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2.
Ornellas Gefühlswelt spielt verrückt

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Zum ersten Mal waren sich Ornella und Silvio im Palazzo am Vorabend der Bestattung des Herzogs begegnet wie ihr alle Angestellten vorgestellt wurden. Mit allen unterhielt sie sich kurz. Silvio war der Letzte in der Reihe. Dass es diesen Silvio Scarelli im Palazzo gab und für was ihn ihr Vater engagiert hatte, wusste sie sehr genau. Mehrfach hatte ihr ihr Vater sogar noch in der Klinik dessen Arbeit um seine Sammlungen besonders ans Herz gelegt und dabei Silvio als einen exquisiten Fachmann und sehr liebenswerten Menschen geschildert. Er war ihr von der ersten Sekunde ihrer Bekanntschaft an mehr als nur sehr sympathisch.

Ihre Augen hatten sich dabei ineinander immer wieder über mehrere Sekunden verhakt. Sie verliebte sich in ihn. Auch Silvio verliebte sich in Ornella vom ersten Augenblick an, erst recht, als er sie persönlich kennen lernte. Während der Trauerfeier, wo er seitlich von ihr saß, und der Beerdigung waren ihre Augen unter dem schwarzen Schleier nahezu ausschließlich wie gebannt auf Silvio gerichtet. Sie beobachtete jede seiner Regungen und Bewegungen. Der junge Kerl faszinierte sie. Er war 24 Stunden am Tag für Ornella eine einzige Herausforderung. Ornella war trotz ihrer manchmal sehr distanzierten Art ein sehr weichherziger Typ. Auf dem Gestüt trug sie keine Kleider, nur Reithosen. Vor dem Tod des Vaters war das auch bei ihren seltenen und sehr kurzen Besuchen im Palazzo so. Urplötzlich, wenn sie in Rom war, trug sie jetzt nur noch schicke Kleider, hochhakige Schuhe und war perfekt zurecht gemacht, war auch innerhalb des Palazzo nur noch eine elegant gekleidete, auffallende Erscheinung.

Kurzzeitig wurde sie bei Silvio so eine richtige Kratzbürste, ein kleines Teufelchen, ein raffiniertes Weib, launenhaft und unverträglich, ein Verhalten, das bis dahin niemand von ihr kannte. Sie konnte sich ansonsten bestens beherrschen. Nicht mehr bei Silvio. Da spielte von Anfang an alles in ihr verrückt. Silvio raubte ihr das Denkvermögen, ließ ihren Körper reagieren, wie sie es noch nie erfahren hatte. Wenn sie ihn sah, vibrierte alles in ihr, bekam sie keine Luft mehr und alles flatterte. Nach kurzer Zeit fingen ihre Beine zu zittern an und sie bekam beim Gehen, Stehen und Reden Atemprobleme. Über ihren Rücken rieselte ein Schauer nach dem anderen. In ihrem Bauch machten ihr rund um die Uhr riesige Schmetterlingsschwärme zu schaffen. Sie tat etwas, was sie bis dahin nur sehr selten getan hatte, sie befriedigte sich nahezu täglich über eine Stunde selbst und träumte dabei sehnsüchtig von ihm, hatte also praktisch in ihrer Fantasie jeden Tag mit ihm Sex. Und diese Sehnsucht wurde von Tag zu Tag schlimmer. Es trieb sie den ganzen Tag herum und sie war zu nichts anderem mehr fähig. Außer Silvio gab es nichts mehr, was sie interessieren konnte. Im Gegensatz zu der Zeit vor der Begegnung mit Silvio las sie keinerlei Zeitung mehr und ließ den Fernseher, in dem sie sich oft Reitsport angesehen hatte, auch dabei ausgeschaltet. Ihre Sekretärin hatte sie angewiesen, alles, jede kleinste Kleinigkeit, zu notieren, was sich um Silvio ereignete, die Ausgänge zu überwachen, mit wem er telefonierte, zusammentraf, wann er das Haus verließ und wieder zurückkam, wohin er ging usw. Auch die Hausdame, die in der übrigen Zeit und an den Wochenenden alle Telefongespräche entgegennahm, hatte sie gleichermaßen gebeten, dass sie ebenfalls alle Gespräche mit Nummern aufschrieb, die Silvio führte. Derartiges veranlasste nur jemand, der großes Misstrauen hatte oder – wie Ornella – unter schrecklicher Eifersucht litt. Sie beherrschte zusammen mit einer riesengroßen Portion Angst, dass Erkenntnisse um eine konkurrierende Frau auftauchten, rund um die Uhr ihr gesamtes Fühlen und Denken. Nicht nur diese beiden Frauen ahnten das von Anfang an. Alle ihre dienstbaren Geister im Palazzo wussten darum.

