Читать книгу The Vampire Cats - Mimi Tiger - Страница 7
ОглавлениеPROLOG
DIE NACHT ERSCHEINT tief dunkel und der Vollmond leuchtet nur schwach durch die nebligen Wolken. Es ist kühl und man kann kaum die eigene Pfote vor Augen sehen. Die Lichtkatzen des VampirClans brechen auf, um die Schattenkatzen anzugreifen. Als Vampire verfügen sie über die Fähigkeit, in der Dunkelheit so deutlich wie bei Tageslicht sehen zu können. Schon bald erreichen sie die Grenze beider Territorien und springen nacheinander über den Fluss, der die beiden Gebiete voneinander trennt. Nahezu lautlos schleichen sie durch den dunklen Nadelwald, der den Schattenkatzen gehört.
Nicht mehr weit vom Lager der Schattenkatzen entfernt halten die Lichtkatzen an. Sie sehen bereits die hohen Dornenwände, die das feindliche Lager umschließen und gehen noch ein letztes Mal die Strategie ihres Angriffs durch.
Reißzahn flüstert zu seinen Kriegern: „Knochen, du schleichst dich vorsichtig zu ihrem Lager vor und prüfst, ob alle tief und fest schlafen. Vene und Ader, ihr lauft lautlos um das Lager herum, springt dann über die Dornenwand und greift die Schattenkatzen von hinten an. Kratzer, Spinne, greift unsere Feinde seitlich an, während ich zusammen mit Klaue diese Aasfresser von vorne attackiere, sobald wir uns alle innerhalb ihres Lagers befinden. Fangen wir an!“
Nachdem Reißzahn alles noch einmal erklärt hat, wollen sich die Krieger gerade in ihre Gruppen aufteilen, als ihnen etwas auffällt: Es ist verdächtig ruhig. Die Krieger können das Schnarchen der Schattenkatzen nicht hören.
„Hier stimmt doch etwas nicht. Sonst schnarchen die Schattenkatzen doch lauter als Dachse!“, haucht Vene vorsichtig zu Ader. „Warum hören wir sie nicht…?“
„Du hast Recht. Es scheint beinahe so zu sein, als würden hier alle auf uns warten…“, erwidert der blutrote Kater.
Kaum hat er diesen Satz ausgesprochen, ertönt plötzlich aus den Büschen in ihrer Umgebung ein leises Knurren und Fauchen, welches zunehmend lauter wird. Auf einmal schießen mit einem lauten Kreischen ihre Feinde aus ihren Verstecken hervor und umzingeln die Lichtkatzen von allen Seiten. Ihr Anführer Schattenstern steigt blitzschnell auf einen Findling.
„Ach Reißzahn, du glaubst doch nicht ernsthaft daran, dass ihr uns angreifen könntet und wir nichts davon wüssten?“, fragt er verächtlich den Anführer der Lichtkatzen.
Anstelle von Reißzahn entgegnet ihm Knochen: „Woher solltet ihr elendigen Sadisten auch wissen, dass wir euch angreifen?!“
Als der weiße Kater diesen Satz sagt, sehen die Schattenkatzen, dass Geißel in der Dunkelheit finster in sich hinein lächelt.
Unangekündigt greift eine der Schattenkatzen an. Schattenstern stürzt sich mit einem gewaltigen Flugsprung auf Reißzahn. Dieser knurrt laut und springt ihm mit voller Kraft entgegen. Die beiden Kater kommen auf dem Boden auf und verwickeln sich in ein fauchendes und kämpfendes Knäuel. Fellfetzen und dicke Haarbüschel fliegen durch die Luft und Blut spritzt auf ihre Umgebung und ihre Pelze.
Schließlich gelingt es Schattenstern, seinen Feind auf dem Boden festzukrallen. Mit Schwung reißt er seine rechte Vorderpfote in die Luft. Kaum einen Wimpernschlag später lässt er diese unkontrolliert auf Reißzahns Brustkorb niederdonnern. Ein ekelhaftes Geräusch von knackenden Knochen durchschneidet die Luft. Der Anführer der Lichtkatzen kreischt schrill vor lauter Schmerzen.
