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2.2.1Anspruchsgruppen

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Nach Rho und Bottler (2002) sind für die Formulierung von Qualitätsanforderungen folgende Anspruchsgruppen zu unterscheiden. Da sind zunächst die Kundinnen und Kunden im engeren Sinn. Das sind jene Personen oder Organisationen, die ein Produkt empfangen, also die Speisen essen. Als Kundinnen und Kunden im weiteren Sinn können solche Personen oder Organisationen verstanden werden, die zwar keine Produkte empfangen, aber dennoch ein Interesse daran haben, von welcher Beschaffenheit die erstellten Produkte sind oder welchen Erfolg der Betrieb erwirtschaftet. Diese beiden Gruppen zusammen bezeichnet man als Anspruchsgruppen, Interessenträger oder Stakeholder.

Der Begriff Stakeholder (deutsch: Interessenvertreter) kommt aus der betriebswirtschaftlichen Literatur, wo sich in den letzten 20 Jahren ein Wandel vom sogenannten Shareholder-Value (Shareholder heißt: Aktionär) zum Stakeholder-Value vollzogen hat. Beides sind Methoden, mit denen der Wert eines Unternehmens gemessen wird. Mit dem Shareholder-Value wird ausschließlich der Wert aus der Sicht der Kapitalgeber (also vor allem der Aktionäre) betrachtet. Man hat inzwischen erkannt, dass diese rein kapitalorientierte Betrachtung zu einseitig ist. Das Stakeholder-Konzept geht davon aus, dass der Wert des Unternehmens daran gemessen werden kann, inwiefern es ihm gelingt, die Anforderungen der Anspruchsgruppen zu erfüllen. Das Stakeholder-Konzept ist eine Ergänzung zum Shareholder-Konzept (Theuvsen 2001).

Die folgende Liste zeigt exemplarisch mögliche Anspruchsgruppen in einem Gemeinschaftsverpflegungsbetrieb.

Mögliche Anspruchsgruppen eines Gemeinschaftsverpflegungsbetriebs

•Träger/Betreiber

•Bewirtschafter

•Führungskräfte

•Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

•Verpflegungsteilnehmer

•Lieferanten

•Fremdkapitalgeber

•Gesetzgeber

•Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

•Verbände

•Angehörige

•Aufsichtsbehörde

•Heimbeirat

•Sponsoren

•Gleichstellungsbeauftragte

•Gesellschaft

•Staat

Die Anspruchsgruppen an Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen lassen sich nach Rho und Bottler (2002) nach ihrem Machtpotenzial zur Durchsetzung ihrer Interessen und dem Willen zur Machtausübung differenzieren:

•Ein relativ geringes Machtpotenzial und gering ausgeprägten Willen zur Machtausübung haben Fachverbände, wissenschaftliche Gruppierungen, Sponsoren oder auch Angehörige von Verpflegungsteilnehmern.

•Stärker ausgeprägt ist der Wille zur Machtausübung möglicherweise bei Betriebsräten, dem Heimbeirat oder auch der Gleichstellungsbeauftragten.

•Über ein hohes Machtpotenzial verfügen der Gesetzgeber und die aufsichtsführenden Institutionen wie Lebensmittelüberwachung oder Heimaufsichtsbehörde.

•Als strategische Anspruchsgruppen sind solche zu betrachten, die zusätzlich zu einem hohen Machtpotenzial auch noch über einen ausgeprägten Willen zur Machtausübung verfügen. Das ist auf jeden Fall der Träger des Betriebs und das Betriebsmanagement. Dazu gehören auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Verpflegungsteilnehmer, die Lieferanten und gegebenenfalls auch die Fremdkapitalgeber.

Im Folgenden werden die möglichen Interessen der einzelnen Anspruchsgruppen in Anlehnung an Rho und Bottler (2002) idealtypisch (und damit verkürzt) umrissen.

Der Träger eines Gemeinschaftsverpflegungsbetriebs ist zunächst an der Verwirklichung der im Leitbild festgelegten Ziele interessiert. Sofern es sich um einen wohlfahrtsorientierten Betrieb handelt (zum Beispiel Einrichtungen der Verbände der freien Wohlfahrtspflege), liegt das Wohlfahrtsziel in seinem Interesse. Außerdem ist der Träger in der Regel am Erhalt des Betriebs interessiert, wozu wiederum die langfristige Erhaltung der Liquidität notwendig ist. Ein gewinnorientierter Träger ist in der Regel am Gewinn und an der Wertsteigerung seines Betriebs interessiert. In beiden Fällen spielt auch das Image des Betriebs eine wesentliche Rolle für den Träger.

Im Falle der Fremdvergabe kommt zum Betreiber noch eine weitere Interessengruppe, der Bewirtschafter, hinzu. Das ist jener Betrieb, der die Aktivitäten zur Erstellung der Verpflegungsdienstleistung in der Küche ausführt (im Falle der Eigenbewirtschaftung sind Betreiber und Bewirtschafter identisch). Dieser Betrieb ist ebenfalls an der Verwirklichung seiner Betriebsziele interessiert. Beispielsweise sind gewinnorientierte Caterer unter anderem an der Erwirtschaftung eines Gewinns, am Erhalt des Bewirtschaftungsvertrags und an der Stabilisierung bzw. der Verbesserung des eigenen Images und der eigenen Marktposition interessiert.

