Читать книгу Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar - Страница 33

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Kumamoto schrieb Gedichte. Seine Schulhefte waren voll davon. Stets auf der Suche nach dem perfekten Gedicht, seine fixe Idee, saß er, einen Bleistift hinter das Ohr geklemmt, vollkommen abgezogen von der Welt, ein Poet durch und durch, selbst ein Gedicht.

Wir waren beide in derselben Abschlussklasse. Beide unter demselben Druck, sie zu bestehen. Er nahm es leichter als ich. Oder besser, er tat so. Wofür lernen, witzelte er, wenn mein Weg ein vorgezeichneter ist. Unübersehbar. Die Fußstapfen derer, die ihn vor mir gegangen sind. Mein Urgroßvater, mein Großvater, mein Vater. Alles Juristen, die ihn für mich geebnet haben. Ich muss nichts lernen. Sie haben es bereits für mich getan. Ich muss es bloß wiederkäuen und hernach ausspucken. Das ist, was ich ihnen schuldig bin. Schau her! Er zeigte mir eins seiner Hefte. Zerrissen. Vater meint, die Gesellschaft brauche keine Sonderlinge. Nun, er hat Recht. Ich kann nur einfach nichts dafür. Ich habe Stunden darauf verwendet, es wieder zusammenzukleben.

Unter einem der Klebestreifen las ich: Die Hölle ist kalt. Die perfekteste Zeile, sagte er, die er bislang zustande gebracht habe.

Das Feuer der Hölle ist kein wärmendes Feuer.

Ich erfriere daran.

Kein Ort ist so kalt wie diese brennende Wüste.

Dicke Bleistiftstriche. Ins dünne Papier gepresst. An einigen Stellen fehlte ein Schnipsel. Es macht nichts. Kumamoto klopfte sich dreimal gegen die Brust. Es ist alles da drinnen. Mein Jisei no ku*.

Ich nannte ihn Krawatte

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