Unerwartet beugt sich Schattenstern langsam zu ihm herunter und flüstert ihm bedrohlich ruhig ins linke Ohr: „Ich hoffe, dass du ganz langsam und qualvoll verreckst. So kann ich meine lang ersehnte Rache in vollen Zügen genießen.“
Der skrupellose Kater will seine Pfote gerade erneut in die Luft schwingen, um Reißzahn die Kehle herauszureißen. Sein Feind kommt ihm jedoch zuvor. Reißzahn, der auf dem Rücken liegt, rollt sich augenblicklich auf seine Schultern und stößt Schattenstern mit einem kraftvollen Tritt seiner Hinterläufe gegen seinen Bauch von sich. Der Anführer der Schattenkatzen wird rückwärts durch die Luft geschleudert. Allerdings landet dieser mit einer geschickten Drehung wieder auf seinen Pfoten. Sofort stürmt der skrupellose Kater zu einem weiteren Angriff vor.
Sogleich springt Knochen zu Stachel und holt mit einer seiner Vorderpfoten ordentlich Schwung, um seinen Feind zu Boden zu schlagen. Leider reagiert er zu früh. Der Schattenkater sieht die Pfote auf sich zu schnellen. Er duckt sich problemlos darunter weg und wirft sich auf seinen Rücken, damit er Knochen brutale und gefährliche Bauchwunden zufügen kann. Dieser jault qualvoll auf, als er spürt, wie die scharfen Krallen von Stachel seine Haut mühelos durchbohren. Dunkles Blut spritzt geräuschvoll auf das vom Nebel feuchte Gras und die feuchte Erde. Ohne Zeit zu verlieren, befreit sich der Lichtkater aus den Fängen seines Feindes. Augenblicklich steht er wieder auf seinen Pfoten und schmettert seine Krallen gegen Stachels Schnauze. Dabei reißt er ein paar Hautfetzen mit herunter. Stachel faucht wütend und ist für einen winzigen Moment abgelenkt. Knochen nutzt diese einmalige Gelegenheit und springt dem Schattenkater auf den Rücken.
Vene und Ader bekämpfen gemeinsam Einauge. Obwohl die beiden Kater zu zweit sind, haben sie große Schwierigkeiten, gegen ihren Feind anzukommen, denn Einauge zählt zu einem der erfahrensten und gefährlichsten Krieger der Schattenkatzen. Erst nach einer Weile gelingt es ihnen, den Schattenkater in die Enge mehrerer Baumstämme zu drängen. Wider Erwarten macht sich Einauge seine übernatürlichen Fähigkeiten zu nutzen. Er drückt sich schwungvoll vom Boden ab, dreht sich im Sprung und krallt sich anschließend in dem harten Holz eines Baumes fest.
Vene setzt zu einem Flugsprung an, während Ader auf Hinterhalt zurückgreift, senkrecht den Baumstamm hochzulaufen, um seinen Feind von hinten zu erreichen und zu überraschen.
Genau in dem Moment, als Vene und Ader fast bei Einauge sind, springt dieser von dem Baumstamm ab und gleitet über die Köpfe seiner Feinde hinweg. Demzufolge prallt Vene unsanft gegen die harte Rinde des Baumes und schafft es nur knapp, sich festzukrallen, um nicht herunterzufallen. Die beiden Freunde wollen nun wieder zurück nach unten, doch Einauge hindert sie daran. Er springt erneut in die Luft, allerdings dieses Mal senkrecht nach oben. Auf der Höhe von Ader und Vene hält er an und bleibt in der Luft stehen. Herzlos zerfetzt er den beiden ihre Ohren, bevor sie überhaupt realisieren, was mit ihnen geschieht.
Durch das überraschende Handeln ihres Feindes verlieren die Lichtkater ihren Halt am Baumstamm und stürzen unaufhaltbar nach unten. Ungebremst fallen sie auf ihre Flanken. Ader schlägt mit seinem Kopf auf einen Stein und verliert sofort das Bewusstsein. Vene rappelt sich in Windeseile auf und versucht verzweifelt, seinen Freund aufzuwecken, während sich zu Einauge noch Dorne gesellt. Der braunschwarze Kater hat keine Zeit, groß nachzudenken, als auch schon beide Schattenkatzen auf ihn zu stürmen. Im allerletzten Moment, bevor die beiden Feinde ihn zerfleischen, kommt Kralle mit übernatürlicher Geschwindigkeit auf ihn zugeeilt. Seite an Seite kämpfen die beiden entschlossener denn je gegen Einauge und Dorne, denn sie wollen Ader unbedingt beschützen.
