Читать книгу »Ich kann's nicht lassen« - Michael Niavarani - Страница 31
Bewunderung
ОглавлениеIch war immer ein Bewunderer von Dingen, die ich nicht kann. Ich bin unfähig zu zeichnen und habe deshalb die großen grafischen Genies bis ins kleinste Detail bewundert, bis in den Strich, den sie führen, bis in die ungewollten Ausrutscher oder absichtlichen Ausrutscher, die umkreisenden Linien, die anscheinend überflüssig sind und trotzdem das erahnen lassen, was dargestellt werden soll, sogar ein bisschen mystifizieren. Ich habe an den großen Karikaturisten die treffende Linie so geschätzt, die unnachahmliche Genauigkeit bewundert, die zur Ironie oder zur Absurdität oder zum Punkt führt, der gewollt und gefragt ist.
Ich stand dem ganzen Kosmos des Könnens eines Zeichners hilflos bewundernd gegenüber, auch weil ich es gar nicht könnte. Das ist so, als wenn man einem Jongleur zuschaut und das Gefühl hat, die Bälle wissen, wohin sie sollen. Die Hände machen nur leicht hilflose Bewegungen, und trotzdem kommt alles zustande, was der Jongleur fangen will, und jeder Ball fliegt, als wüsste er, wo er hin soll.
Ich habe Tänzer bewundert, wenn das Tanzen eine eigene Sprache war, die ich nicht sprechen konnte, aber begriffen habe. Tanz allein hat mich nie interessiert, aber wenn Tanz sich fast erübrigt und wie ein Wunder oder eine selbstverständliche Blödelei wie beim genialen Fred Astaire entstand, dann war es für mich wie ein Wunderland, dessen Sprache ich bis in die letzte Regung verstand und die ich bewundernd nicht sprechen konnte.
Ich habe das Gefühl, wenn mein Freund Rudi Buchbinder Klavier spielt, dass er viel mehr Hände und Finger hat, als man brauchen würde, um so viele Töne so schnell und so gut und so gescheit aus dem Klavier herauszuholen.