Читать книгу Am Ende bleibt das Lachen - Teil II - Michael Fuss - Страница 24
Das Spiel nennt sich Evolution.
ОглавлениеUnd alles strebt zum Licht.
Wandlung innen wie außen.
Außen wie innen.
Die Dinosaurier waren nicht wandlungsfähig genug. Auch der Mensch hat damit gewisse Schwierigkeiten. Und so wird eine Filmrolle nach der anderen eingelegt. Manchmal laufen drei Filme gleichzeitig. Und Mario sitzt auf dem kleinweiß-blau karierten Bettzeug in seiner Zelle.- Seine Welt ist im Moment der Schimmelfleck an der grauen Wand - und die ist so ausgedehnt wie keine andere.
Schönes wie hässliches
Dicht beieinander
Im Hier und Jetzt
Drinnen ist draußen
Draußen ist drinnen
Und letzten Endes versäumt er nichts.
Der Mensch soll sein wie ein Stern
Und seine Bahn ziehen!
Bahnen aber gibt es viele. Was wenn deine Bahn in den Abgrund führt? Was ist dann mit dem Stern? Doch Selbstmord ist nicht wirklich eine Alternative. Ja, Mario lebt noch. Hundert Tage Gefangenschaft. Ja, es gab Tage darunter, da war der Tod verlockender als das Leben im Knast. Aber er hat diese Tage überwunden, er hat sich überwunden. Das Leben war für Mario schon immer ein Kampf gegen die Sehnsüchte und Bedürfnisse des eigenen Ichs. Doch interessanter Weise, das Sein, dass Selbst gewann dabei. Es gibt ihm eine Art Befriedigung zu erkennen, dass die äußeren Umstände dem Sein nichts anhaben können. Sie können ihm alles nehmen. Sein Zuhause, seine Freiheit, sein Geld, sein Kontakte. Doch solange Mario es nicht zulässt, können sie ihm seine seelische und geistige Freiheit nicht nehmen. Und wenn er hier rauskommt, wenn er seine körperliche Freiheit wiedererlangt, wird er doppelt frei sein.
Er hat sich überwunden, er hatte sein Selbst erkannt. Und er wird sich umschauen, die Hände zum Gruß erhoben und Om summend zu seinem geliebten Meer zurückkehren. Doch er wird nie all die Verletzungen und Ungerechtigkeiten vergessen, die der Mensch dem Menschen und seiner Welt antut. Und Mario wird einen Weg finden, wie er dazu beitragen kann die Ungerechtigkeiten in der Welt zu verringern. Es wird nicht der Weg der Politik oder der Aggression sein. Es wird eher ein Weg der Liebe, des Mitgefühls und der Heilung sein. Er möchte ein ruhender Pol im Chaos des menschlichen Lebens sein. Ja, die Welt muss nicht so bleiben wie sie ist, denn wir Menschen sind fähig uns zu ändern. Wir haben Bewusstsein und damit die Fähigkeit zu entscheiden:
zwischen Liebe und Hass -
zwischen Gier und Mitgefühl -
zwischen Krieg und Frieden –
Ja, - alles hat seinen Sinn. Der Stern wird wieder emportauchen. In welcher Form auch immer. Wie der Phönix aus der Asche. Wir sollten uns Menschen nicht so wichtig nehmen. Wir sind nicht der Mittelpunkt des Universums! Maximal ist der Mensch eine Vorstufe zur Erkenntnis, aber lange nicht die Erkenntnis selbst. Wir sind wie die Kinder und spielen mit dem Feuer. Wir balgen uns erst ganz harmlos, übermütig. Doch meist wird aus Spaß Ernst und jetzt ist er fünf Jahre alt. Und plötzlich haben wir blutige Köpfe. Erschwerend kommt die Dummheit hinzu, die aus allen Ecken schaut. Der Mensch ist korrupt. Dummheit und Korruptheit bedingen sich gegenseitig. Ohne das eine ist das andere nicht möglich. Interessanterweise aber auch keine Erkenntnis.
Wie aber kann man Weisheit und Erkenntnis in einer Welt der Ignoranz aufrechterhalten? Wohl nur durch viel Energie und Bewusstheit. Auch das unterscheidet die Dummheit von der Erkenntnis. Dummheit gibt es und hat es schon immer gegeben. Weisheit müssen wir uns „erarbeiten“ und Energie investieren. Das ist der Punkt. All die göttlichen Erkenntnisse und Einsichten, die Mario schon hatte? Kann es sein, dass sie gegen die „Alltäglichkeit“ nicht ankommen? Ist das der Trick den die Dummheit benutzt, damit sie allgegenwärtig sein kann?
Mario denkt bei sich:
Ich werde geatmet. Und wenn ich mich gegen das Leben stelle, verkrampfe ich mich und es kommt zum Asthmaanfall. Angst sollte dem Vertrauen weichen. Hier werde ich nicht sterben, hier werde ich nicht zugrunde gehen – wenn es nicht sein soll. Und wenn doch, dann soll das so sein, auf meinem Weg zur Erkenntnis. In diesem Sinne Mario, lass dich nicht anstecken von dem Getue und der Aggression deiner Mitgefangenen. Wenn du´s mit diesen einfachen Geistern zu tun hast, weißt du wie du damit umgehen kannst. Geduldig, Mitfühlend und wenn es nicht anders geht – schweigsam.
Ein weiterer seiner Sargnägel ist die Maria, seine Freundin. Sie fährt mit Peter nach La Gomera. Lässt sich’s gut gehen. Und Mario knappert an seiner Eifersucht. Maria ist ein junges Mädel. Sie beide hatten viel Spaß gehabt. Immerhin hat er ihr die etwas größere Welt gezeigt, jenseits ihres Oberbayrischen Idylls. Doch jetzt scheint sie gerade ganz schön auf LSD abzufahren. Zum Glück muss er sich nicht vorwerfen, dass er sie drauf gebracht hat. Das haben andere getan. Sie wirkt recht flippig, fahrig, vergesslich und pickelig. Zumindest kam´s ihm bei ihrem letzten Besuch so vor.
Vorwürfe machte sie Ihm. Er solle doch die Besuchsscheine zeitiger abschicken. Als wenn das an ihm hängen würde! Wenn Mario weiß, wer kommen will, schreibt er den Antrag. Am anderen Tag wird der dann mit der Post geschickt. Doch da liegen zurzeit etliche Feiertage im Weg.
Ach ja, Mario hängt sehr an ihr, ist sie doch nicht nur seine Geliebte – oder sollte er jetzt sagen EX-Geliebte. Nein, sie ist auch einer der letzten Bezugspunkte nach draußen. Doch er sollte nicht so sehr an ihr hängen. Irgendwie hat sie nicht das Zeug dazu, ihm hier drin zu helfen. Und sie wird gewiss nicht lange auf Mario warten.
Maria hilft ihm indirekt, indem sie ihm Tiefschläge verabreicht. So kommt er schneller zur Erkenntnis, nur noch für sich zu denken. `Ich bin mein eigenes Schicksal´, denkt Mario. `Deine Kraft kann nur aus dir selbst heraus entstehen. Und sie kommt bestimmt nicht, wenn du dich von einem jungen, launenhaften Mädchen abhängig machst. Wir sind immer alleine. Und gerade hier muss ich mich auf mich selbst konzentrieren. Ich darf nicht hoffen, dass die Hilfe von draußen kommt. Sonst sind die Enttäuschungen zu groß, wenn der Besuch wieder nicht zur erwartenden Stunde auftaucht. Oder das lang ersehnte Radio erst nach einer Woche.