Читать книгу Schlank mit Kräutern - Melanie Wenzel - Страница 11
NAHRUNG 2.0
ОглавлениеWas beeinflusst unser modernes Essverhalten? Ronald Mc Donald vielleicht? Ja, der auch. Aber er ist nur ein kleiner Angestellter in einer nicht ganz so kleinen Imbisskette und sein Einfluss am Ende gering. Er macht sich nur zunutze, was vorher schon schieflief. Unser Essverhalten ist nicht weniger komplex angelegt als unser sonstiges Verhalten auch. Der Geschmack wird schon vor der Geburt ausgebildet und durch dasjenige mitgeprägt, was die Mutter isst. Was aber davon unabhängig bei allen Neugeborenen auf der ganzen Welt zu beobachten ist: Sie mögen süß, während sie sauer, stark salzig und bitter ablehnen. Die Erklärung liegt wieder im biologischen Leitsystem: Es gibt in der Natur nichts Süßes, das giftig ist.
Die listige Lebensmittelindustrie macht sich die in uns verankerten Relikte unseres biologischen Leitsystems nur zu gerne zunutze. Stichworte: Halbfertig- und Fertigprodukte, Nahrungsmittelzusätze, Fast-food, Geschmackserziehung. Dass wir mit den Pfunden kämpfen, weil so viele von uns Schleckermäulchen sind, liegt auch daran, dass wir bereits in jungen Jahren entsprechend konditioniert wurden: Mit der beschriebenen angeborenen Präferenz für Süßes lässt sich etwa die Geschmacksbildung wunderbar manipulieren. Eine übersüße Kindheit werden wir im Erwachsenalter nur schwer wieder los. Genauso ist es mit der Gewöhnung an eine geschmackliche Aufwertung von Speisen durch den Geschmacksträger Fett.
Als ich noch ein Kind war, hat meine Freundin immer gesagt, sie will »Erdbeerjoghurt ohne Erdbeeren«. Sie mochte die Fruchtstückchen nicht, sondern nur die pürierte Version. Heute hat mancher Joghurthersteller diesen und ähnliche Wünsche beim Wort genommen. Erdbeerjoghurt ohne eine einzige Erdbeere? Gibt’s im Kühlregal gleich neben der Pizza mit dem Analogkäse. Unsere sensorischen Auswahlfaktoren werden durch allerlei Lebensmittelchemie komplett an der Nase herumgeführt – mit ellenlangen Zusatzstoff-Listen. Solche Lebensmittel sind wahrlich die Giftpflanzen von heute. Und mit dem künstlichen Essen gewöhnen wir uns auch an die künstliche Essenszubereitung. Kochen war gestern. Heute heißt es sehr oft nur noch: Heißes Wasser drauf, umrühren, fertig! Oder Folie einstechen, 2 Minuten Mikrowelle bei 800 Watt. Seit wir vom Land in die Städte gezogen sind, haben wir erst verlernt Nahrung zu produzieren und dann gegen Ende des letzten Jahrhunderts auch noch sie zuzubereiten. Damit die Frage, ob Kiwi ein Exot ist oder eine heimische Pflanze, nicht irgendwann Millionenfrage bei Günther Jauch wird, brauchen wir unbedingt mehr Botschafter des gesunden Essens für die nach-essenden Generationen.
Aber ich bin zuversichtlich, dass wir mitten in einem Umdenkprozess sind. Schauen Sie sich doch um: Kinder und Jugendliche beginnen sich wieder für Nahrung fernab von Burger & Co. und ihre Zubereitung zu interessieren. Dazu trägt durchaus der Coolnessfaktor vieler Koch-Shows bei und nicht zuletzt das Phänomen, dass junge Menschen gerne gegen das »Normale« revoltieren. Die Generation Facebook ist essenstechnisch nicht verloren. Wir sollten die Chance ergreifen, ihre Neugier auf das, was sie nicht kennt, zu befeuern. Dazu müssen wir zunächst ein wenig an unserem verkümmerten Instinkt für gesundes Essen arbeiten.
