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Huihui-Ärzte und ihre medizinischen Praktiken im yuanzeitlichen China

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Während der mongolischen Yuan-Dynastie wanderten schließlich bedingt durch den politisch-kulturellen Hintergrund sowie die religiöse Offenheit der Mongolenherrscher noch mehr Ärzte aus den genannten Westgebieten nach China aus. Mit der Eroberung des Großteils des eurasiatischen Kontinents hatte die Mongolen auch Zugriff auf diverse eurasiatische Medizinsysteme und Ärzte – muslimisch, nestorianisch-christlich, persisch, arabisch, türkisch, uighurisch, tibetisch, indisch, um nur die wichtigsten zu nennen. Die Quellen sprechen nun aber immer häufiger von Huihui-Ärzten (Huihui yi oder Huihui yi guan ) oder Huihui-Medizin. Im Regelfall wird die Bezeichnung Hui – wörtlich „Personen und Dinge, die mit dem islamischen Glauben in Verbindung stehen“ – mit „Muslim“ bzw. „muslimisch“ übersetzt. Wie oben in der Fußnote zur Überschrift bereits angesprochen, wurde der Terminus allerdings weitaus allgemeiner benutzt. Der Begriff Hui ist insofern ursprünglich ein chinesisches Konstrukt und sollte mit Bedacht gebraucht werden. Bis zum dritten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts begann man, die aus den Westgebieten und dem Iran stammenden und in den zentralen Gebieten Chinas siedelnden Muslime Huihui , d.h. die „Hui-Muslime“, zu nennen. Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Aufenthaltsgenehmigung von Muslimen im Mongolischen Reich kam während des zweiten Jahres (1252) der Regierung des Khans Möngke (1209–1259), der als Kaiser Xianzong (reg. 1251–1259) regierte, die Bezeichnung Huihui hu (Hui-Haushalte) in Gebrauch. Daraus entwickelte sich allmählich die verkürzte Bezeichnung Huihui als eine nationale Benennung der Muslime, die bis heute in China verwendet wird.21 Die Charakterisierung als Huihui bedeutete also nicht zwangsläufig, dass es sich um einen Angehörigen der islamischen Religion handelte, sondern ist eher als ethnische Kategorie zu verstehen.

Anzumerken ist in diesem Kontext auch die Tatsache, dass die Mongolen als herrschende Elite Chinas dessen Einwohner offiziell in vier Klassen mit abgestuften Rechten einteilten: Mongolen, welche die höchste Rangstufe einnahmen; Einwohner aus West- und Zentralasien, die mit den Mongolen verbündet waren (semuren , wörtlich „Menschen mit farbigen Augen“), Han-Chinesen (hanren ) und die im Süden residierenden Chinesen aus dem ehemals besiegten Südlichen Song-Reich (nanren ). Die Muslime gehörten dabei der zweiten Gruppe an und waren daher auf eine höhere Rangstufe als die Chinesen gestellt. Die Mongolen nutzten ihre Fähigkeiten und ihr Wissen. Da sie den Mongolen im Regelfall treuer ergeben waren als die Chinesen, gelangten sie in hohe Ämter im zivilen und militärischen Bereich.

Einer der vielleicht berühmtesten Huihui im yuanzeitlichen China, der ebenfalls einen muslimischen Hintergrund besaß, war der Händler, Gelehrte und Dichter, Ding Henian (1335–1424). Er soll in Mathematik, daoistischen Atemübungen und pharmazeutischen Rezepturen ausgewiesen gewesen sein. Während seiner Zeit in den Siming -Bergen in Zhejiang nahe Ningbo verdiente er sich seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Arzneimitteln, einer angeblich „islamischen Tradition“.22

Ein Eintrag in den ‚Aufzeichnungen des Herrn Nancun während der Pflug brachliegt‘ (Nancun Chuogeng lu ) von Tao Zongyi (fl. 1360–1368) heißt es unter der Überschrift qiji (außergewöhnliche Krankheiten), dass der Yelikewen – Mitglied einer christlichen Glaubensrichtung, vielleicht Nestorianer23, namens Niezhi’er – als Arzt im „Amt für Umfassende Wohltätigkeit“, Guanghui si , einem der wichtigsten pharmazeutischen Büros im yuanzeitlichen China, angestellt sei. Er behandelte Patienten und bildete muslimische Ärzte aus.24 Zwei weitere Begegnungen mit muslimischen Ärzten sind in der gleichen Quelle unter dem Eintrag Xiyu qishu (Außergewöhnliche Techniken aus den Westlichen Regionen) genannt:

„Ein Nachbarskind hatte unerträgliche Kopfschmerzen. Ein muslimischer Arzt öffnete ihm die Stirn und holte einen kleinen Krebs heraus, der hart wie ein Stein war. Dieser lebte noch, starb aber sofort. Die Schmerzen waren vorbei, der Krebs wurde konserviert. (…) Einmal fiel das Pferd eines Reisenden mit geschwollenem Bauche um. Ein alter Muslim sah dies und schnitt ein kleines Stück aus dem linken Bein [des Pferdes]. Man wusste nicht, was es war. Das Pferd stand sofort auf und konnte wieder laufen. Ich glaube, die West-Ausländer haben wirklich Wunder vollbracht!“25

Der „kleine Krebs“ resultiert aus einer philologischen Fehlinterpretation. Krebs, auf Chinesisch xie lautet im Arabischen und Persischen sartan; im Chinesischen wurde dieses Wort auch als sai’ertang transkribiert und später zu xie rückübersetzt. Im Arabischen und Persischen aber beinhaltet die Bezeichnung sartan nicht nur Krebs, sondern auch ein bösartiges Geschwür.26 Der Text spricht also in Wirklichkeit über das Entfernen eines Geschwürs zur Erleichterung eines intrakraniellen Drucks. Bei dem Pferd mag es sich, wie Jutta Rall bemerkt, um Koliken gehandelt haben, die durch direkten Einstich in den geschwollenen Bauch gelindert werden konnten, wobei das Entfernen eines Fleischstückes o.ä. wohl hinzugedichtet wurde.27 Klar jedenfalls belegen derartige Einträge die Hochschätzung, die man muslimischen Ärzten entgegenbrachte. Es steht außer Zweifel, dass sich zahlreiche westasiatische Mediziner am yuanzeitlichen Kaiserhof aufhielten und eine Medizin praktizierten, die als „westasiatisch-muslimisch“ bezeichnet wurde.28

Transkulturelle Verflechtungen im mittelalterlichen Jahrtausend

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