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2.2.2 Schimmel und holzzerstörende Pilze

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Im Gegensatz zur Holzfäule stellt das Schimmelpilzwachstum keine Gefährdung der Tragfähigkeit einer Konstruktion dar. Da manche Schimmelpilze die Gesundheit beeinträchtigen können, muss aber sichergestellt sein, dass die Emissionen der Schimmelpilze (MVOCs = Microbial Volatile Organic Compounds oder Schimmelpilzsporen) nicht in die Raumluft oder auf die raumseitigen Oberflächen gelangen können. Dies wird deshalb hier betont, da eine vollständige Schimmelpilzfreiheit im äußeren Bereich von Holzbauteilen, z. B. auf der äußeren Schalung, häufig nicht gewährleistet werden kann und i. d. R. auch kein Problem darstellt. Raumseitig der Dämmebene und an den Innenoberflächen ist der Befall durch Schimmelpilze allerdings aus hygienischen Gründen nicht akzeptabel.

Zur Abschätzung unter welchen Bedingungen Schimmelpilzwachstum überhaupt möglich ist, wurden in [24] Grenzkurven für die Auskeimung von Schimmelpilzsporen, sogenannte LIMs (Lowest Isopleth for Mould), entwickelt, die alle in Gebäuden auftretenden Schimmelpilze berücksichtigen. Bild 4 zeigt den Verlauf dieser Grenzkurven für verschiedene Substrate, d. h. Oberflächenmaterialien. Die unterste Kurve zeigt die Abhängigkeit der Auskeimungsgrenze von den Temperatur- und Feuchteverhältnissen im Substrat für ein ideales Nährmedium. Unterhalb dieser Kurve können keine baurelevanten Schimmelpilze wachsen. Diese als LIM 0 bezeichnete Kurve repräsentiert für den Baubereich eigentlich nicht relevante, optimale Nährstoffverhältnisse, die allenfalls bei stark verschmutzen Oberflächen auftreten könnten. Die darüber liegende Grenzkurve LIM I gilt für Oberflächen aus biologisch verwertbaren Baustoffen wie z. B. Holzwerkstoffen, Tapeten, Gipskarton oder leicht verschmutzten anderen Oberflächen. Die oberste Grenzkurve LIM II wird u. a. für mineralische Baustoffe und Kunststoffe verwendet, die nicht biologisch verwertbar sind. Da diese Einteilung relativ grob ist, besteht die Möglichkeit diese Grenzkurven für einzelne Materialien gesondert zu bestimmen [22, 25].

Vergleicht man die an einer Materialoberfläche gemessenen oder für diese Oberfläche instationär berechneten Verläufe der Temperatur- und Feuchtekoinzidenzen, lässt sich das Schimmelpilzwachstumsrisiko abschätzen. Bleiben die Werte stets unterhalb der materialspezifischen Grenzkurven, lässt sich Schimmelpilzbildung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Kürzere Überschreitungen der Grenzkurven stellen meist noch kein Problem dar, da die für die Sporenauskeimung günstigen Wachstumsbedingungen eine Weile anhalten müssen, bevor das Schimmelpilzwachstum beginnt. Um in solchen Fällen das Wachstumsrisiko genauer bestimmen zu können, kann das für raumseitige Oberflächen validierte Wachstumsmodell von Sedlbauer [24] eingesetzt werden. Es berechnet ein hypothetisches Hyphenwachstum in Abhängigkeit von den wechselnden hygrothermischen Randbedingungen an der Baustoffoberfläche. Eine Alternative zu diesem physikalisch-biologisch begründeten biohygrothermischen Modell, ist das mathematisch-empirische Schimmelpilzwachstumsmodell von Viitanen [26]. Dort wurde ein sechsstufiger Mould Index (Schimmelpilzindex) definiert, der sich an der Ausbreitung von Schimmelpilzen auf Baustoffoberflächen (ursprünglich ausschließlich Holz, später auch andere Materialien) orientiert. Dessen Spektrum reicht von vereinzelten Kolonien, die nur unter dem Mikroskop sichtbar sind, bis hin zum sofort erkennbaren vollflächigen Bewuchs. Ein Vergleich beider Modelle in [27] hat gezeigt, dass die Ergebnisse für die raumseitige Oberfläche meist recht gut übereinstimmen und die Wachstumslänge der hypothetischen Hyphe des biohygrothermischen Modells gut in den Mould Index von Viitanen überführt werden kann.


