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6. Noch kannst du es beenden

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Das Klicken des Aufnahmegerätes brachte mich zum Verstummen. „Oh“, sagte der Reporter und besah sich das Band. „Es ist zu Ende, und ich habe kein weiteres mitgebracht.“

Ich nickte. „Sie müssen sowieso gehen. Es wird bald dunkel, und Sie wollen doch dort draußen nicht den Monstern begegnen?“, erwiderte ich.

Der Reporter lächelte nur schwach. „Dann komme ich morgen noch einmal. Sagen wir, um die gleiche Zeit wie heute?“, sprachs und blickte von seiner Tasche auf.

„Das heißt also, dass Sie mir glauben?“

„Lassen Sie es mich so ausdrücken: Sie haben mich neugierig gemacht“, erwiderte er.

Ich lächelte und reichte ihm die Hand. „Dann sehen wir uns morgen. Selbe Zeit, selber Ort.“

Der Reporter nahm seine Tasche und schlenderte zwischen den Holzbänken hindurch auf die Kirchentür zu. Ich wartete, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte und ging dann hinterher, um sie für die Nacht zu verriegeln.

Ich wandte mich um und lief zum Altar. Für einen Augenblick blieb ich davor stehen. Gedankenverloren spielte ich mit meinem geflochtenen Zopf und betrachtete das prunkvolle goldene Kreuz, dessen blutrote Rubine mich anfunkelten. Ich überlegte immer noch, ob es richtig war, meine Geschichte zu erzählen. Aber anders ging es nicht! Ich musste die Menschen warnen. Ich konnte den Kampf nicht allein führen. Die Menschen mussten auch selbst etwas dafür tun, dass sie geschützt waren.

„Geht es dir gut?“

Ich zuckte beim Klang der Stimme zusammen. Pater Michael lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen an der Wand und beobachtete mich. Ich hasste es, wenn er sich still und heimlich an mich heranschlich, sodass ich wie ein aufgeschrecktes Reh zusammenfuhr.

Ich nickte und warf mir mein Haar wieder zurück nach hinten. „Ja, ja. Alles bestens. Dieser Dan Meyers ist nur so ein Kerl, in dessen Gegenwart Frau sich einfach nur unwohl fühlen kann“, sagte ich und schüttelte mich übertrieben.

„Mhh“, gab der Pater von sich, was immer bedeutete, dass ihm etwas nicht gefiel. Er stieß sich von der Wand ab und kam langsam auf mich zu. Eingehend betrachtete er mein Gesicht. „Das ist aber nicht das Einzige. Habe ich Recht? Du hast Zweifel, ob es richtig ist. Ich sehe es dir an. Noch kannst du es beenden“, sagte er.

Ansatzweise hatte er Recht. Ich hatte Bedenken, ob ich dem Reporter wirklich trauen konnte. Mein Vertrauen in andere Menschen hatte in der Vergangenheit sehr gelitten. Ich wusste aber auch, dass die Menschen in ihrem Wesen nicht alle gleich sind. Dennoch kostete mich diese ganze Sache viel Überwindung, und es war mühsam die Vorurteile abzulegen, die ich über die Jahre hinweg angesammelt hatte. Aber ich wollte es wenigstens versuchen. Schließlich hatte ich ein Ziel vor Augen. „Nein, das geht nicht. Ich weiß, dass du dagegen bist. Aber du weißt von dem Chaos, das in den Straßen herrscht. Und du weißt auch, dass ich das nicht allein bewältigen kann. Es wird immer schlimmer, und wenn ich das für den Rest meines Lebens machen soll, brauche ich Hilfe. Wenn es mehr von uns geben würde, würde es leichter sein. Aber so ist es nun mal nicht. Die Menschen müssen sich selbst schützen können.“

„Auch wenn es bedeutet, dass sie sich des Nachts in ihre Häuser und Wohnungen einschließen und die Stadt dann wie ausgestorben wirkt“, fügte er hinzu.

Ich nickte und blickte zu ihm auf. „Du tust das doch auch schon seit Jahrhunderten“, erwiderte ich und sah ihn in Erwartung einer bissigen Antwort an. Ich weiß nicht wieso, aber sie kam nicht. Stattdessen wurde sein Blick weich, und er legte mir einen Arm um die Schulter. „Komm, es wird Zeit fürs Abendessen“, sagte er und schob uns beide in Richtung des dunklen Vorhangs.

Die Jägerin - Die Anfänge (Band 1)

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