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Das »Warum« der Gemeinde
ОглавлениеJesus hat am Ende seiner Wanderung auf diesem Planeten noch einmal grundsätzlich geklärt, wozu es Gemeinde geben wird. Was hatte er im Sinn, als er so etwas wie »Gemeinde« ins Leben rief? In Matthäus 28, 16-20 kann man das nachlesen:
Die elf Jünger gingen nach Galiläa. Sie stiegen auf den Berg, wohin Jesus sie bestellt hatte. Als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Aber einige hatten auch Zweifel. Jesus kam zu ihnen und sagte: »Gott hat mir alle Macht gegeben, im Himmel und auf der Erde! Geht nun hin zu allen Völkern und macht die Menschen zu frommen Christen und Kirchenmitgliedern: Tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Und lehrt sie, alles zu tun, was ich euch geboten habe. Und seht doch: Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt!«
Okay, das war nicht ganz richtig. Jesus hat nicht gesagt: Macht alle Menschen zu frommen Christen. Er hat sicher auch nicht gesagt: Macht alle Menschen zu Kirchenmitgliedern. Er hat gesagt: »Macht die Menschen zu meinen Jüngern und Jüngerinnen«, das heißt, zu lebendigen, mündigen Nachfolgern und Nachfolgerinnen von Jesus.
Mitglied in einer Kirche oder Gemeinde zu sein, ist gut, aber es bedeutet noch lange nicht, in einer lebendigen, das ganze Leben prägenden Beziehung zu Jesus zu stehen. Dass Menschen einfach nur Mitglieder sind, die ab und an den Service in Anspruch nehmen, aber in ihrem Alltag nichts von der Gegenwart Gottes erleben, das war nicht die Absicht von Jesus. Doch was spricht gegen die Formulierung fromme Christen? Fromme Christen haben nicht immer den besten Ruf. Für Außenstehende sind Christen oft so etwas wie moralinsaure, homophobe, bildungsfeindliche, vorurteilsbeladene Frömmler, die nicht an Dinosaurier glauben, aber gewiss sind, dass sie die Einzigen sind, die in den Himmel kommen, und denen außerdem heimlich der Gedanke gefällt, dass alle anderen in der Hölle landen.9 Da bekommt man kaum Lust, dazuzugehören!
Jesus redet nicht von Kirchenmitgliedern, er redet nicht von Frömmlern. Übrigens kommt das Wort »Christ« im Neuen Testament nur dreimal vor, das Wort »Jünger« dagegen 269-mal. Auf Griechisch steht dort »mathetäs«, das heißt so viel wie »Schüler« oder »Lehrling« und schließt sowohl Männer als auch Frauen ein. Im Folgenden verwende ich das Wort »Jünger« auf diese Weise, gemeint sind Männer und Frauen. Das Neue Testament ist ein Buch von Jüngern über das Leben von Jüngern, geschrieben für Jünger und solche, die es werden sollen. Und der Auftrag an die Zwölf lautet: Macht zu Jüngern. Helft Menschen, Jünger zu werden. Geht auf Menschen zu und erzählt ihnen vom Leben als Jünger. Tut alles, damit Menschen Lust darauf bekommen, Jünger zu werden. Gewinnt möglichst viele für ein Leben als Jünger. Am Anfang des Evangeliums sagt Jesus zu einem kleinen Kreis von Menschen: Werdet meine Jünger. Folgt mir nach. Am Ende des Evangeliums sagt Jesus zu diesem kleinen Kreis von Menschen: Zieht die Kreise immer weiter. Alle sollen werden können, was ihr seid: Jünger. Mündig und lebendig.
Der amerikanische Autor Simon Sinek hat das einmal in einem TED-TALK entfaltet.10 Er zeigt, dass wirklich lebendige und erfolgreiche Unternehmungen auf Erden ein »Warum« haben, und weil sie dieses Warum haben, haben sie ein »Was« und ein »Wie«. Nicht andersherum! Apple ist nicht erfolgreich, weil Steve Jobs gesagt hat: Wir machen Computer und andere Geräte und wir machen das so und so, sondern weil Steve Jobs eine Vision hatte: davon, dass Menschen auf der ganzen Erde miteinander verbunden werden, dass alle überall Zugang haben zu Informationen, zu Bildung, auch zu Unterhaltung, und dass dies alles möglichst einfach und intuitiv zu nutzen sein sollte. Er hatte ein »Warum« und darum hatte er ein »Was« und auch ein »Wie«.
Wenn wir nur ein »Was« haben, dann sagen wir: »Wir machen zum Beispiel solche Veranstaltungen und wir spielen freitags Fußball, samstags treffen wir uns mit Kindern und Jugendlichen und sonntags organisieren wir mit einigem Aufwand Feiern mit Musik und einer laaangen Rede.« Wenn wir nur das sagen (oder denken), wird uns irgendwann die Luft wegbleiben und die Freude und die Leidenschaft werden immer mehr schrumpfen. Warum sollten wir das alles auch tun ohne ein »Warum«?
Unser »Warum« heißt: Wir wollen selbst lebendige und mündige Nachfolger von Jesus sein, Jüngerinnen und Jünger, und wir wollen andere gewinnen, dass sie auch Jüngerinnen und Jünger werden. Warum? Weil dies das Beste ist, was Menschen auf Erden angeboten wird. Weil es stimmt, was Dallas Willard über diese besondere Verbindung zu Jesus sagt: »There is no problem in human life that apprenticeship to Jesus cannot solve.«11 Es gibt kein Problem im menschlichen Leben, das in der Schule von Jesus nicht gelöst werden könnte. Furcht, Gier, Rassismus, Hunger, Gewalt, Einsamkeit, Schuld, Tod, Leiden, Zurechtweisung, persönliche Enttäuschungen, gemeinsame Niederlagen, Scheidung, Bitterkeit, Sucht, Hass – das alles kann in der Schule von Jesus gelöst werden. Das schließt ein: Vergebung meiner Schuld, Versöhnung nach langem Streit, Befreiung von Abhängigkeiten, Mut zu neuen Schritten, Geduld im Leiden, Kraft, Unveränderliches zu tragen, Hoffnung über den Tod hinaus. Darum gibt es nichts Besseres, was Menschen geschehen kann, als dass sie Jüngerinnen und Jünger von Jesus werden.