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Kapitel 10

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„Die Männer sind unzufrieden.“ Martus trat in den Schatten der Bäume, unter dem Eldrus-Derk sein Lager aufgeschlagen hatte. „Sie sind Krieger und das lange Warten gefällt ihnen nicht.“

Eldrus-Derk, der Anführer des Spähtrupps der Berengar, lehnte mit dem Rücken an einem Baum und kratzte sich behaglich an der rauen Rinde. „Gerade weil sie Krieger sind, sollten sie das Warten gewöhnt sein.“

Martus nickte und ging neben seinem Anführer in die Hocke. „Es ist das verdammt Grünzeug um sie herum, das macht sie nervös. Dieser Gestank nach vermoderndem Holz und Blumen… Ist ja kaum auszuhalten.“

„Dich scheint er weniger zu stören.“

Martus grinste. „Es hat auch seinen Vorteil, Truppführer. Hier gibt es eine Menge Wild. Gutes Fleisch. Mit einem vollen Bauch lässt sich der Gestank ertragen.“

Eldrus-Derk war in den fruchtbaren Gebieten der Berengar aufgewachsen. Dort gab es reichlich Dorngras und ganze Wälder von Fleischkakteen. Dort wuchsen auch Bäume, die denen in diesem fremden Land sehr ähnelten. Üppiger Pflanzenreichtum war ihm somit nicht unbekannt. Doch im Clanland waren die Luft trockener und der Geruch der Pflanzen bei weitem nicht so intensiv. Hier, im Menschenland, hing Feuchtigkeit in der Luft und schien das Atmen schwer zu machen. Zudem sonderten Blumen, Kräuter und selbst die Bäume so intensive Düfte aus, dass es für die Berengar fast unerträglich war. Im Clanland konnte der Wind den Geruch eines Feindes mit sich führen und ihn so verraten, hier würde der Gestank der Pflanzen ihn sicherlich überdecken. Nein, das Feuchtland der Menschen gefiel den Kriegern nicht, aber es lockte die reiche Beute, die es versprach.

Eldrus-Derk führte einen ungewöhnlich starken Spähtrupp. Eigentlich war es schon eine kleine Streitmacht, denn er hatte zweihundert Krieger der Blauhand unter seinem Befehl. Gut ausgebildete und erfahrene Kämpfer, die sich schon im Kampf bewährt hatten. Drei Nächte hatte es gedauert, die Gruppe über einen verborgenen Pfad zu führen, denn niemand sollte ihre Anwesenheit bemerken. Nun lagerten sie seit zwei Tagen in diesem Wald, der zwischen dem Land der Enoderi und dem Reich Menteva lag. Den Männern gefiel der Auftrag nicht besonders. Der Trupp sollte sich verborgen halten, die Grenze zwischen den beiden Völkern ausspähen und feststellen, wie intensiv die Beziehungen zwischen ihnen waren. Gab es Handel zwischen ihren Völkern? Wurde das Niemandsland zwischen ihnen von den Reitern Mentevas bestreift? Ein kleiner Spähtrupp hätte dies sicherlich ebenso gut in Erfahrung bringen können und so murrten die Krieger, die auf einen Beutezug gehofft hatten.

„Wir wissen vieles über das Reich Menteva“, hatte Han-Keltor seinem Stellvertreter eingeschärft, „aber so gut wie nichts über diese Baumleute. Sie scheinen harmlos zu sein, aber das ist auch ein mentevischer Kämpfer, bis er sein Schwert zieht. Ich will wissen, wie stark die Waldleute sind und ob sie kämpfen können. Ich will wissen, wie eng sie den Mentevern verbunden sind. Werden sie dem Reich Menteva zu Hilfe kommen, wenn wir es angreifen? Das musst du für mich herausfinden, Eldrus, denn davon hängt ab, ob wir alle Kräfte auf Menteva bündeln können oder gleich zwei Völker bezwingen müssen.“

Das hatte sich zunächst recht interessant angehört und Eldrus-Derk war mit seinen zweihundert Kriegern der Blauhand und einem kleinen Rudel Schattenwölfe aufgebrochen, um den Befehl Han-Keltors zu erfüllen. Lutrus hatte ein paar Männer zur Beobachtung des Handelspostens entsandt, der sich weiter im Norden befand, und war mit der Hauptmacht in die Hügel oberhalb Ayans marschiert. Für die Berengar, die ganz andere Felsmassive gewohnt waren, bedeuteten die Berge zwischen den Ländern der Mentever und der Enoderi kaum mehr als Geländeerhebungen. Sie waren kein fast unüberwindliches Hindernis wie jener Gebirgszug, der sie nun von ihrem eigenen Clanland trennte und der nur auf einer Handvoll Pfade passierbar war.

Eldrus-Derk hatte einen der bewaldeten Hügel als Lager gewählt. Er bot guten Ausblick und zugleich Sichtschutz vor neugierigen Blicken und er lag in der Nähe des halb überwucherten Pfades, der vom Waldland der Enoderi zum Handelsposten der Mentever führte.

