Читать книгу Eigenständig im Alltag unterwegs (E-Book) - Monika Luginbühl - Страница 5
Umdenken, um weiterzukommen
ОглавлениеSie sehen: An Argumenten für eine positive Sichtweise auf das Thema Hauswirtschaft fehlt es nicht. Kleine Kinder beteiligen sich meist noch ausserordentlich gerne an hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Mit Inbrunst und einer hohen Selbstwirksamkeitsüberzeugung helfen sie beim Putzen, sammeln Müll ein oder rühren in der Teigschüssel, ja sogar spielerisches Aufräumen kann Spass machen. Woher kommt also die spätere Abneigung? Wir beobachten, dass Erwachsene dazu tendieren, die «minderwertige» Alltagsarbeit negativ zu bewerten, oder gar im pädagogischen Sinne operant negativ zu verstärken – das geschieht etwa dann, wenn zur Strafe die Küche gemacht werden muss. Ein solches Verhalten ist nicht nur schade, sondern schädlich, denn dadurch werden die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten negativ aufgeladen. Als Folge davon bleibt das pädagogische Potenzial des Themas ungenutzt und Klient*innen werden um den Erwerb wichtiger Alltagskompetenzen gebracht. Vielfach wird durch negative Stigmata das Haushalten zudem zu einem konfliktiven Gebiet, auf dem sich Sanktionen und Machtkämpfe abspielen. Es ist daher zentral, dass Sie als Berufsfachperson positive Zugänge zu Haushaltsthemen schaffen und selbst einen kreativen Umgang damit vorleben.
Auch eine lösungsorientierte Grundhaltung statt einer Problemfokussierung ist in der Begleitung der Klient*innen im Alltag zentral. Oder wie Steve de Shazer es ausgedrückt hat: «Problemtalk creates problems. Solutiontalk creates solutions.» Er und seine Partnerin Isoo Kim Berg haben in ihren Ausführungen wichtige Leitsätze formuliert, die bei der Förderung von alltagspraktischen Kompetenzen umgesetzt werden können. Drei Beispiele:
«Nimm immer zuerst die Person in ihren Ressourcen wahr.» (Insoo Kim Berg) Alle Menschen haben ein Potenzial, sich zu entwickeln. Wenn die Ressourcen ausgelotet werden, können angepasste Lernschritte gefunden werden.
«Wenn es funktioniert – mach mehr davon. Wenn das, was du tust, nicht funktioniert, dann mach etwas anderes.» (Steve de Shazer) In der Begleitung im Alltag ist immer wieder Kreativität und «out of the box»-Denken gefragt. Neue Wege zu finden und alte Strukturen infrage zu stellen gehören hier unbedingt dazu.
«Ziele sind wie Lokomotiven, die Lösungen hinter sich herziehen.» (Steve de Shazer) Ziele implizieren ein geplantes Vorgehen. Der Alltag steckt voller Lernmöglichkeiten. Fachlich macht es Sinn, einige davon auch als explizite Lernchancen mit entsprechenden Zielen zu entwickeln und umzusetzen.
Im institutionellen Praxisalltag werden Sie indes oft damit konfrontiert sein, dass Haushaltsarbeiten ausgelagert oder zentralisiert werden. Suchen Sie dennoch Nischen im Alltag und gestalten Sie diese. Und geben Sie den Alltagsthemen, insbesondere den hauswirtschaftlichen Themen, einen Wert. Denn die «Normalität» ist ja nicht so, dass einem das Essen gebracht und die Wäsche gemacht wird. «Normal» ist, sich um den Alltag mit all seinen Anforderungen zu kümmern. Erfolge soll man unbedingt geniessen, es gehört aber auch dazu, sich mal zu überwinden und etwas zu erledigen, was auf der Vergnügungsskala nicht an erster Stelle steht. Die Befriedigung, die sich gerade nach Momenten der Selbstüberwindung einstellt, ist eine wichtige Lernerfahrung.