Auch die Führungskräfte sind an dem Erreichen der Betriebsziele interessiert. Sie streben das vom Träger vorgegebene Wohlfahrtsziel, eine Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Verpflegungsteilnehmer sowie die Bestandssicherung und die Konkurrenzfähigkeit des Betriebs an. Letztlich wollen die Führungskräfte natürlich den Erfolg ihrer Arbeit sehen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in dem Betrieb meistens deshalb, weil sie dafür bezahlt werden. Sie streben also eine adäquate Bezahlung sowie den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes an. Daneben spielen das Arbeitsergebnis, die Gerechtigkeit am Arbeitsplatz, das Betriebsklima sowie die Anerkennung ihrer Person und ihrer Leistungen eine wichtige Rolle. Außerdem wünschen sie sich Work-Life-Balance, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Einhaltung der vertraglichen Regelungen und die Möglichkeiten zur Weiterbildung sowie zu beruflichem Aufstieg.

Die Verpflegungsteilnehmer sind die Kundinnen und Kunden im engeren Sinn. Sie wünschen sich wohlschmeckende, gesunde und abwechslungsreiche Speisen zu niedrigen Preisen. Ihren individuellen Verzehrgewohnheiten und ihren zeitlichen Restriktionen soll möglichst entsprochen werden.

Die Lieferanten haben ein Interesse an langfristigem, verlässlichem Absatz zu (aus der Sicht des Lieferanten) günstigen Konditionen sowie an der Liquidität des Betriebs zur Zahlung der Rechnungen des Lieferanten.

Die Fremdkapitalgeber (die Shareholder) haben ein Interesse an Sicherheit und Verzinsung ihrer Kapitalanlage sowie am Zuwachs des Vermögens.

Der Gesetzgeber hat ein Interesse an der Einhaltung der Gesetze und Verordnungen (zum Beispiel Hygienevorschriften, Arbeitsschutzvorschriften). Außerdem ist er als potenzieller Finanzgeber an der Finanzierbarkeit der Leistungen interessiert (zum Beispiel Unterkunft und Verpflegung von pflegebedürftigen Sozialhilfeempfängern in stationären Pflegeeinrichtungen).

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind daran interessiert, dass ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse (zum Beispiel die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr) umgesetzt werden und dass sie bei der künftigen wissenschaftlichen Arbeit unterstützt werden (zum Beispiel bei der Datenerhebung in Betrieben).

Verbände mit unmittelbaren Interessen an einem Gemeinschaftsverpflegungsbetrieb sind die Fachverbände, die Berufsverbände, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände. Außerdem tragen auch die gesellschaftlichen Verbände wie Umweltverbände, Eine-Welt-, Familien-, Frauenverbände oder Verbände von Menschen mit Behinderung Anforderungen an die Gemeinschaftsverpflegungsbetriebe heran. Alle diese Verbände erwarten, dass der Gemeinschaftsverpflegungsbetrieb gesamtgesellschaftlich verantwortlich handelt (zum Beispiel umweltfreundliche Produkte kauft, den gerechten Handel fördert usw.).

Die Angehörigen der Verpflegungsteilnehmer haben ebenfalls Anforderungen an den Gemeinschaftsverpflegungsbetrieb, sofern es sich um hilfsbedürftige Verpflegungsteilnehmer handelt. Sie erwarten vom Gemeinschaftsverpflegungsbetrieb Versorgungssicherheit, die Deckung der Bedarfe der Verpflegungsteilnehmer, Zufriedenheit bei den Verpflegungsteil nehmern und Entlastung von ihren eigenen Versorgungsaufgaben. In der Schulverpflegung und Kitaverpflegung sind viele Eltern außerdem an niedrigen Preisen interessiert.

Die Aufsichtsbehörden sind an einer reibungslosen Zusammenarbeit und an der Sicherstellung des eigenen Ansehens interessiert.

Die Sponsoren wollen vor allem das eigene Prestige und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen.

Die Gleichstellungsbeauftragte ist an der Gleichstellung aller Geschlechter in allen Belangen und an einer Erhöhung der Sensibilität für gleichstellungsrelevante Fragestellungen in der Gesellschaft interessiert.

Die Gesellschaft fordert Gerechtigkeit, die Förderung des Gemeinwohls, die Erhaltung von Werten und Moral sowie zum Beispiel konkret die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen.

Der Staat hat die Anforderung, dass seine Gesetze und Verordnungen eingehalten, Steuern und Sozialleistungen bezahlt, Arbeitsplätze bereitgestellt werden und das demokratische Staatswesen gefördert werden. Außerdem ist er im Sinne des Subsidiaritätsprinzips an Entlastung durch nichtstaatliche Träger interessiert.

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