Читать книгу »Ich kann's nicht lassen« - Michael Niavarani - Страница 27
Straßenbahn
ОглавлениеIch bin sehr glücklich, dass in Wien so viele Straßenbahnen nicht dem Autobusverkehr gewichen sind und mannhaft und mit großem Tempo durch den wildesten Verkehr von tüchtigen Fahrern und Fahrerinnen gesteuert werden. Ich vermeide auch hier das Binnen-I, das ich für frauenfeindlich halte. Wie kommen die tüchtigen, lebendigen und gescheiten Frauen dazu, auf einen dicken Buchstaben reduziert und nicht eigens angesprochen zu werden. Denn wer kann ein Wort mit Binnen-I vorlesen? Der muss ja eine dumme Bewegung dazu machen. Man kann sich doch Zeit nehmen, »Fahrer und Fahrerinnen« zu sagen, vielleicht auch sogar »Fahrerinnen und Fahrer«, je nachdem, aber die Nennung des weiblichen Berufes oder Geschlechtes hat sich die Frau verdient, und ein Alibibuchstabe ist kein Ersatz dafür.
Um wieder auf die Straßenbahn zurückzukommen, ich sitze gerne bequem unter Leuten und lenke nicht gerne ein Fahrzeug durch einen Verkehr, der nicht mehr für diese Fahrzeuge geschaffen ist. Die Straßenbahnen haben ihren Weg gefunden, ihre Schwelle erkämpft, ihre Rampe erstritten, und ich freue mich immer wieder, wenn ich so hoch über den armen Autofahrern sitze und an ihnen vorbeizische mit diesem wunderbaren Gefährt, das inzwischen modernisiert und erstaunlich schnell und erstaunlich unfallfrei durch unsere Stadt fährt.
Ich habe, Gott sei Dank, eine Wohnung, von wo aus ich diese geliebten Fahrzeuge mit meinen müden Beinen noch erlange und freue mich, dass es so viele freundliche Menschen gibt, die mir einen Platz anbieten. Das ist nicht selbstverständlich, die ersten Jahre war es erschreckend und jetzt noch beschämend, wenn grauhaarige Personen mir einen Platz anbieten, den ich seit meinem 85. Geburtstag nicht mehr bereit bin, freundlich abzulehnen.
Ich muss mich bei den Autobussen entschuldigen, die heroisch durch die Innerstadt gelenkt werden von Fahrern und Fahrerinnen, die ich bewundere und die ich natürlich nicht missen kann, und ich verstehe, dass es durch die Innenstadt mit Geleisen gewisse Schwierigkeiten gibt.