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25. Februar
ОглавлениеEine wirkliche Preziose des Qualitätsjournalismus muss ich hier noch preisen, bevor sie in den unendlichen Weiten der Erinnerungskultur verschwindet. Der Washington-Korrespondent des Süddeutschen Beobachters kommentierte die Anklageschrift des US-Sonderermittlers Robert Mueller gegen 13 Russen, denen vorgeworfen wird, sie hätten versucht, die amerikanische Präsidentschaftswahl zu manipulieren, zunächst einmal mit der korrekten Feststellung:
»Trump hat im November 2016 aus vielerlei Gründen gewonnen, und welchen Anteil russische Facebook-Trolle daran hatten, lässt sich kaum feststellen.«
Das ist immer so, bei jeder Wahl: Der Anteil der Trolle ist schwer feststellbar. Nie werden wir herausbekommen, wie stark die Atlantik-Brücke deutsche Wähler beeinflusst. Aber da wir im Falle Trump gelernt haben, dass dessen Wählerschaft praktisch debil ist, jedenfalls weder Argumente noch Gründe für ihr Votum besaß, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Trolle diese Leute gesteuert haben, ins Höchstwahrscheinliche, denn:
»Die hetzerische Internet-Kampagne der Russen zugunsten von Trump erreichte Facebook zufolge bis zu 150 Millionen Amerikaner.«
Während die friedliebende, grundgütige und allzeit vertrauenswürdige Hillary Clinton zwar unter anderem Geld von den Saudis bekam (sofern hinter dieser Meldung nicht die Russen stecken), aber damit unmöglich 150 Millionen Amerikaner erreichen konnte.
»Das Ziel war zunächst vage« – also das der Russen, nicht das der Saudis –, nämlich »den Hass in der amerikanischen Gesellschaft zu schüren, die Risse zu verbreitern, Misstrauen und Chaos zu säen. Amerika sollte gespalten und schwach sein. Später, als die Kandidaten feststanden, wurde das Ziel konkreter. Die Russen sollten jenem Bewerber helfen, der Hass, Spaltung und Chaos zu seinem Programm gemacht hatte: Donald Trump.«
Wer sich gegen die Hillary-Barack-Brave New World stellt und den White trash wieder mit Jobs versorgen will, sät Hass, ist ein Spalter und Chaosdrache, was denn sonst?
»Das gesellschaftliche Klima im Land war schon vor Trump vergiftet, das soziale Geflecht, an dem die Russen zerrten, war schon vorher brüchig.«
Circa dreizehn Russen zerren am sozialen Geflecht der USA; gottlob, aus russischer Sicht, war es schon vorher brüchig, aber man weiß ja seit Alexander Karelin, wie sogar einzelne Russen zerren und aushebeln können. Aber nie, ich gelobe: nie haben sich amerikanische Trolle oder CIA-Agenten oder wohlmeinende NGOs in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingemischt, am wenigsten vor der russischen Haustür, in Malorossia bzw. der Ukraine, nie und nimmer.
»Die Propaganda der russischen Trolle, die den Amerikanern erzählten, dass sie ihre Landsleute verachten sollen, weil sie eine andere Hautfarbe haben, an einen anderen Gott glauben oder das gleiche Geschlecht lieben, wurde von vielen Bürgern begierig aufgesogen.«
Wenn ein russischer Troll sagt, verachte deine Landsleute, dann kann der durchschnittliche Trump-Wähler einfach nicht Nein sagen. Inwieweit bei Trumps Wahlkampf Menschen, die das gleiche Geschlecht lieben, attackiert wurden, vermag ich nur in einem Fall zu belegen, nämlich anhand der Ausschreitungen an der Universität Berkeley, wo linke Randalierer einen Auftritt des schwulen Trump-Unterstützers Milo Yiannopoulos verhinderten. Wie die pejorative Anspielung auf Leute, die all diejenigen verachten (und solche auch regelmäßig in die verdiente Hölle befördern), welche an einen anderen Gott glauben, in den seit 1933 islamfreundlichen Beobachter kommen konnte, wird die Schriftleitung hoffentlich prüfen und ahnden.
»Doch die Russen hoben die Wut und die Paranoia immer wieder auf ein höheres Niveau. Sie pumpten Sauerstoff in jedes Glutnest der Angst und der Zwietracht, das irgendwo im Land glimmte, bis es hell aufloderte.«
Und säten als leicht entzündliche Keimzelle der flammenden Drehscheibe im Netzwerk der Zwietracht den lodernden Flächenbrand, der als Feuerwalze des Hasses die Angst bis ins Weiße Haus trug. – Majestätisch lodert der Verdacht auf, dass lustige russische Hacker diesen Seim platziert haben.