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Die zehn Sefirot (Attribute der Gottheit)

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Tausende Welten liegen im Mysterium der zehn Sefirot.

Die Seele des Menschen wandelt durch den Kristall der Welten und hallt wider im Klang der Sefira, in der sie sich findet.

Und wisse, Tausende Welten ruhen im Schein jeder einzelnen Sefira und in dem aller zusammen: Dies ist das Geheimnis der Einzahl der Zehn und der Zehnzahl des Einen.

Der Unendliche, der in Gestalt der zehn Sefirot einherkommt, umschließt alle Zahlen und ist erfüllt vom heiligen Glanz der Ewigkeit, und das Heilige der Ewigkeit läßt sich nicht fassen in Maß und Eigenart.

Und wisse, so wenig wir zu scheiden vermögen zwischen den zehn Sefirot nach dem Grad der ihnen innewohnenden Heiligkeit, so wenig ermessen können wir den Raum zwischen ihnen.

Denn das Mysterium von »der Einzahl der Zehn und der Zehnzahl des Einen« gilt nicht nur für das Leben, wie es sich fortsetzt, sondern auch für das Leben, das sich bedingt. So ist die Zahl der Gedanken gleich der Zahl der Substanz. Deshalb sagen wir nicht mit unseren Vorfahren:

Unsere Welt ist die Welt der Tat, die auf unterster Stufe der ergossenen Heiligkeit liegt.

Das »Mysterium von der Zehnzahl des Einen« verlangt, daß auch unsere Welt die Sefira Keter beherbergt, die Ergießung der Krone, der Krone offenbarter Heiligkeit.

Es gibt Menschen auf unserer Welt, die unter der Kraft offenbarter Schönheit stehen. Ihr Gang ist ein anderer, und ihre Stimmen sind anders!

Ich sah Menschen, deren Seele strahlte vom Licht der Sefira Keter.

So teilt sich die Seele. Sie will das Licht der Ewigkeit aufnehmen und wandert durch den Kristall der Welten. Und hallt wider im Klang der Sefira, in der sie sich findet.

Und wisse, die Seele eines Kindes, das heute geboren ward, ist so alt wie die Seele eines Sterbenden. Und kommst du zur Feier anläßlich einer Geburt und du siehst, wie die Menschen sich freuen, so sage ihnen:

»Ihr Narren, worüber freut ihr euch?«

Und trittst du ins Haus, wo ein Verstorbener liegt, und du siehst die Trauernden auf der Erde sitzen, wie sie wehklagen, so sage ihnen:

»Ihr Narren, was trauert ihr?«

Denn der Mensch weiß nichts vom dunklen Geheimnis der Schöpfung.

Wenn du in eine Stadt kommst, so achte nicht auf ihre Mauern und hohen Türme: Sie sind ein Rauch, der vergeht.

Achte nicht auf ihre Menschen, die auf den Straßen laufen und sich eilen, als hätten sie zu tun: Das ist eitles Blendwerk.

Kommst du in eine Stadt, lege dich auf die Erde, presse dein Ohr an sie und höre, was die Stadt im geheimen spricht.

Und wisse, Benje hat in seiner Einfalt die verborgenen Dinge geschaut, er verstand die Millionen und Abermillionen Welten und den Namen:


Die Nacht war weit, kalt und über und über mit Sternen besät.

Reb Benje verließ sein Haus. Drinnen war es ihm diese Nacht zu finster und schwül. So ging er auf ein verlassenes Feld und setzte sich dort unter einen Baum.

Die Zweige hingen in langen Rutenbündeln über ihm, und Finsternis troff aus ihnen herab.

Eine geheime Stille entströmte der Erde, und Benje saß zerlumpt unter dem Baum, die Arme auf der Brust verschränkt.

Die Himmel flossen ineinander wie Wasser, sie waren eingehüllt in unermeßliche Kälte, und er, Reb Benje, sah:

Der Mond kreiste weiß und groß über den Himmel wie ein lautloses Rad.

Der Mond kam von einem Ende des Himmels geschwommen, und auf ihm saß eine Gestalt in weißem Gewand:

Der Erzengel Rafael!

Die Gestalt beugte sich über den Mond und blickte in die tiefe Finsternis am anderen Ende der Welt.

Und vom anderen Ende der Welt schwamm ein Stern herbei, der Mars, düster und rot, und Blut floß von ihm herab. Und auf dem Mars saß eine Gestalt in schwarzem Gewand:

Der Engelsfürst Metatron!

Die Gestalt beugte sich über den Stern und blickte in die große Helle am anderen Ende der Welt.

Klar und kalt war es zwischen den Himmeln, nicht das kleinste Wölkchen stand da, nicht das mindeste Geräusch war zu vernehmen, wie in einem Haus, wo seit langem niemand mehr wohnt.

Und dann prallten beide Himmelskörper aufeinander und versprühten in der ganzen Umgegend Lichtergarben und Klumpen von Feuer.

Die Welt brodelte im Haß!

Und ringsum vernahm man bitteres Weinen und lautes Frohlocken.

Benje fiel aufs Gesicht und spürte, wie ein Universum zerplatzte.

Es klagte über ihm.

Und plötzlich riß ihn etwas empor. Er hob den Kopf und staunte und sah: Weit in der Ferne kam über die Erde, aus tiefer Dunkelheit, ein hochgewachsener, lichter Mensch.

Er näherte sich mit stillen Tritten, sein Gang war leicht und mühelos. Und er ging geradewegs auf Benje zu, der seinen Kopf, von Angst erfüllt, erneut zur Erde sinken ließ.

Reb Benje spürte das Licht vom Gewand des hochgewachsenen Fremden und vernahm dessen schwerelosen Schritt.

Lautlos stieg jener über ihn hinweg.

Und als Reb Benje aufschauen und ihm den Saum seiner Kleider küssen wollte, vermochte er den schweren Kopf nicht zu heben, und mit dem Gesicht auf der Erde lachte er aus innerer Freude, denn eine dürre Sehnsucht umfing seine Seele wie warmer Atem.

Die ganze Nacht über lag Reb Benje so in der Kälte, ohne den Kopf zu heben.

Im Morgendämmer war er weiß und reifbedeckt wie ein frühmorgendlicher Zweig im Herbst.

Der Messias vom Stamme Efraim

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