wieder auffüllt. Man fährt nicht nur Rad, sondern erfährt und erlebt Dinge gemeinsam. Erlebnisse, auf die man immer wieder gerne zurückblickt.“ Von diesen Erlebnissen hat Fabian in seinem Leben viele gehabt – und möchte durch Chasing Cancellara andere daran teilhaben lassen. „Mich hat der Radsport so weit gebracht, und ich denke, dass auch andere davon profitieren können.“

Wie so oft beim Rennradfahren geht es am Ende nicht um den Sieg oder eine Podiumsplatzierung, sondern um das Schreiben der ganz persönlichen Geschichte. Eine Geschichte des Genusses, des freudvollen Leidens, des Miteinanders.

Im Jahr 2006 gewinnt er das erste Mal Paris–Roubaix. Die Besonderheit des Frühjahrsklassikers ist nicht etwa die Gesamtdistanz über 250 Kilometer; es sind die meist widrigen Bedingungen wie Schlamm, Regen und Kälte, die dem Peloton bei dem Eintagesrennen zu schaffen machen. Erschwerend hinzu kommen die sogenannten Pavé-Sektoren, insgesamt 56 Kilometer Kopfsteinpflaster, die selbst auf einem Mountainbike eine Herausforderung wären. „Ich würde das noch nicht mal als Straße bezeichnen. Es gleicht eigentlich mehr einem Feldweg, der von Steinen durchsetzt ist und die bei Regen unglaublich rutschig werden.“ 2010 und 2013 gewinnt er in der „Hölle des Nordens“ erneut. „Jij bent een Flandrien“ („Du bist ein Flandrien“). Mit diesen Worten verehren sie Fabian in Belgien. Flandrien – ein Mythos, der den unerschütterlichen Rennfahrer verkörpert. Ein Kämpfer, der weder Kälte, Wind noch Regen scheut – und niemals aufgibt. Nur ein paar Wochen später wird er Weltmeister im Einzelzeitfahren. Viele ahnen es damals noch nicht, doch die Reise des Spartacus beginnt zu diesem Zeitpunkt erst so richtig.

Zehn weitere Jahre behauptet sich Fabian im internationalen Rennzirkus. Mailand–Sanremo, Tour de France, Weltmeisterschaft, Olympia. Er stürzt, steht wieder auf, stürzt, steht wieder auf. Immer wieder. Bei einem Horror-Crash während der Tour de France 2015 bricht er sich zwei Lendenwirbel. Mühsam kämpft er sich aus dem Krankenhaus wieder aufs Rad. „Vielleicht hätte ich gar nicht erst antreten sollen, aber ein Kämpfer gibt niemals auf!“, schreibt er dazu in seiner 2016 erschienenen Biografie. Niemals aufgeben. Nicht der Flandrien, nicht Spartacus. Bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro zeigt er es noch einmal allen: Olympia-Gold im Einzelzeitfahren! Gleichzeitig verkündet er mit diesem Erfolg aber auch sein Karriereende. „Over, out, das war's“, geistert ihm kurz nach dem Sieg durch den Kopf. Dem Rücktritt liegt ein Versprechen an seine Familie zugrunde: „Wenn ich die Goldmedaille nach Hause bringe, dann höre ich mit der Profikarriere auf. Sie waren wie vom Blitz getroffen, als ich es dann in die Tat umgesetzt habe.“ Doch Fabian hat schon einen Plan für seine Zukunft. Er wird Geschäftsmann, baut mit Chasing Cancellara ein Unternehmen auf. Und muss sich plötzlich ganz neuen Herausforderungen stellen: Mitarbeiter, Management, Planung. „Das heißt, ich bin nicht nur der Bergfahrer, nicht nur der Sprinter, nicht nur der Zeitfahrer. Ich muss jetzt von allem etwas sein“, sagt Fabian. Das Rennrad lässt er trotzdem nicht einstauben. „Wenn ich etwas mache, will ich es richtig machen. Und dann ist man auch gut beschäftigt. Es ist ja auch nicht so, dass ich die Leute arbeiten lasse. Man schafft das alles im Team.“

Und wie sieht für Spartacus heute ein perfekter Tag auf dem Rennrad aus? „Wenn es einfach läuft“, sagt Fabian. „Aber ich weiß auch, wie es früher war und wie es heute ist. Und da ist auch immer die Frage, wie viel man macht. Mittlerweile reichen für mich zwei Stunden auf dem Rennrad aus. Aber sich auf Biegen und Brechen quälen? Das würde ich jetzt nicht mehr machen. Diese Zeiten sind vorbei.“ Heute zählt für Fabian vor allem eine positive Einstellung zum Sport. „Eine gute Grundstimmung. Auch wenn man allein fährt. Dieses positive Mindset muss einfach sein. Und selbst wenn die Denkweise noch nicht gleich da ist, sie kommt spätestens beim ersten Pedaltritt.“

Zwei Pässe für die Ewigkeit

„Jeder Rennradfahrer sollte in seinem Leben mal den Furkapass und die Tremola gefahren sein. Das sind zwei so mythische Pässe, die gehören auf die Must-do-Liste eines jeden Rennradfahreres. Besonders die Tremola ist sehr speziell, weil sie eine der wichtigsten Straßen bei einer Alpenüberquerung darstellt. Beide Pässe haben einen ganz besonderen Legendenstatus und sind deshalb ein verpflichtendes Ziel.“



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