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BIOLOGISCHES LEITSYSTEM FÜR GESUNDE NAHRUNG

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Wissen Sie, was das biologische Leitsystem für gesunde Nahrung ist? Ich habe drei Beispiele für Sie:

 Beispiel 1: Ah, da drüben, eine lecker aussehende Pflanze. Ötzi läuft das Wasser im Munde zusammen. Er pflückt ein Blättchen, kaut vorsichtig, verzieht das Gesicht: bitter. Ötzi spuckt einmal kräftig – weg damit! Hätte er das Kraut gegessen, wäre er erstickt.

 Beispiel 2: Ein Löffelchen für die Oma ...! Bäh, das Baby dreht den Kopf weg, wenn der Löffel kommt. Gelingt es doch, einen Happen erfolgreich zwischen die kommenden Zähnchen zu platzieren, spuckt das Kind ihn flugs wieder aus und windet sich, Unmutslaute von sich gebend, beinahe aus dem Hochstuhl heraus.

 Beispiel 3: »Kann ich aufstehen?« – »Aber Paul, du hast doch noch gar nicht aufgegessen.« Und weg ist der Sohnemann.

Was sagen diese Beispiele? Das Erste: Bitteres ist giftig! Das Zweite: Neues ist gefährlich! Das Dritte: Satt ist satt!

Das menschliche Verhalten in den drei Beispielen ist naturgegeben.

Das erste Beispiel zeigt ein Naturphänomen: Giftstoffe schmecken oft bitter. Dies wirkt sich für den Menschen als Warnsystem vor schädlicher Nahrung aus, denn der unangenehme Geschmack ruft Ekel und Abneigung hervor. Damit man auch jene Bitterstoffe entlarvt, die sich erst nach einigem Verweilen im Mund entfalten, sitzt der Geschmacksnerv für »bitter« weit hinten auf der Zunge, um dann im letzten Moment noch einen Würgereflex auszusenden, der Ötzi das tödliche Kraut ausspeien lässt.

Beispiel zwei ist nichts anderes als das sprichwörtliche »Was der Bauer nicht kennt, (fr)isst er nicht«. Die Wissenschaft nennt die Angst vor Neuem eleganter Neophobie. Auch sie ist Teil unseres Warnsystems. Evolutionsgeschichtlich war die Aversion gegen unbekannte Speisen wichtig: Was nicht bereits als verträglich bekannt war, konnte giftig sein. Daher essen Babys Neues oft erst mal widerwillig.

Wie sollen sie wissen, dass ihre Eltern ihnen nur das Beste anbieten wollen?

Beispiel Nummer drei zeigt schließlich sehr schön, dass Kinder das Natürlichste von der Welt tun, wenn sie satt sind: Sie hören auf zu essen. Wie viel wäre schon für die schlanke Linie gewonnen, täten wir Erwachsenen das auch.

Ein weiteres Beispiel für unser biologisches Leitsystem zur gesunden Nahrung kennen Sie ganz bestimmt: den Lieblingsspeise-Killer. Nehmen wir einmal an, Käsespätzle sind Ihre absolute Lieblingsspeise. Was passiert, wenn Sie jeden Tag Käsespätzle essen, mittags und abends? Unglaublich, aber wahr: Sie können sie irgendwann nicht mehr sehen. Geht das dann noch eine Weile weiter, dreht sich Ihnen sogar der Magen um. Auch das ist ein Trick unseres biologischen Leitsystems: Wir werden eines bestimmten Nahrungsmittels überdrüssig, wenn wir es ausschließlich, eben im wahrsten Sinne des Wortes »bis zum Erbrechen« essen. Die irgendwann eintretende Abneigung sichert die Abwechslung im Kochtopf. Einseitige Ernährung ist immer Mangelernährung, da lebenswichtige Nährstoffe fehlen. Wird es also eintönig, mault der Körper wie der Junior im Kinderstuhl. Das funktioniert auch bei uns noch. Ansonsten gilt: Die Zeiten, in denen sich Ötzi vom »eingebauten« Leitsystem zur gesunden Ernährung führen ließ, sind lange vorbei. Heute zeigen sich unsere schönen Anlagen nur noch bei den kleinen Kindern. Bis wir sie umerzogen haben.

Dass wir immer mehr Probleme haben herauszufinden, was gut und gesund für uns ist, ist ein Kollateralschaden der Zivilisation, der Industrialisierung und vor allem der Überflussgesellschaft. Eigentlich wussten wir einmal instinktiv, was gut für uns ist. Und dieser Instinkt für gesunde Ernährung ist auch immer noch vorhanden. Er ist nur tief unter Gummibärchen, Fischstäbchen, Käsebällchen und dergleichen verschüttet. All das schöne naturgegebene Rüstzeug für die richtige Auswahl unserer Ernährung kommt nicht mehr zum Einsatz, weil die Kommunikation zwischen Bauch und Kopf nicht mehr stimmt. Stör-Funk allerorten. Auf vieles scheinen wir ja zunächst auch gar nicht mehr angewiesen: Keiner pflückt noch selbst die Pflanzen für seine Mittagsmahlzeit, alles ist dutzendfach lebensmittelgetestet. Essen ist keine unmittelbare Gefahr mehr. Nur noch Verlockung, Varietät und Völlerei!

Heute sucht nicht mehr der Mensch Nahrung, sondern die Nahrung sucht den Menschen, den Käufer. Der heiß umworbene Kunde findet am Wegesrand des von Marketingexperten sorgsam ausgeklügelten Einkaufspfades, den er bis zur Kasse durchstreifen muss, ein gigantisches Angebot voll verführerischer Genüsse und Überraschungen. Und all die Fertigprodukte, Snacks und Ready-to-eat-Variationen ohne große Zubereitungsumwege »fliegen« in den Einkaufswagen hinein wie die gebratenen Tauben im Schlaraffenland.

Auf den Punkt gebracht: Unser biologisches Leitsystem ist noch da, doch es steuert nicht mehr unsere Ernährungsgewohnheiten. Die werden heute von gelernten Präferenzen dominiert. Instinkt ade.


Schlank mit Kräutern

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