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Blick in den Rückspiegel der Zeit:

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Tsunami nach einem Erdbeben im Indischen Ozean. Durch die Flutwelle kommen mehr als 230.000 Menschen ums Leben. Der britische Künstler Peter Ustinov stirbt. Der Literaturnobelpreis wird der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek verliehen.

Fabian wohnte in einem verwunschenen Bauwerk, dem Wasserschloss, das ich natürlich aus meiner Kindheit her kannte. Ich erinnere mich, dass ich mich als kleiner Kerl über den Namen wunderte, denn in der Nähe des mit Efeu überwucherten Gebäudes mit Erkern und Türmchen war von Wasser, geschweige einem Graben nichts zu sehen.

Ich näherte mich auf der stillen Straße und was ich sah, war allein nur mit einer blühenden Fantasie als Schloss zu beschreiben. Nichts mehr zu sehen von den Erkern, den Türmchen, vom Efeu entkleidet, war auch von der Mächtigkeit, dem steinernen Klotz, der Trutzburg nicht mehr viel übrig geblieben. Beim Näherkommen wirkte das Gebäude fast elegant, hell und freundlich, nicht mehr abweisend wie ehemals, vielleicht in den Proportionen etwas zu hoch zur Breite. Ich verminderte unbewusst meinen Schritt, um mir Zeit zum Staunen über die frappante Veränderung, einer regelrechten Verwandlung zu verschaffen. War es möglich, dass mich mein früheres, mein erinnertes Bild täuschte?

Der erfreuliche Eindruck wurde nach wenigen Schritten auf dem Fußweg Zum Wasserschloss wieder weggewischt. Ein sportlich gekleideter Mann in Begleitung von zwei Windhunden kam mir entgegen, runzelte bereits auf Abstand seine Stirn, stellte sich mir mit den Hunden entgegen, verweigerte mit strenger Freundlichkeit den Weiterweg. Erst der Name Fabian von Fernau bedeutete mein Passierschein. Mit verblasenem Gehabe trat er zur Seite, dieser selbst ernannte Cerberus. Später einmal würde ich ihn nicht mehr kennen, als ich häufiger Besucher des Wasserschlosses war.

Dem Klingeltableau zufolge hatte Fabian seine Wohnung in der vierten Etage. Eine Frauenstimme – war es Sibils Stimme, die ich hörte? – meldete sich auf mein Klingeln über die Gegensprechanlage. Nein, ich könne Fabian nicht sprechen, da er nicht zu Hause sei. Ob er sich bei mir melden könne? Ja, bitte. Ich nannte noch einmal meinen Namen, auf den sie nicht reagierte, und meine Handynummer.

Gerade einmal war der Stundenzeiger um das Ziffernblatt gelaufen, da meldete Fabian sich, war also noch immer verlässlich, wenn er das wollte. Wir wechselten einige Begrüßungsworte, bevor ich ihm kurz zusammengefasst schilderte, weshalb ich mich bei ihm meldete. Die alte Frau Bruch, die Witwe unseres ehemaligen Fußballtrainers, war von städtischen Ämtern in den Schwitzkasten genommen worden. Unsere Fußballmutter Frieda hatte hinter ihrem kleinen Häuschen gleich neben der Jugendsportanlage einen großen Streuobstgarten, und auf ungefähr die Hälfte des Grundstücks hatte der Verein ein Auge geworfen. Die alte Frau wehrte sich, wollte ihn nicht hergeben. Zufällig hatte ich davon erfahren, als ich vor zwei Tagen von einer Auslandsreise zurückgekehrt war. Wer konnte in diesem Fall helfen? Fabian würde sicher eine Idee haben. Und als Stadtrat, wie ich gehört hätte, böten sich ihm vielleicht noch weitergehende Möglichkeiten.

Er ging auf meine Erzählung mit keinem Wort ein, schlug vor, uns nachher, sagen wir in zwei Stunden, in der Taverne Costa zu treffen – so wie früher.

Mein Freund Sisyphos

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