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In der Klinik

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Am hellen Sonntag erwacht ein Mädchen im Klinikum in einem fremden Hemd, beäugt von fremden Gesichtern. Es hat nicht geschlafen. Es war nicht ohnmächtig. Es war zu. Völlig zu. Das wird ihm jetzt klar, und ihm dämmert es auch, warum sich das Innere nach außen kehren möchte. Alles kann sich nach außen kehren, nur nicht die Seele.

Die behält es bedeckt. Die geht keinen etwas an.

Dem Mädchen ist kotzelend. Eine Krankenschwester steht neben dem Bett. Das herbe Gesicht spiegelt weder Sorge noch Strenge. Abscheu vielleicht. Oder Kälte?

Die Frau fragt etwas, doch das Mädchen antwortet nicht. Es schließt die Augen und dreht sich zur Wand.

Schwester Beate muss gar nicht fragen. Sie weiß alles über das halbe Kind, das jetzt weniger erbärmlich aussieht als noch in der Nacht.

Nina Joswig. Noch nicht einmal sechzehn Jahre alt. Schülerin am Heine-Gymnasium.

Da draußen im Gang saß die halbe Nacht ein Kerl, der nicht eher gehen wollte, bis er erfahren hat, wie es um sie steht.

Erst als die Mutter des Mädchens kam, war er zu bewegen.

Hilflos stand die Frau herum, rang mit den Händen und wusste nicht, was man von ihr erwartete. Entgiftung. Das traf sie schwer. Schwerer noch trafen Mutters Tränen das blassblaue Kind.

»Dass du uns so etwas antust! Was sag ich bloß Papa. Nun siehst du es selber. Er hatte doch recht mit dem Experiment…« Sie zog ein Zellstoff aus der Tasche und wischte ziellos in ihrem Gesicht herum, »…ist der Teufel erst geweckt …!«

Das Mädchen weint seitdem und redet noch immer nicht.

»Es musste so kommen«, hat die Frau gesagt und ist von einem Bein auf das andere getreten, wie die Irren auf den Gängen der Anstalt.

Nichts muss so kommen, denkt Beate und spricht gedämpft auf Nina ein. Der schmale Körper hebt und senkt sich, aber er gibt keinen Laut frei.

Beate kennt andere Typen, die es den Schwestern schwer machen, sobald sie wieder ein bisschen Orientierung spüren. Manche werden aggressiv und randalieren herum. Einmal kam ein Dreizehnjähriger mit zwei Promille im Blut. Aber er stand senkrecht – nicht sicher, aber doch auf eigenen Füßen. Ein Dreizehnjähriger!

Andere kommen in fast komatösem Zustand, wo alle Schutzreflexe fehlen, wo die Atmung gefährlich langsam geht, bisweilen aussetzt. Die meisten sind unterkühlt, wie dieses Mädchen auch. Es brauchte eine Infusion; der Blutzucker war drastisch abgesunken. Und es brauchte neben der Windel, in die es sich komplett entleert hat, auch sehr viel Flüssigkeit.

Der Mann sagte, das Mädchen habe sich schon im Park übergeben. Komplett, wie es ihm schien.

Dieses Mädchen randaliert nicht, es keift nicht und lässt auch sonst alles geschehen. Dieses halbe Kind spürt eine Scham in sich, die nichts anderes erträgt als die weiße Wand neben ihrem Bett.

Besuch wäre Gift. Kein Besuch ist es auch. Die Mutter hatte verstanden, dass ihre Worte nicht hilfreich waren. Der Vater sei gottlob nicht in der Stadt. Der würde nicht lange fackeln, sagte die Mutter.

Seit einer Stunde sitzt schon wieder dieser Kerl draußen im Gang. Er gibt vor, Nina gefunden zu haben und endlich Auskunft zu erwarten.

Der den Teufel weckt

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