Читать книгу Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar - Страница 21

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Ein halber Monat verging. Er erschien jeden Montag, Punkt neun, jeden Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag. Nur an den Wochenenden blieb er aus. Er fehlte mir dann. Ich hatte mich so weit an seine Anwesenheit gewöhnt, dass mir der Park in seiner Abwesenheit, meine eigene Anwesenheit darin irgendwie sinnlos vorkam. Ohne ihn, der mir Fragen aufgab, war ich ein Fragezeichen, das keinen Zweck erfüllt. Auf einem weißen Blatt Papier steht es da und fragt ins Leere hinein.

Einmal, im Juni, es war ein wolkenschwerer Freitag, war er gerade dabei einzunicken, als es zu nieseln anfing. Er schreckte hoch, stülpte sich die Zeitung über den Kopf, während ich, vorsorglicher Freigänger, meinen Schirm aufspannte, die Beine einzog, mich ganz unter das schützende Dach kauerte. Erst tröpfelte es, aus Tropfen wurden bald Schnüre. Er streckte die Hände in den Regen, ließ die Zeitung fallen, schloss die Augen. Ich beobachtete, wie sich das Wasser in seinen Händen sammelte. Er hatte sie zu einem Becher geformt. Plitsch-platsch, es sprenkelte ihn an. Ich war überrascht. Kein Salaryman setzt sich gerne dem Regen aus. Ringsherum war der Park undeutlich verwaschen. Fliehende Leute überall. Kein Mensch, der gesund ist, setzt sich gerne dem Regen aus. Ganz und gar hingegeben, schien er, schon nass bis auf die Knochen, kein größeres Glück zu kennen als derart nass zu werden. Ich starrte gebannt auf sein glückliches Gesicht. Er öffnete die Augen. Blickte mich, unvermutet, durch den Regen hindurch an. Ich sprang auf. Damit hatte ich nicht gerechnet. Nicht mit diesem unvermuteten Blick, der um mich wusste. Ich bin nicht allein, stand darin, du bist da. Dann schloss er erneut die Augen.

Ich nannte ihn Krawatte

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