Bild 4. Grenzkurven für das Auskeimen von Schimmelpilzsporen (Isoplethen) für unterschiedliche Substrate. Unterhalb dieser Grenzkurven (LIM = Lowest Isopleth for Mould), die eine einhüllende Funktion für alle baurelevanten Schimmelpilzspezies darstellt, findet keine Sporenauskeimung und damit auch kein Schimmelpilzwachstum statt.

Für die Feuchteschutzbemessung von Bauteilen ist jedoch nicht nur die Beurteilung des raumseitigen Schimmelpilzwachstumsrisikos interessant, sondern auch das Risiko innerhalb des Bauteils, z. B. auf Beplankungen, Dampfbremsen, Witterungsschutzbahnen, Dämmstoffoberflächen. Die Untersuchungen von Viitanen haben dabei gezeigt, dass in den Bauteilaußenbereichen nicht nur Bedingungen vorherrschen können, die Schimmelpilzwachstum fördern, sondern zeitweise auch solche, die den Schimmelpilzen schaden und zu einem partiellen Absterben führen. Deshalb hat er in sein Modell einen sogenannten Decline-Ansatz integriert, der den in der Realität zu beobachtenden Rückgang der Schimmelpilzausbreitung auf der Oberfläche berücksichtigt. Ein solcher Ansatz fehlt bislang im biohygrothermischen Modell von Sedlbauer, d. h. die Ergebnisse sind für Oberflächen, die sich außerhalb der Dämmschicht befinden und dort stark schwankenden Bedingungen ausgesetzt sind, eher zu konservativ. Während das Wachstum von Schimmelpilzen i. d. R. nur ein hygienisches Problem darstellt, das allerdings bei einigen Schimmelpilzarten eine Gesundheitsgefährdung darstellen kann, besteht bei holzzerstörenden Pilzen eine Gefahr für die Substanz der Konstruktion. Vergleicht man die Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze mit denen für holzzerstörende Pilze in Bild 5, wird deutlich, dass für die Holzfäule deutlich höhere Feuchtebedingungen notwendig sind, als für das Schimmelpilzwachstum. Solche Bedingungen treten entweder im Zusammenhang mit Niederschlagsbeanspruchungen auf, wie z. B. bei Holzbalkenköpfen im Mauerwerk auf der Wetterseite oder in bauphysikalisch falsch konzipierten und zu dichten Konstruktionen. Zu letzteren zählen beispielsweise außen und innen diffusionsdichte (sd > 10 m) Flachdächer. Hier kann durch Dampfkonvektion oder in ungünstigen Fällen, z. B. bei geringem Trocknungspotenzial aufgrund niedriger Temperaturen, auch allein durch Dampfdiffusion eine langfristige Feuchtezunahme stattfinden. In jedem Fall verläuft der Holzabbauprozess relativ langsam, d. h. ein rasches mechanisches Versagen des betroffenen Bauteils ist nicht zu erwarten. Da die Kosten und der Aufwand für die Schadensbehebung in der Regel jedoch beträchtlich sind, ist die Holzfäule auf alle Fälle zu verhindern. Zur Schadensprognose durch holzzerstörende Pilze können ähnlich wie zur Bestimmung des Schimmelpilzwachstumsrisikos Modelle wie in [28] vorgestellt, eingesetzt werden. Allerdings sind diese noch nicht so umfangreich validiert worden, wie die derzeitigen Schimmelpilzwachstumsmodelle. Deshalb wird hier empfohlen, zunächst noch die im Abschnitt 3.4 beschriebenen Ansätze zu verwenden.


Bild 5. Analog zu den Grenzkurven für Schimmelpilze in Bild 4 wurde auch für holzzerstörende Pilze ein ähnliches System entwickelt [28]. Im Vergleich zu den Schimmelpilzgrenzkurven sind für die Holzzerstörungsprozesse deutlich höhere Feuchtebedingungen notwendig. Die graue Fläche stellt momentan noch einen Grenzbereich dar. Die Kurven wurden aus Messungen des IBP und der Literatur ermittelt.

Bauphysik-Kalender 2022

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