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1.2.5.2 Komponenten-Verbund

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Aus theoretischen und mehr noch aus gestaltungsorientierten Überlegungen bildet die Kongruenz (Ausgewogenheit) die relevanteste Beziehung zwischen Komplexitätsbedarf und Komplexitätspotenzial ( Kap. 1.4.3). Die Relevanz dieser Ausgewogenheit belegt nicht zuletzt das Ashby-Gesetz der erforderlichen Varietät zwischen den Umsystemanforderungen und den Systempotenzialen.

Komplexitätsorientierte Manager müssen bei ihren Bemühungen um eine Komplexitätskongruenz berücksichtigen, ob und wie sich die beiden Komplexitätskomponenten gegenseitig beeinflussen, was direkt oder vermittelt über Mediatorvariablen geschehen kann. Ein Problembewusstsein für die Existenz solcher emergenter Verbundbeziehungen ergibt sich beispielsweise aus sogenannten Memory-Effekten bei technischen Geräten. Sie verdeutlichen, dass etwa der Ladeumfang (Potenzial) von Akkus sich beim aktuellen Ladevorgang an früheren Ladeumfängen (Bedarfen) orientiert. Die folgenden Beispiele zum Verbund zwischen den beiden Komponenten der Komplexität lassen sich in vier Gruppen sortieren:

• Komplexitätsbedarf verkleinert Komplexitätspotenzial: Hier sorgt beispielsweise in fragilen Systemen ein durch Stress, Hektik, Zeitdruck, ruinösen Wettbewerb, Wechselbäder und Vermeidung-Vermeidung-Konflikte steigender Komplexitätsbedarf für eine Degeneration des Komplexitätspotenzials infolge von Panik. Diese verhindert die die Anwendung von adäquaten Coping-Strategien und lässt bestenfalls Raum für einfache Heuristiken. Analog besagt das Gesetz von Parkinson, dass (sogar leichte) Aufgaben das zur Verfügung stehende Zeitpotenzial aller Mitarbeiter vollständig ausfüllen.

• Komplexitätsbedarf vergrößert Komplexitätspotenzial: Die häufige Wiederholung (Repetitivität) von Leistungserstellungsprozessen führt via Übungseffekte (Lernkurveneffekte) zu Potenzialverbesserungen. In ähnlicher Weise kann eine Arbeitsanreicherung (Job Enrichment) die Vielseitigkeit der Stelleninhaber verbessern. Ferner vergrößert eine heterogen-komplexe Team-Konfiguration das Kreativitäts- und Problemlösungspotenzial des Teams. In ähnlicher Weise verursacht ein ungleichmäßig verteilter Bedarf, etwa Belastungsspitzen bei der Stromversorgung im Tagesablauf, den Aufbau von Überkapazitäten. Ebenso erhöht eine Impfung durch den Aufbau von Antikörpern die Widerstandkraft eines Organismus. Auf einer ähnlichen Logik bauen die Modelle der Antifragilität auf, wo Stress, Hektik und Zeitdruck anders als bei fragilen Systemen zu einer Potenzialverbesserung führen. Bei produktiven Konflikten wird beispielsweise die Kreativität der Konfliktparteien (Mediatorvariable) gefördert, die zur Anwendung von integrativen Verhandlungsstrategien führt und eine Konflikteskalation vermeidet ( Kap. 2.3.1).

• Komplexitätspotenzial vergrößert Komplexitätsbedarf: Versicherungen und Sicherheitssysteme (z. B. Airbags) provozieren unachtsame Verhaltensweisen, die beispielsweise in eine Verschärfung von Unfallrisiken und Konflikten münden können, z. B. im Fall von Rechtschutzversicherungen. Analog verleitet der Besitz von Waffen zu aggressivem Verhalten, wodurch die Intensität von Konflikten erhöht wird. Ferner verursacht die extensive Behandlung mit Antibiotika eine Resistenz von Bakterien.

• Komplexitätspotenzial verkleinert Komplexitätsbedarf: Achtsamkeit, Rückzugsverhalten und Vorsicht verringern die Wahrscheinlichkeit, von bestimmten Risikotypen (antizipierten Komplexitätslasten) betroffen zu sein.

Ergänzend zu den skizzierten Varianten des Verbund zwischen den beiden Komplexitätskomponenten muss auch der Intrakomponenten-Nexus berücksichtigt werden, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen: Ein Intrapotenzial-Verbund kann bei neutralen Drittparteien auftreten: Deren Unbefangenheit und Unparteilichkeit (komplexitätsfokussierte Potenzialeigenschaften) werden umso mehr eingeschränkt, je besser sich diese Akteure vernetzen können. Ebenfalls im Konfliktmanagement liegt ein positiver Potenzialverbund zwischen den integrativen Konfliktmanagement-Strategien einerseits und der Verteilungsmasse (Pie) als Verteilungspotenzial einer Konfliktlösung vor, weil diese Strategien die Verteilungsmasse vergrößern können: Die übliche Annahme, dass die Verteilungsmasse über den Konfliktlösungsprozess hinweg unverändert bleibt, erweist sich also als Mythos (Lui / Liu/ Zhan 2016). Das gilt analog auch für Strategien der Coopetition, die das Marktvolumen vergrößern, welches irrtümlicherweise als konstant angesehen wird (Miklis 2004; Walley 2007; Langen 2010; Wilhelm 2011). Ein für die Ermittlung der Kongruenz von Komplexitätsbedarf und Komplexitätspotenzial relevanter Intrabedarfs-Verbund liegt etwa vor, wenn ein Beratungsunternehmen Aufträge von zwei Klienten erhält, die zueinander in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Hierdurch entsteht ein beratungsinterner Separierungsbedarf, weil sich nur so Interessenkonflikte beim Umgang mit sensiblen Geschäftsdaten der beiden Klienten vermeiden lassen.

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