Читать книгу Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar - Страница 26

22

Оглавление

Die Pause danach. Ich war zum Mitwisser geworden. Eben erst ausgesprochen, hatte uns sein Geheimnis zu Verbündeten gemacht. Es war das Gewicht in meinen Füßen, die Unmöglichkeit, endgültig, auf und davonzugehen. Er hatte sich mir anvertraut, allein mir. Ich schaute auf die Schuhe, die mich drückten. Ausgebeult und abgegangen. Einen halben Meter vor sich stellte er die Fersen auf. Schwarzes Leder, glattpoliert. Vaters Schuhe, schoss es mir durch den Kopf. Ob wohl auch er manchmal Sehnsucht danach hat, sich jemandem anzuvertrauen? Mit einiger Bitterkeit bemerkte ich: Ich wusste weniger über ihn als über den, dessen Namen ich vor knapp drei Stunden erst erfahren hatte. Ein Grund mehr, neben ihm sitzen zu bleiben und ihm erneut, über seine Aktentasche hinweg, zuzunicken.

Schon komisch. Er nahm den Faden wieder auf. Es ist nicht so, dass ich es Kyōko nicht sagen wollte. Nein, ich wollte es. Aber dann. Ich brachte es nicht übers Herz. Irgendetwas hielt mich zurück. Vielleicht die Gewohnheit. Grauer Rauch aus seinem Mund. Die Gewohnheit, in der Früh aufzustehen und mir das Gesicht zu waschen. Sie bindet mir die Krawatte. Im Hinausgehen rufe ich: Einen schönen Tag. Sie ruft: Dir auch. Sie winkt mir nach. Bei der ersten Wegbiegung drehe ich mich noch einmal nach ihr um. Ihre Gestalt vor dem Haus. Wie eine wehende Fahne. Ich könnte zurücklaufen. Aber da kommt schon der Bus. Ich steige ein. Es geht zum Bahnhof. In den Schnellzug. Nach A. In die U-Bahn. Nach O. Auf eine Art, er lachte, geht es. Nicht ich. Er lachte noch immer. Es geht.

Ich nannte ihn Krawatte

Подняться наверх