Kaum saß sie ein paar Minuten in ihren privaten Räumen oder in ihrem Arbeitszimmer war ging sie schon wieder zum Fenster und sie musste zu den Fenstern der Bibliothek hinüber schauen. Wenn sie ihn dort auf Anhieb nicht sah, warf sie sofort die Zeitung auf den Tisch und stöckelte gelangweilt zum x-ten Mal am Tag durch das Treppenhaus vorbei an der Bibliothek, versäumte es dabei allerdings nicht, durch die einen Spalt offene Türe nachzusehen, was er machte. Oder sie ging, betont einen auf desinteressiert spielend, gleich direkt in die Bibliothek und schnüffelte dort natürlich unheimlich interessiert in den Regalen herum. Wer sie so sah, dachte, dass sie so eine Art Bibliothekarin, ein Bücherwurm, war. Bei jedem alten Schinken, den sie aus einem Regal nahm, musste sie sich allerdings so hinsetzen, dass sie aus den Augenwinkeln natürlich Silvio sah. Wenn man sie gefragt hätte, hätte sie nicht einmal zu sagen gewusst, welches Buch sie überhaupt gerade in der Hand hielt. Am verwunderlichsten war jedoch, dass sie nicht mehr das geringste Interesse an ihrem großen Gestüt hatte, das bis dahin als ihre große Leidenschaft ihr ganzes Leben bestimmte, und dort sogar schon längere Zeit nicht mehr war. Bis zum Tod ihres Vaters musste der sie regelrecht zwingen, dass sie zumindest ein paar Mal im Jahr ausnahmsweise kurz zu ihm in den Palazzo nach Rom kam. Nach dem Studium verbrachte sie dort keinen Tag und keine Nacht mehr. Das riesige alte Gemäuer und das Leben dort war ihr zuwider. Von dem wusste sie nicht einmal mehr, was er alles für prunkvolle Räume hatte, welche kostbaren Gemälde dort hingen und Kunstschätze überall herumstanden. Von der Existenz der Bibliothek und von vielem anderen, einschließlich des Parks hatte sie bis dahin nur sehr bedingt eine Ahnung. Sie liebte ihre Tiere und die Natur in den Bergen. Ihrer Mutter ging es genau so. Die Mutter war bis zu ihrem Tod in bestem Saft und Kraft und hatte ausgeprägte sexuelle Bedürfnisse. Sehr aktiv nutzte sie dort viele Jahre in ihrer Residenz, einem Schloss in den Albaner Bergen die wunderbaren Möglichkeiten, sich mit den nachfolgend noch etwas näher erwähnten jungen Mädchen und Männern, die ihre Bediensteten waren, ausgiebig in der Abgeschiedenheit und unbeobachtet intensiv zu vergnügen. Und ihr Vater machte Selbiges besonders intensiv in einer besonders perversen Form mit seinen Kumpels bei Orgien in seinen speziellen 'Residenzen'. Ornella waren allerdings seit ihrer Kindheit ausschließlich die Pferde und die anderen Tiere auf dem unweit von Mutters Schloss gelegenen Gestüt das Wichtigste, um das sich bis zum Tod des Vaters ihr gesamtes Leben drehte.

Ornella versuchte bereits ein paar Tage nach der ersten Begegnung Silvio ständig zu einem Gefühlsausbruch zu bringen und provozierte ihn. Das gelang ihr sogar. Nur jedes Mal, wenn es so weit war, tat sie mangels Erfahrungen und Mut genau das Gegenteil dessen, was sie hätte tun müssen, um an ihn näher heran zu kommen und ihn zu bekommen. Sie hatte sich für ihr Interesse an Silvio eine kleine Strategie zurecht gelegt. Entgegen der ursprünglichen Planung sollte sich Silvio zuerst einmal um die große Sammlung erotischer und pornografischer Werke kümmern. Das waren alte, erotische und pornografische Stiche, Bilder, Gemälde, Figuren, Geräte, Vorrichtungen, Geschirr usw., die mit der Erotik zu tun hatten. Sie waren im Palazzo in Rom und in den anderen Gebäuden gelagert. Zudem gab es unter anderem eine umfangreiche Sammlung alter Bücher mit erotischer Literatur, die ebenfalls bereits Ornellas sehr weit zurückreichende Vorfahren gesammelt hatten. Ornella begründete es damit, dass man sie schon mehrfach darauf angesprochen hätte, wann endlich diese Sammlung präsentiert würde. Dem war nicht so. Sie verband damit lediglich ihr innerhalb kürzester Zeit geradezu sprunghaft angestiegenes, alles beherrschendes Interesse an Silvio.

Tagsüber fand sie Silvio ständig an seinem Arbeitsplatz in den Räumen der Bibliothek. Abends sah sie ihn von seiner kleinen Wohnung im Dach des obersten Stockwerks einer im Nebenflügel gelegenen Wohnung des Palazzo oft bei ihren Spaziergängen im großen Garten. Den hatte sie – wie gesagt – bis dahin überhaupt nicht näher gekannt. Jetzt war er nahezu jeden Abend für sie eine wunderbare Möglichkeit für Spaziergänge. Sie spielte dort mit ihren Hunden. Sehr genau wusste sie, dass er sie mit dem Fernglas beobachtete. Während er in der Bibliothek war, hatte sie nämlich schon etliche Male seine Wohnung und Kleidung nach Spuren einer Frau heimlich gründlich durchsucht. Außer seinem Fernglas auf der Fensterbank war nichts zu entdecken, das auf eine Freundin hindeutete. Auf einer daneben liegenden Kamera mit Teleobjektiv hatte er scheinbar ein Bild von ihr gemacht wie sie im Garten war. Weil sie große Angst hatte, dass er überraschend auftauchen konnte, schaltete sie die Kamera sofort wieder aus und konnte sich die Bilder auf der Speicherkarte nicht ansehen. Sie verschob es auf eine Gelegenheit an den folgenden Tagen.

Insgeheim schrieb Silvio jeden Tag zärtliche und pikante Briefe an seine Liebste, wie sie bei ihm darin hieß. Er speicherte sie nur und druckte sie nicht aus. Die sollten allerdings, nachdem sie sich für immer gefunden hatten, für Ornella noch eine ganz besonders schöne Überraschung werden. Aus Platzgründen können sie hier leider nicht berücksichtigt werden.

Teufelin wird zum Engelchen

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