Читать книгу Bauphysik-Kalender 2022 - Nabil Fouad A., Nabil A. Fouad - Страница 31
3 Feuchteschutzbemessung anhand von Normen und Richtlinien
ОглавлениеDie Entwicklung der Normen und Richtlinien zum Feuchteschutz hat gerade im Holzbau in den letzten Jahrzehnten eine große Dynamik entwickelt. Ursprünglich wurde ausschließlich die Dampfdiffusion aus dem Raum betrachtet und daraus die bauphysikalische Grundregel abgeleitet: „innen immer dampfdichter als außen“. Im Fall von Dächern mit äußerer Abdichtung oder diffusionshemmendem Unterdach wurden deshalb innen Dampfsperren aus Aluminium angebracht oder die Dachdämmung hinterlüftet. In der Folge gab es bei dampfdichten, unbelüfteten Dächern häufig Schäden, da auch keine Feuchte austrocknen konnte, die auf anderen Wegen eingedrungen war. Etwa zeitgleich kam die Belüftung ins Kreuzfeuer, da sie durch die zunehmenden Dämmstärken nicht nur zu einer Entfeuchtung, sondern auch zu einer Befeuchtung aufgrund von nächtlicher Unterkühlung beitrug [4]. Außerdem machte die Belüftung eine Behandlung der tragenden Holzbauteile mit Holzschutzmitteln gegen Insekten notwendig. Die Lösung brachten auf der einen Seite nicht belüftete diffusionsoffene Konstruktionen und bei außen dampfdichten Flachdächern der Einsatz von moderaten oder feuchtevariablen Dampfbremsen.
Die einschlägigen Normen und Richtlinien reagierten auf diese Entwicklungen durch einen Paradigmenwechsel, weg von „dicht und dichter“, hin zu: „so diffusionsoffen wie möglich und nur so dicht wie nötig“. Dabei waren jeweils die Dampfdiffusionswiderstände der äußeren (sda) und inneren (sdi) Bauteilschichten gemeint. Zur Quantifizierung geeigneter sdi-Werte in Abhängigkeit von den meist vorgegebenen sda-Werten wurden Freiland- und Laborversuche sowie umfangreiche hygrothermische Simulationen durchgeführt. Als Pionier bei der Umsetzung des neuen Paradigmas hat sich die deutsche Holzschutznorm erwiesen. Ihr ist es zu verdanken, dass die Holzkonstruktionen deutlich feuchtetoleranter und damit weniger schadensanfällig sowie dauerhafter geworden sind. Die deutsche Norm zum klimabedingten Feuchteschutz DIN 4108-3 stellte damals leider das Schlusslicht dar. Das lag unter anderem an der Überbetonung der stationären Feuchteschutzbeurteilung nach Glaser, bei der das Prinzip „dicht und dichter“ immer zu guten Ergebnissen führt. Inzwischen hat diese Norm nachgezogen, weshalb ihre Inhalte im Folgenden eingehender beleuchtet werden.