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3. Normverwerfungskompetenz

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Gelangt der im konkreten Fall mit der Gesetzesanwendung befasste Verwaltungsbeamte im Rahmen der Normprüfung (Rn. 133) zu der Auffassung, dass die betreffende nationale[36] Vorschrift mit höherrangigerem

deutschen Recht nicht vereinbar sei, so stellt sich die Frage, welche Konsequenzen er hieraus zu ziehen hat. Namentlich ist insofern streitig, ob die Verwaltung die von ihr für rechtswidrig erachtete Norm bei der Entscheidung des Einzelfalls außer Acht zu lassen befugt ist (Normverwerfungskompetenz).[37] Nach teilweise vertretener Auffassung sei diese Frage zu bejahen, d.h. der Beamte dürfe das betreffende Gesetz nicht anwenden. Rechtswidrige Rechtsnormen seien nichtig und daher folglich nicht anzuwenden. Nach a.A. sei vom genauen Gegenteil auszugehen: Der gesetzesgebundene Beamte müsse ein Gesetz auch dann anwenden, wenn er es für verfassungswidrig erachtet. Die in Rechtsprechung[38] und Literatur[39] h.M. spricht sich vor dem Hintergrund des hierarchischen Verwaltungsaufbaus, dem Rechtssicherheit fordernden Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie der Kompetenzabgrenzung zur Judikative (gerichtliches Normverwerfungsmonopol; bzgl. nachkonstitutioneller Gesetze im formellen Sinn (Rn. 8) besteht ein Verwerfungsmonopol des Bundes- bzw. Landesverfassungsgerichts, siehe Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG) für eine „Mittellösung“ aus: Ein Beamter, der ein solches Gesetz für verfassungswidrig hält, muss das Verwaltungsverfahren aussetzen und die Frage dem jeweiligen Vorgesetzten bis zum Erreichen der Regierungsebene vorgelegt werden, sog. Remonstration (§ 63 Abs. 2 BBG, § 36 Abs. 2 BeamtStG).[40] Die (Bundes-/Landes-)Regierung kann dann eine (abstrakte) Normenkontrolle beim zuständigen Verfassungsgericht beantragen (auf Bundesebene: Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG). Bzgl. der von Art. 100 Abs. 1 GG nicht erfassten Satzungen und bestimmter Rechtsverordnungen siehe § 47 VwGO und vgl. § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG. Im Übrigen verbleibt insoweit die Möglichkeit, dass die Behörde, welche die ihrer Ansicht nach rechtswidrige Vorschrift anzuwenden hätte, das Verfahren aussetzt und die Aufhebung der betreffenden Norm bei derjenigen Instanz (bzw. deren Aufsichtsbehörde) anregt, die zum Erlass – und damit auch zur Aufhebung – dieser Norm befugt ist;
europäischen Unionsrecht nicht vereinbar ist, d.h. nicht europarechtskonform ausgelegt werden kann (Rn. 130), so besteht aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts die Verpflichtung für die nationale Verwaltung, das EU-rechtswidrige nationale Recht unangewendet zu lassen (Rn. 137).[41]

4. Teil Rechtmäßigkeit des VerwaltungsaktsA. Ermächtigungsgrundlage › III. Anwendbarkeit

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