Kralle beißt Einauge so fest von hinten in seinen buschigen Schwanz, dass Blut aus der Bisswunde trieft. Nur mit Mühe kann sie ihrem Verlangen nach Blut widerstehen. Einauge muss sich nun erst einmal umdrehen, um seine Feindin anzugreifen.
Vene krallt sich inzwischen mit aller Kraft in Dornes Rücken fest. Bereits in der kurzen Zeit des Kämpfens ist das Umfeld der vielen Vampire in Blut getränkt.
Einauge schafft es, sich von Kralle loszureißen und kratzt ihr als Antwort die gesamte Schnauze blutig. Die Lichtkätzin faucht und plant, an das Genick ihres Feindes heranzukommen. Sie hat vor, ihn dort zu beißen. Sobald das eigene Vampirgift in den Organismus eines anderen Vampirs gelangt, beginnt es, diesen Körper für eine Weile zu lähmen. Kralle stürzt sich zu ihrem eigenen Unglück zu früh auf ihren Feind. Einauge weicht ihrem Sprung aus, springt aber gleichzeitig mit ausgestreckten Vorderpfoten los und schmettert die Lichtkätzin gegen einen Baumstamm. Kralle bleibt die Luft weg. Der Schattenkater kann sie also ohne Schwierigkeiten weiterhin dagegen halten. Mit seiner rechten Vorderpfote drückt er auf ihre Kehle, um sie langsam und qualvoll zu erwürgen. Es geht doch nichts über einen grausamen und sadistischen Mord…
„Netter Versuch, Kralle, aber du solltest bedenken, dass ich dir bei weitem überlegen bin. Das hier dient als Erinnerung“, sagt Einauge verärgert und drückt jetzt noch fester auf ihren Kehlkopf, ein erstickendes Krächzen entweicht daraufhin seiner Feindin. „So ist es schon viel besser.“
Kralle würde ihm jetzt am liebsten den Kopf abreißen, wenn sie sich bewegen könnte.
Plötzlich kommt ein großer Schatten ziemlich schnell näher. Der Lichtkätzin gefriert das Blut in den Adern, denn sie kann nicht erkennen, um wen es sich handelt, weil Einauge ihr die Sicht versperrt. Unerwartet wird Einauge von dem Schatten ruckartig nach hinten gezogen. Keuchend schnappt Kralle nach Luft und kommt mit ihren Vorderpfoten wieder auf dem Boden auf. Erleichtert erkennt sie ihren Freund Ader. Er hat sein Bewusstsein selbstständig wiedererlangt und konnte somit der Lichtkätzin rechtzeitig zu Hilfe eilen.
„Danke…“, stöhnt Kralle etwas außer Puste.
Doch keine Freude währt ewig. Einauge hat sich von seinem Schock erholt und greift die beiden Katzen sofort wieder an.
Auch alle anderen Vampire sind wild in diese grausame Schlacht verwickelt. Lautes Gekreische ertönt aus allen Richtungen, Haut zerreißt, Blut spritzt in Massen auf die Erde und weicht diese auf.
Reißzahn hat es endlich geschafft, sich von Schattenstern zu lösen. Sein gesamtes Fell ist von Schmutz und Blut verunreinigt. Entsetzt erkennt er, dass es für jeden einzelnen seiner Krieger sehr schlecht aussieht. Laut ruft er durch den Lärm, der durch das wilde Kämpfen verursacht wird: „Lichtkatzen! Wir können diese Schlacht nicht mehr gewinnen! Ziehen wir uns zurück!“
Seinen Kriegern gelingt es nur mit Mühe, sich freizukämpfen. Anschließend laufen sie so schnell wie möglich, mit zahllosen Wunden übersät, nach Hause.
Geißel ruft ihnen noch heimtückisch hinterher: „Haut nur ab, ihr beschissenen Feiglinge und greift uns nie wieder an! Dieser Wald gehört einzig und allein uns!“
Die Schattenkatzen brechen in ein fieses Gelächter aus und Blitz flüstert leise zu Schattenstern: „Sie haben nicht die geringste Ahnung, dass wir ihnen immer einen Schritt voraus sind…“
Nicht viel später befinden sich die Lichtkatzen bereits zuhause. Als sie durch den verborgenen Eingang das Lager betreten, werden sie von Mondblatt empfangen, die sich auf Kräutersuche begeben will. Die Heilerin will Reißzahn gerade fragen, weshalb sie wieder so früh zurück sind, als sie inne hält. Alle Krieger sind blutüberströmt.
