Читать книгу Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar - Страница 19
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ОглавлениеEin Räuspern. Er hatte sich gefasst. Eben noch mit zitterndem Kinn, nun wieder gerade und ohne zu blinzeln. Eine Zigarette zwischen den Lippen ging er hinter das Gebüsch. Ein Reißverschluss zurrte auf und wieder zu. Das Knacken von Ästen. Ich hatte zu viel gesehen. Noch bevor er zurückkam, war ich auf den Beinen und davongelaufen. Aus dem Park hinaus, über die Kreuzung, an Fujimotos Gemischtwarenhandlung vorbei. Nach Hause. In mein Zimmer. Das Einrasten des Schlosses. Ich war in Sicherheit. Staubiges Flirren, ich zog die Vorhänge zu.
Am nächsten Morgen schlief ich länger als sonst. Ich überhörte das Läuten des Weckers nebenan, blieb liegen, schlief wieder ein. Träumte von einem unsichtbaren Faden, der mir die Luft zum Atmen nahm. Japsend wachte ich schließlich auf. Nichts war geschehen. Mit diesem Satz, nichts war geschehen, und seinen Folgesätzen, nichts geschieht, nichts wird jemals geschehen, machte ich mich auf den Weg.
Als ich den Park betrat, saß er zusammengekrümmt über seiner Zeitung. Neben ihm die leere Bentō-Box. Er schnarchte. Die Giants und das Geheimnis ihres Erfolges, las ich, an ihm vorüberschleichend, auf seinen Knien. Die Krawatte hatte er aufgeknüpft. Sie baumelte lose um seinen Hals. Gekräuseltes Nackenhaar. Ich gab es auf. Und auch das war eine Entscheidung. Es aufzugeben und ihm, der da schnarchte, einen Namen zu geben. So weit war es gekommen, dass ich ihm einen Namen gab. Nicht Honda. Nicht Yamada. Nicht Kawaguchi. Ich nannte ihn einfach Krawatte. Der Name passte zu ihm. Rotgrau.