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5.2.2 Die Methode des psychodiagnostischen Interviews

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Das psychodiagnostische Interview ist ein halbstrukturiertes Untersuchungsgespräch, in dem zwei Techniken miteinander verbunden werden, um Informationen sowohl auf der Inhaltsebene als auch auf der Beziehungsebene zu sammeln: die Technik der biografischen Anamnese und die Technik des szenischen Interviews.

• Bei der biografischen Anamnese147 steht die systematische Befunderhebung im Vordergrund. Dabei greift der Untersucher mit gezielten, zumeist offenen Fragen in den Gesprächsverlauf ein. Er steuert das Gespräch so, dass er die wesentlichen Informationen erhält, die erforderlich sind, um die Erkrankung von der biologischen und psychologischen Seite her beurteilen zu können. Im Zentrum steht dabei die Ätiologie der Störung, d. h. die Frage, ob eine Störung seelisch bedingt ist, welche Konflikte und strukturellen Faktoren in der Auslösesituation in Erscheinung treten und ob als Disposition dafür eine spezifisch neurotische oder defiziente Fehlentwicklung erkennbar wird.

• Im szenischen Interview148 lässt der Untersucher dem Patienten möglichst viel Raum, um seine Situation darzustellen und der Inszenierung unbewusster Beziehungserfahrungen Platz zu geben. Er greift so wenig wie möglich mit strukturierenden Fragen in den Gesprächsverlauf ein und lässt es zu, dass die Situation sich spontan entwickelt. Im Zentrum steht hier die Psychodynamik, d. h. die Frage, welche unbewussten Erfahrungen im Patienten wirksam sind und in der aktuellen Gesprächssituation zum Tragen kommen.

In der Praxis beginnt die psychodiagnostische Untersuchung im Allgemeinen als szenisches Interview. Wenn sich eine relevant erscheinende Inszenierung eingestellt hat, rückt die gezieltere Klärung biografischer Zusammenhänge mehr und mehr in den Vordergrund. Oft werden ein oder zwei szenische Interviews durchgeführt, bevor in einem weiteren Gespräch eine biografische Anamnese erhoben wird. Bei der Auswertung werden die Daten und Befunde zusammengefügt. Daraus werden die Diagnose, die Indikation für das weitere Vorgehen und eine Behandlungsprognose abgeleitet. Mit zunehmender Erfahrung kann man das diagnostische Interview immer freier gestalten und sich vom Patienten zu seinen Themen hinführen lassen, ohne den Faden zu verlieren.

Das Ergebnis kann man im Protokollschema für die Untersuchung ( Übersicht) niederlegen. Es ist nicht als Leitfaden für die Gesprächsführung konzipiert, sondern als Orientierungsrahmen, der die wesentlichen Aspekte berücksichtigt, und als Gliederungsvorschlag für das Protokoll.

Psychotherapie und Psychosomatik

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