„Beim hellen Mondschein!“, miaut sie entsetzt. „Was ist denn mit euch passiert?!“
„Die Schattenkatzen hatten uns… bereits erwartet…“, antwortet Reißzahn völlig atemlos. „Unsere Krieger… Wir, wir sind alle extrem stark verletzt… Die Schattenkatzen wussten irgendwoher… dass wir angreifen würden… Dadurch… waren sie uns gegenüber… im Vorteil…“
Aufgrund seiner vielen schmerzenden Verletzungen bricht Reißzahn vor seinen Kriegern und seiner Heilerin zusammen. Mondblatt ist erschüttert und stürmt sofort in ihren Heilerbau, der verborgen in einem riesigen Felsen liegt. Die Heilerin will schnellstmöglich alle notwendigen Kräuter holen, um den Heilprozess von Reißzahns Brustbein anzureizen, damit er nicht verblutet. Gleichzeitig heben Knochen und Kratzer mit Hilfe der anderen Krieger ihren Anführer auf ihre Rücken und tragen ihn zur Mitte des Lagers. Ohne zu zögern begleiten auch die restlichen Krieger die beiden. Klaue und Spinne eilen voraus und beseitigen alle möglichen Stolperfallen.
Als die Krieger die Mitte des Lagers erreichen, legen Knochen und Kratzer ihren Anführer behutsam auf der weichen Erde ab. Alle Krieger treten beiseite, als sie sehen, dass Mondblatt mit den richtigen Kräutern zu ihnen kommt.
Reißzahn liegt stöhnend auf seiner rechten Flanke und Mondblatt betastet nun äußerst vorsichtig mit ihrer linken Vorderpfote den Bruch. Dann nimmt sie die verschiedenen Kräuter in ihr Maul. Sie zerkaut die Blüten einer Vampirblume, ein wenig Beinwell und einige Mäuseknochen zu einer Paste. Die Heilerin bittet Ader, den Anführer der Lichtkatzen an seiner linken Schulter festzuhalten, damit er sich nicht wegdrehen kann. Ader geht dem nach und Mondblatt schneidet Reißzahn mit einer ihrer Krallen vorsichtig den Bereich seines Brustbeines auf. Anschließend schiebt sie die beiden Hauthälften auseinander. Der Anführer keucht und stöhnt vor Schmerzen und verkrampft sich, seine Augen werden glasig. Doch die cremefarbene Kätzin arbeitet unbeeinflusst und konzentriert weiter. Einen Moment später spuckt sie die Heilpaste auf ihre linke Vorderpfote und schmiert diese auf das gebrochene Brustbein. Dann schiebt die Heilerin den kaputten Knochen wieder richtig zusammen und legt auch die Hauthälften wieder nebeneinander.
Langsam streicht Mondblatt über die übrige Schnittwunde. Ein Kribbeln breitet sich in ihrer Pfote aus. Dank ihrer Heilkräfte, der Kräuter kombiniert mit den Mäuseknochen und der schnellen Regenerationskraft eines Vampirs verheilt der Knochenbruch innerhalb weniger Wimpernschläge. Die Wunde verschließt sich soeben, sodass nur eine hauchdünne Narbe zurückbleibt.
Reißzahn erhebt sich schließlich vorsichtig auf seine Pfoten und richtet sich wieder auf.
Völlig unerwartet empfängt Mondblatt eine Nachricht der Natur. Nur ein vollständig ausgebildeter Heilervampir ist dazu imstande, weil sie vollkommen eins mit der Natur sind. Der Wind haucht ihr leise folgende, geheimnisvolle Worte ins Ohr ein: „Nehmt die lodernde Flamme bei euch auf und stellt so den Frieden eures gespaltenen Clans wieder her…“
Laut wiederholt die cremefarbene Kätzin diese Worte: „Nehmt die lodernde Flamme bei euch auf und stellt so den Frieden eures gespaltenen Clans wieder her…“
Die anderen Lichtkatzen sehen Mondblatt mit weit aufgerissenen Augen an. Weil sich Reißzahn noch ein wenig erholt, spricht Knochen verwirrt das aus, was ihnen alle durch die Köpfe geht: „Wie soll uns eine Flamme denn bitte Frieden geben…?“