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Ein sentimentaler Monat

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Meine Träume gehören mir.Meine Träume geben mir Sicherheit.Meine Träume bieten Geborgenheit.Meine Träume sind meine Wünsche.Meine Träume sind grenzenlos.Lass mich schlafen, lass mich träumen. Dezember Ein mir geliebter und gleichzeitig verhasster Monat. Die Zeit der trostlosen Dunkelheit, nassen Eiseskälte, Hektik auf den Straßen, Geldverschwendung, Einladungen bis zum Überdruss, Völlerei, bis sich die Bauchdecke spannt, und sentimentale Gedanken, Sorgen und gute Vorsätze für das neue Jahr. Weihnachten, das Fest der Liebe. Mit seinen schönen wie auch ekelhaften Seiten. Die Stadt, die sich in eine romantische Szenerie aus Lichtern verwandelt, liebevoll gestaltete Weihnachtsmärkte, köstliche Düfte nach Zimt, Orangen, Glühwein und Lebkuchen. Verspielte Eisenbahnen, die an Seilen über die Köpfe rattern, verkleidete Weihnachtsmänner, Jingle Bells in den Ohren, Kerzen, Räucherwerk, Sterne, Mützen, Trank und Fraß, wo man hinsieht. Der unstillbar knurrende Magen beim Anblick von saftigen Fleischspießen und triefenden Bratwürsten, die Nase, die dem süßen Geruch nach Crêpes und Schmalzgebäck folgt. Und vor allem: Quetschen, Schubsen, Schneckentempo, Blindheit, auf Füße treten. Es scheint, als sei der Krieg ausgebrochen. Von Harmonie keine Spur. Erleichterung, wenn die Geschenktüten voll sind und das Portemonnaie enttäuschenderweise leer. Danke, dass wir dieses Jahr nicht bei meiner Tante feiern. Heuchelei und Familienzusammenhaltgetue werden mir erspart bleiben. Für mich gibt es in dem Sinne keine Familie. Meine Mama ist meine Familie. Und mit ihr werde ich Heiligabend verbringen – wie immer. Im Anschluss wird Sven dazustoßen, am ersten Weihnachtstag Ente, Kartoffeln und Rotkohl mit uns teilen und am zweiten wird gemeinsam mit seinen Eltern und Felix afrikanisch gegessen. Ich trainiere schon im Voraus gegen die Fresserei an und bin spürbar angespannt. Nicht zuletzt der Erinnerungen an den Verlust meines Papas wegen. Ich bin weinerlich, launisch und empfindlich. Unerwartete Aggressionsschübe, maßlose Ungeduld und Streitlust, sobald ein falsches Wort geäußert wird.In den letzten drei Wochen schaffte es insbesondere meine Tante, den Bogen zu überspannen. Ich habe viel gearbeitet, was mir finanziell gut gelegen kam, wobei ich mir eine spannendere Tätigkeit vorstellen könnte, als mich während des Shootings ausfragen zu lassen. Böser Beigeschmack, wenn der Chef Privates mit in den Workflow einfließen lässt. Zumal meine Tante eine unerträgliche Art an sich hat, die mich meine Höflichkeit gerne mal vergessen lässt. Nicht nur, dass Claudia sich nicht ausdrücken kann und ich demnach selten auf Anhieb verstehe, was sie mir sagen will, wenn sie wortwörtlich verlangt, „Dings“ zu machen, und unklar beschreibt, dass sich „Dings“ da oder dort befinde, wodurch ich noch immer nicht schlauer bin, aber ich wisse ja, glaubt sie. Da ich es nicht weiß, gibt’s einen fassungslosen, vorwurfsvollen Blick, der so viel wie Du bist einfach zu blöd! signalisiert. Außerdem gehört Einmischung zu ihren liebsten Hobbys. Red Bull zu trinken sei ungesund. Das wäre doch eine künstliche Energiezufuhr. Ob ich etwa müde sei? Die Schuhe, die ich tragen würde, seien für schädlich befunden – so die Medien. Warum ich mit diesen und nicht jenen Werkzeugen die Bilder in Photoshop bearbeite, wie es ihre andere Assistenz tue. (Na und? Hauptsache das Ergebnis ist das gleiche!). Was ich mit meiner freien Zeit anstelle, wo ich doch nicht regelmäßig arbeite, und dass ich mir endlich einen Job suchen solle. Sie traue mir nicht zu, dass ich den Führerschein schaffe, weil sie mich für nicht tough genug und für viel zu ängstlich halte. Das erkenne sie schon an meiner Vorsicht in der Technikhandhabe, woraufhin ich erklärte, dass ich selbstverständlich behutsam mit ihrem Fotoequipment umgehe, weil ich die Verantwortung dafür trage. Sie sehe mich nicht im Fotobereich, da ich total angeödet wirke. Was übrigens keine Lüge ist, da Claudia weder Motive noch Studioaufbau variiert und die einzige Herausforderung im Auf- und Abbau besteht, neben dem Däumchendrehen und Fusselzählen. Mehr als die Tatsache, dass sie in fremden Angelegenheiten nach Schwächen schnüffelt, reizt mich ihr Beweggrund, andere zu kritisieren, während es in ihrer Familie alles andere als glatt läuft. Das wiederum wird natürlich gekonnt weggelächelt. Sie täuscht Interesse und Fürsorge vor, die keine ehrliche Absicht sind, sondern Missgunst, Neid und Unzufriedenheit in ihrem Leben auf andere übertragen, um sich selbst zu erleichtern. Obwohl sie angewidert den Kopp schüttelt und über den Gestank plärrt, sobald ich mir ’ne Fluppe anzünde, erträgt sie das Kettenrauchen ihres Mannes und ihrer Kinder. Ihr Sohn Joe wurde, seit ich denken kann, hochgestapelt. Wohingegen Tochter Judy (meine ehemals beste Freundin) niedergemacht wurde. Warum, frage ich mich bis heute. Joe hat sich geprügelt, die Realschule vergeigt, lange Zeit keinen Job gefunden, durchs Kiffen den Führerschein verloren, keinen Alktropfen ausgelassen und rumgehurt bis zum Umfallen. Er ist ein Angeber, ein Macho und sein Benehmen stets unter der Gürtellinie. Judy ist zwar nicht weniger verdorben, hat aber immerhin ihr Abitur abgeschlossen und arbeitet als Physiotherapeutin. Das ist doch auch Grund zur Anerkennung. Ganz gleich, ob es ihr an Offenheit und Herzlichkeit fehlt, was ihr von Claudia vorgeworfen und Joe zugute geschrieben wird. Allerdings verkennt Claudia, dass sie selbst Schuld daran zu tragen hat, weil sie ihren Joe mit Zuneigung überschüttete, sodass für Judy nichts übrig blieb. Ich weiß mehr über Judy als Claudia jemals aufgrund ihrer Gleichgültigkeit erfahren wird. Ich vermisse die Verbundenheit, die Judy und mich einst unzertrennlich machte.

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