Читать книгу Die Eucharistie als Opfer der Kirche - Michael Hesse - Страница 19
2.1 Das platonische Bilddenken
ОглавлениеSo tritt neben das biblische Vergegenwärtigungsverständnis nun das platonische Bilddenken. Die eucharistischen Gaben Brot und Wein werden in der Traditio apostolica 21 als Abbilder (‘αντίτυπος bzw. similitudo) des Leibes und Blutes Christi verstanden. Katabatisch ist das „Gedächtnis“ danksagendes Empfangen der von Gott geschenkten und in den eucharistischen Symbolen vergegenwärtigten Heilstat. Anabatisch entspricht dies der antwortenden Hingabe, dem Selbstopfer der Kirche. Beide Bewegungsrichtungen konstituieren in der frühen Theologenzeit gemeinsam das Opfer der Kirche. Johannes Chrysostomus († 407) betont später die Identität des Opfers der Kirche mit dem Kreuzesopfer Christi in Bezug auf Opfergabe und Opferhandlung. Die Eucharistieauffassung der (syrischen) Patristik lässt sich demnach mit Anamnese (άνάμμσνησις) beschreiben, im Sinne kommemorativer Aktualpräsenz der liturgischen Vergegenwärtigung des ganzen Heilswerkes Jesu Christi durch die Kirche.41 Das ursprüngliche Verständnis der in der Kirche immer wieder vollzogenen einen Stiftung Christi, geht mit Selbstverständlichkeit von der Gleichzeitigkeit des einzigen Opfers Christi und des jetzt opfernden Handelns der Kirche bei der Eucharistiefeier aus. Dieses Verständnis existiert bis zum Zeitalter der Reformation weiter.42 Die lateinischen Kirchenväter sprechen von „memoria“ als kultischer Vergegenwärtigung des einen und einzigen Opfers Jesu Christi. Die Begriffe „figura“, „similitudo“ und „sacramentum“ bringen das nunmehr wirksame platonische Bilddenken eindeutig zum Ausdruck.43