Читать книгу Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar - Страница 12

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War es sein Seufzen gewesen? Oder die Art, wie er die Asche wegschnippte? Selbstvergessen, von sich selbst vergessen. Ich scheute nicht davor zurück, ihn so, wie er mir gegenübersaß, zu betrachten.

Ich betrachtete ihn wie ein vertrautes Objekt, eine Zahnbürste, einen Waschlappen, ein Stück Seife, und auf einmal sieht man es wie zum ersten Mal, seinem Zweck vollständig entfremdet. Kann sein, dass es diese seine Vertrautheit war, die ein besonderes Interesse in mir hervorrief. Seine gebügelte Gestalt war die tausender anderer, die tagein und tagaus die Straßen füllen. Sie strömen aus dem Bauch der Stadt und verschwinden in hohen Gebäuden, in deren Fenstern der Himmel in einzelne Teile zerbricht. Sie sind der Durchschnitt, typisch in ihrer Unauffälligkeit, rasierte Vorstadtgesichter, zum Verwechseln ähnlich. Er zum Beispiel hätte mein Vater sein können. Ein beliebiger Vater. Und doch war er hier. So wie ich.

Wieder seufzte er. Diesmal leiser. Wer so seufzt, dachte ich, ist nicht nur irgendwie müde. Fühlte es mehr, als dass ich es dachte. Ich fühlte, das ist einer, der des Lebens müde ist. Die Krawatte schnürte ihm die Kehle zu. Er lockerte sie, sah erneut auf die Uhr. Gleich war es Mittag. Er packte sein Bentō* aus. Reis mit Lachs und eingelegtem Gemüse.

Ich nannte ihn Krawatte

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