Читать книгу DISRUPT-HER - Miki Agrawal - Страница 18
Оглавление„Auf die Plääätze …“ (mit starkem indischen Akzent)
Lange Pause für den dramatischen Effekt.
„Feeertiiig!“ (mit noch stärkerem indischen Akzent)
Eine noch längere Pause.
Mein Vater hielt schmunzelnd eine Trillerpfeife in der Hand und wartete. Als sich die Läufer umdrehten, um nachzusehen, warum er so lange brauchte, blies er so laut in die Pfeife, wie er konnte.
Wir schrieben das Jahr 2005 und zelebrierten gerade die zehnte Auflage unseres jährlichen Familienfests. Meine Zwillingsschwester Radha und ich verteidigten unseren Titel im Dreibeinrennen, bei dem wir seit neun Jahren ungeschlagen waren. Natürlich hatten wir einen Vorteil gegenüber allen anderen Teams, zum Beispiel unserer älteren Schwester Yuri, weil Zwillinge bei diesem Spiel fast wie zusammengebundene Klone wirkten.
„Eins, zwei! Eins, zwei!“
„An der Kurve den linken Fuß zuerst!“
„Los!“
Viermal auf dem Rasen vor und zurück, und wir würden die fünf anderen Finalisten besiegen und uns den zehnten Titel schnappen. Und damit eine Rechtfertigung haben, groß anzugeben.
Als wir im Eins-zwei-Rhythmus über den Rasen stürmten, passierte auf der Hälfte plötzlich etwas völlig Unerwartetes.
BLUT.
ÜBERALL.
Okay, nicht überall. Und es war auch kein dramatischer Unfall mit irgendwelchen gebrochenen Gliedmaßen.
„Mist! Ich habe gerade meine Tage bekommen!“, schrie Radha.
„Neeein!“, kreischte ich zurück.
Radha blutete durch ihren Badeanzug hindurch, und eine rote Spur zog sich die Beine hinunter bis in die Socken hinein … Nicht bloß in ihre, sondern ebenfalls in eine von meinen Socken, weil wir ja zusammengebunden waren.
Natürlich haben wir die logischste aller Entscheidungen getroffen und einfach weitergemacht. Nach einem Zielsprint jedoch, der uns den ersten Platz einbrachte – sorry, das musste noch mal erwähnt werden –, rannten wir so schnell wie möglich weiter, dieses Mal allerdings die Treppen hoch ins Badezimmer.
„Ausgerechnet mein Lieblingsbadeanzug ist versaut“, jammerte Radha.
Während ich ihr dabei zuschaute, wie sie das Blut im Waschbecken auswusch, begannen Glocken in meinem Kopf zu läuten. Ich hatte eine Bombenidee.
„Wie wäre es, wenn wir simple und gleichzeitig schöne Slips entwickeln würden, die keine Flecken bekommen und nichts durchlassen?“, sagte ich zu meiner Schwester. „Wäre das nicht großartig: ein Teil, das du einfach auswaschen kannst, anstatt es wegzuschmeißen, weil die Blutflecke nicht mehr rausgehen?“
In diesem Moment begann unser Unternehmergeist auf Hochtouren zu laufen. Wir überlegten uns Slogans wie Keine Flecken. Kein Auslaufen. Ohne Wenn und Aber und notierten unsere Geistesblitze, kaum dass wir sie ausgesprochen hatten.
Niemand ahnte in diesem Moment, dass sich aus dieser bei einem Dreibeinrennen geborenen Idee einige Jahre später eine millionenschwere Firma entwickeln würde sowie ein Produkt, das das Leben von Millionen Frauen auf der ganzen Welt verändern sollte. Aber vermutlich wäre dieses Konzept niemals realisiert worden, wenn wir uns nicht als Erwachsene ein gewisses Maß an Verspieltheit bewahrt hätten.
Man sagt oft, dass Kinder die besten Lehrer sind, weil ihre Gedanken noch rein sind. Auf die Welt des Business übertragen heißt das, dass frische, neue Ideen oft dann entstehen, wenn wir nichts anderes tun, als zu spielen.