„Ich glaube nicht, dass die Baumleute und die Mentever eng befreundet sind“, murmelte Martus. Er deutete mit dem Daumen in die Richtung, aus der er soeben gekommen war. „Ich habe mir den Weg nochmals gründlich angesehen. Nur wenige und alte Spuren. Da ist nicht viel los. Es scheint kaum Handel zu geben.“

„Das bedeutet nicht, dass sie nicht verbündet sein können.“

Eldrus-Derk kratzte sich nochmals und beugte sich dann vor. Neben ihm brannte ein kleines Feuer. Es gab mehrere dieser kleinen Feuerstellen. Eine sorgfältig ausgehobene Mulde, mit Steinen ausgekleidet und mit trockenen Ästen befeuert. Der Erdaushub lag bereit, die Flammen sofort zu ersticken. Die Männer kannten sich aus und vermieden das Aufsteigen von verräterischem Rauch. An etlichen Stellen stieg der lockende Duft von Braten auf. Eldrus hatte eine Reihe von Trupps ausgeschickt, welche die Gegend erkundeten und dabei nach Wild Ausschau hielten. Ein paar Hasen und einige Rehe waren ihnen zum Opfer gefallen und brutzelten nun an hölzernen Stöcken, die neben den niedrigen Flammen in den Boden gesteckt waren. Eldrus drehte die Spieße, damit sein Fleisch gleichmäßig geröstet wurde. Er zupfte ein Stück ab, schob es in den Mund und brummte anerkennend.

Martus nickte dankbar, als der Truppführer ihm einen Spieß hinüber reichte. „Wir hätten längst zuschlagen sollen. Je länger wir warten, desto größer ist die Gefahr, dass die Mentever unsere Vorbereitungen bemerken. Diese Menschenkrieger sind nicht ungefährlich. Immerhin haben sie es vor Jahren geschafft, eine Truppe über die Grenze zu bringen, die Oberste Thaanit abzupassen und sie zu erschlagen.“

Eldrus zuckte die Achseln. Martus gehörte nicht zu jenen Berengar der Blauhand, die über die Hintergründe des Todes der Oberherrin informiert waren. „Wir werden ihren Tod rächen. Die Krieger der Clans sind bereit, aber nicht ihre Kriegsherren. Du weißt, die Wahl zur neuen Thaanit hat noch immer nicht stattgefunden. Nur die Oberherrin kann den Befehl zum Krieg geben.“

Martus zog einen ordentlichen Bissen von der Keule. „Die Wahl hat noch nicht stattgefunden?“ Er spuckte demonstrativ aus. „Das ist eine verdammte Untertreibung. Seit neun Jahren wird die Wahl immer wieder hinausgezögert. Wir müssten längst eine neue Thaanit haben, aber immer wieder gibt es irgendwelche Gründe, welche die Abstimmung der Thaan verzögern. Entweder ist eines der Ratsmitglieder erkrankt, die Seherin ist nicht zu finden oder die Zeichen stehen schlecht. Das hat es noch nie gegeben. Eine verdammte Schande ist das, Eldrus.“

Der Truppführer verstand den Unmut. „Die alte Thaanit hat die Clans erst geeint. Jetzt ist sie tot und zum ersten Mal muss eine neue Thaanit gewählt werden. Das braucht nun einmal seine Zeit, denn es muss die richtige Frau gewählt werden. Du weißt doch, wie die Weiber sind. Bei denen braucht alles seine Zeit.“

„Meinst du, der Thaan wird Tirana-Valkar zur Thaanit wählen?“

„Ihre Chancen stehen nicht schlecht. Der Clan der Blauhand hat in letzter Zeit einige Erfolge gegen die Mentever vorzuweisen. Das stärkt ihre Position im Rat.“

Martus warf den abgenagten Knochen zur Seite und errötete, als er den mahnenden Blick des Truppführers sah. „Ich werde ihn gleich vergraben. Keine Sorge, Eldrus-Derk, wenn wir den Lagerplatz verlassen, wird nichts auf unsere Anwesenheit hindeuten.“ Er schielte begehrlich auf einen anderen Spieß und Eldrus machte eine einladende Handbewegung. Zufrieden schmatzend hieb Martus seine Zähne in das neue Stück Fleisch. „Wird Tirana-Valkar die neue Thaanit, dann wird Han-Keltor der oberste Kriegsherr. Wir sind seit Wochen bereit, belauern die Stellungen der Mentever. Verdammt, wir belauern sogar die stinkenden Bäume der Baumleute. Es wird Zeit, dass es losgeht. Hier verschwenden wir nur unsere Zeit, Truppführer, das sage ich dir als erfahrener Krieger.“

„Als erfahrener Krieger solltest du wissen, dass das Ausspähen des Feindes niemals verschwendete Zeit ist“, erwiderte Eldrus lächelnd.

„Wir sollten den Handelposten näher im Auge behalten.“ Martus hörte ein Schnüffeln hinter sich und wandte den Kopf. Einer der Schattenwölfe strich zögernd heran. Er scheute vor dem Licht der Sonne zurück. Aber die Gier war stark und das grausame Wesen wurde vom verlockenden Duft des rohen Fleisches angelockt, das noch nicht gebraten war. „Wenn sich etwas ergibt, dann dort. Da sind die Händler und auch Männer unter Waffen. Und wenn die Enoderi oder die Mentever einander aufsuchen wollen, dann müssen sie über den Handelsposten gehen.“

Eldrus-Derk nahm einen Brocken Fleisch und warf ihn dem sechsbeinigen Raubtier zu, das gierig danach schnappte. Der Schattenwolf bewegte sich nur langsam. Obwohl es zwischen den Bäumen schattig war, reagierten die Augen der Bestien empfindlich. Sie liebten die Nacht, in der sie sich bevorzugt bewegten. Dann waren sie unübertroffene Jäger. Am Tag hingegen versuchten sie, sich zu verbergen und im tiefsten Schatten aufzuhalten.

„Vielleicht hast du Recht.“ Eldrus-Derk erhob sich und reckte seinen Körper. „Am Handelsposten ist es sicherlich interessanter, als hier zu sitzen und den Baumleuten zuzusehen. Gut, Kormak soll hier den Befehl übernehmen. Dann werden wir beide uns die Beine vertreten und nach unseren Spähern am Posten sehen.“

Martus nickte erfreut. Dort würde sicher mehr los sein, als bei diesen langweiligen Baumleuten.

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