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6.2 Gnade und Freiheit
ОглавлениеCasels Freiheitsbegriff zielt auf die Gottesebenbildlichkeit, die den Menschen befähigt, sich ohne Begrenzung und Enge zu betätigen, allerdings in Bindung an Gott.460 Der Begriff „Freiheit“ ist nicht in neuzeitlicher Verstehensweise gebraucht. Es geht nicht um schöpferische Selbstentfaltung oder – verwirklichung. Wenn Casel von Freiheit spricht, meint er die höchstmögliche Verwirklichung von Freiheit, wo der Mensch sich selbst mit der Urheilskraft Gottes identifiziert und seine Identität findet, um so Heil zu erlangen. D.h., dass Freiheit das Einfügen des Menschen in das sakramentale Symbol meint, das wiederum die Totalidentifikation mit Christus repräsentiert. Die Mysterien sollen eine Umwandlung des Lebens bewirken, ein Leben mit Christus und in Christus. Dabei besteht die Gefahr, so sagt wiederum Schilson, die Alleinwirksamkeit Gottes im Heilshandeln und im ganzen Leben des Menschen absolut zu setzen. Doch die Situation entschärft sich dadurch, dass es einige Stellen in den Schriften Casels gibt, die um eine Ausgewogenheit von Gnade und Freiheit des Menschen bemüht sind. Es bleibt also die deutliche Hervorhebung der menschlichen Handlung. Die Gnade hat Priorität, soll die Freiheit aber nicht antasten, sondern als Geschenk Gottes, das Mitleben mit Christus wecken.461
Casel fühlt sich dabei vom NT getragen. Die dortige Agape-Mystik, die Gott als Ursache der Agape betrachtet, die der Mensch nur empfangend erreichen und sich dazu nur antwortend verhalten kann, fasziniert ihn.462 Seine Definition dieses christozentrischen Identifikationsprozesses ist ohne ein sakramentales Gedächtnis mit realsymbolischer Kraft jedoch nicht vorstellbar. Der Mensch soll zu einem Bild Christi gestaltet werden, eben im Vollzug der Sakramente. Nur eine Nachfolgebestimmung wäre nicht weitreichend genug. Casel ist dies zu äußerlich und vorösterlich. Hier setzt sein Begriff der Mysteriennachfolge an.463