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Jetzt wird es dunkel. Thurloe ist nicht da gewesen. Vielleicht ist heute Sonntag, obwohl es meiner Ansicht nach Sonnabend sein müsste. Allmählich fange ich an, das Zeitgefühl zu verlieren. Ich habe den Wachsoldaten gefragt, der mir mein Essen brachte, aber er hat nicht geantwortet, er hat einfach an mir vorbei gesehen. So lauten wohl ihre Befehle. Nicht mit dem Gefangenen sprechen.

Ich habe Stunden damit verbracht, mir meine letzten Tage bei Pastor Strongworth und meine erste Zeit in London ins Gedächtnis zu rufen – es reicht ja, wenn ich Thurloe beim nächsten Mal davon erzähle. Bei dieser Erinnerungsarbeit taucht allerdings auch alles mögliche andere auf. Ein Segel draußen auf der Themse ließ mich plötzlich an die Fidelio denken, an den Druck der Ruderpinne in der Hand, an das sanfte Gefühl, wenn man bei einer leichten Brise vor dem Wind segelt und den Eindruck hat, als wäre es windstill, weil Boot und Wind die gleiche Geschwindigkeit haben … Der Name war mir als geschickte Lösung für das ewige Problem eingefallen, welches Geschlecht ein Boot hat: Fidelio, ein Männername, der auch das Weibliche abdeckt. Fidelio, ein Opernklassiker. Studienrat Nielsen spielte sie uns im Gymnasium vor, mit langen Erläuterungen und flatternden Armen, vor lauter Enthusiasmus spritzte ihm die Spucke aus dem Mund. Er war von Beethoven besessen.

Und jetzt sollte es noch anderthalb Jahrhunderte dauern, bis Beethoven seine Oper schreibt. Und noch länger bis zu den meisten Dingen, die meinen Alltag bestimmten, bevor ich hierherkam. Radio. Computer. Telefon. Selbst wenn die Wache mit mir reden dürfte, würde er nichts von all diesen Dingen verstehen.

Es gab nur einen einzigen Menschen, der es verstand …

Womit hatte ich begonnen? Es ist dunkel. Zeit zu schlafen. Wenn ich kann.

Der Meermann

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