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Ein ungewöhnliches Treffen
ОглавлениеBald ist Mitternacht. Wieder ein Tag um. Das Sofacafé ist ein gemütlicher Ort gewesen, um sich zu verabreden. Irgendwie war mir der Grund, weshalb ich Franziska hatte wiedersehen wollen, abhandengekommen. Wir haben uns am Set von René kennengelernt. Sie schaute niedlich und warmherzig aus. Während ich auf sie wartete, bestellte ich zwei Latte macchiato und hoffte, dass diese nicht erkalteten, ehe Franzi eintreffen würde. Ich erkannte sie nicht gleich. Erst als sie mir zuwinkte – ein strahlendes Lächeln auf den Lippen. Sie übergab mir eine rote Rose. Eine kitschige Geste, wie sie fand, die mich verlegen machte. Sie habe die Rose einem Strauß aus der Agentur, in der sie arbeite, entnommen, um sie vor dem Verwelken zu retten. Eine nette Aufmerksamkeit, die ich für den Bruchteil einer Sekunde für eine Liebesbotschaft hielt. Franziskas unbedarfte und naive Art, mich während der Unterhaltung zu berühren oder sich an mich zu lehnen, schürten meine Nervosität und Befangenheit. Sie ist keineswegs eine Frau, die mir vom Typ her zusagen würde. Ich begehre sie nicht. Zwar genoss ich das Gefühl von Nähe, wusste aber gleichzeitig nicht, mit dieser Zärtlichkeit umzugehen und sie einzuordnen. Diese selbstverständliche Zuneigung, die Heterofrauen oft untereinander verbindet, überrascht mich immer wieder. Freundinnen, die umschlungen durch die Straßen gehen, aber keine Pärchen sind. Die eine, die der anderen den BH zurechtrückt – dabei zufällig die Brüste streift, ohne vor Scham im Boden zu versinken oder gierig auf deren Titten zu glotzen. Das ist für mich schwer nachzuvollziehen. Vielleicht würde ich befürchten, in meinen heimlichen Blicken ertappt zu werden. Blicke, die den einen Teil meiner Orientierung verraten könnten.
Bereits nach dem ersten Milchkaffee plagte mich das Bedürfnis, allein zu sein. Es lag nicht an Franzi direkt. Ich wusste einfach nichts zu sagen. Wir sprachen über Männer, Musik, Grafik und Freizeitbeschäftigungen. Mir war nicht nach Reden zumute und sie zu unterhalten, um nicht unhöflich zu sein, langweilte mich. Ich sehnte mich nach genau dieser Natürlichkeit, die sie an sich hatte. Das Uneitle, das Unbeschwerte, das scheinbar Normale.
Ich wollte weg von meinem Tiefgang und Gesprächen, wie ich sie sonst führte, und verfiel trotzdem meiner Ernsthaftigkeit, in der ich mich bremsen musste, nicht zu weit auszuholen, mein Leben und meine Emotionswelt auszupacken. Unwillentlich verspürte ich Neid auf das gute Verhältnis zu ihren Eltern, auf die Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und auf das Wohlfühlen in der eigenen Wohnung. Diese Einfachheit ... Ich suche sie in Menschen, die sie besitzen, und möchte ein Stück von ihr haben, weil ich sie in mir selbst nicht finden kann. Leider ist es unmöglich, Leichtigkeit und Gelassenheit abzugucken. Nur wer sich selber hat, kann sich selber geben. Nach knapp zwei Stunden brach ich das Treffen ab, nicht ohne ein Zeichen der Enttäuschung in Franziskas Augen.
Ich weiß schon jetzt, dass die rote Rose, die nun in einer Vase auf meinem Esstisch steht, Grund zur Aufregung sein wird. Ich habe keine Lust auf eine Erklärung und Auseinandersetzung mit Sven. Er wird seine Eifersucht wieder einmal nicht zügeln können und zum zigsten Mal darauf rumreiten, meine Leidenschaft würde den Weibsen gehören. Ich werde beteuern, dass ich ihn liebe und es keine Rolle spiele, welche Arten von Sexualität ich einst gelebt hätte. Wobei eigentlich ich das Recht dazu habe, ihn zu verurteilen. Von ihm erhielt ich in den vergangenen Monaten nämlich kein Blümchen. Morgen ist Laylas großer Tag. Mir graut. Sie heiratet einen Mann, den sie nicht liebt, und erhofft sich dadurch, Unabhängigkeit zu erlangen. Denn noch gehört sie ihrem Vater. Ich bezweifle stark, dass die Ehe mehr Freiraum schafft. Sie begibt sich von einem in den nächsten Käfig. Ich kann dieser Moscheenummer, genauso wenig wie der Religion, nichts Positives abgewinnen. Ich bin nicht rassistisch. Ist nur einfach nicht mein Ding. Es dürfen keine Fotos gemacht werden, Frauen und Männer sind räumlich voneinander getrennt. Die Trauung wird diskret behandelt. Keine Zuschauer, kein Strauß, den ich zu fangen versucht hätte. Würde mich nicht wundern, wenn alle weiblichen Gäste zu einer Verschleierung verpflichtet wären. Ich kann’s kaum erwarten – fetttriefender Fraß und Deboras Bumsneuigkeiten. Im Anschluss wird Sven auf mich warten und bis Sonntag bei mir bleiben. Nicht anders als sonst. Vorher Rasur- und Hautpeelstress, Anspannung wegen Schlafmangel, Einschränkung, Anpassung und Vorsicht und endlich Freude, sobald er im Eingang steht – die vertraute Umarmung, aus der ich mich nicht lösen will; unsere Lippen, die sich suchen und finden.