DEN GESCHMACK SCHULEN
Was machen wir mit dem anerzogenen »schlechten« Geschmack? Wir setzen voll auf die Natur! Die ist schließlich immer noch da, auch wenn sie nicht mehr so unmittelbar vor der Haustür liegt, sondern draußen vor der Stadt.
Die Natur hat Geschmackserlebnisse zu bieten, die wir nur wieder zum Leben erwecken müssen. »Echte« Lebensmittel überbieten jedes in jahrelanger Forschung ausgeklügelte Industrieprodukt. Und nebenbei werden wir dann wieder auf den Geschmack kommen, der uns ganz natürlich zu gesunder Ernährung führt – und mit der machen wir automatisch eine gute Figur. Die Geschmacksumerziehung ist dabei kein Boot-Camp für den Magen. Sie ist nichts anderes als reiner Lustgewinn. Stellen Sie sich doch nur mal einen Fleisch-Fan vor dem Kohlrabi-Steak vor! Das macht keine gute Laune. Bei der Wohlfühl-Ernährung dürfen Sie Fleisch-Liebhaber bleiben und tunken das Fleisch »nur« in eine andere Sauce, zum Beispiel in eine mit Ingwer. Den ungeahnten Genuss-Kick aufgrund der anregenden Wirkung dieser Wurzel werden Sie nicht so schnell vergessen. Wer will da zurück zur schwerer brauner Pampe?
Wir geben unserem Gaumen mit der Wohlfühl-Ernährung genug von dem, was er zu mögen gelernt hat. Essgewohnheiten sind nun mal da, egal ob manipuliert, anerzogen oder auf »natürlichem« Wege gebildet. Und es tut weh, sie radikal umzuerziehen. Zum Glück ist das gar nicht nötig. Es geht um Nahrung, die zu Ihrem Ernährungs-Ich passt, die aber die »Wohlfühl/Gesund/Schlank=Gut für mich«-Qualitätskontrolle passiert. Sie müssen zukünftig nur Ihr Bestes geben, ihm das Beste zu geben: Vollwertiges und Hochwertiges.
DAS WOHLFÜHLGEWICHT FINDEN
Ihr Organismus hat ein Wohlfühlgewicht, und das ist garantiert nicht eines, das er nur mühsam und missmutig mit sich herumschleppt. Das Wohlfühlgewicht ist das gesündeste Gewicht, das Ihr Körper haben kann. Daher sollten Sie sich auf den Weg machen, es (wieder) zu finden.
Wer sich durch Schwangerschaften, Kummer oder einen längeren Aufenthalt im Supersize-me-Land USA deutlich aus jeder Übergröße geschlemmt hat, der muss natürlich erst einmal kräftig einbremsen, bevor er sich innerhalb seiner Wohlfühl-Ernährung auf sein Wohlfühl-Gewicht einpendelt. Im medizinischen Sinne Übergewichtige sollten daher immer ärztlich kontrolliert abnehmen.
Alle anderen können die figurfreundliche Ernährungsumstellung schaffen, indem sie lernen, wieder auf die Signale ihres Körpers zu hören. Denn wenn wir Leckeres mit schlechtem Gewissen und Gesundes mit Widerwillen essen, dann kann Essen im wahrsten Sinne des Wortes nur eine Bauchlandung werden. Wir bringen unseren Körper dann mit Ernährungskapriolen zwischen Fastfood und FDH völlig durcheinander und wundern uns, dass der Verdauungsapparat sich abmüht und vor lauter Hin und Her nicht mehr weiß, wo ihm die Darmzotte steht. Höchste Zeit für innere Einkehr.
Ohne uns beim Essen wieder wohlzufühlen, werden wir nicht zu einem gesunden Verhältnis zu unserem Körper und unserem Gewicht finden. Verabschieden Sie sich also davon, »am Abnehmen zu arbeiten« und »aufzupassen«. Arbeiten Sie daran, aufzupassen, dass Sie sich wohl fühlen.