Читать книгу Der Ultralauf-Kompass - Norbert Madry - Страница 10
Ist Ultralaufen nur etwas für ältere Läufer? He, was soll das???
ОглавлениеHinter dieser Frage steckt ein inzwischen nun wirklich überlebtes Vorurteil aus der klassischen Stadion-Leichtathletik (»wenn man nicht mehr schnell genug ist für den Sprint, geht es auf die Mittelstrecken, später dann Langstrecke, schließlich landet man beim Marathon – und Ultra ist nur was für sowieso nicht wirklich Leistungsorientierte«). Diese Sichtweise hat sich ja bereits beim Marathon komplett erledigt. Reihenweise zeigen hier auch und gerade bei WMs ganz junge Läufer und Läuferinnen in ihren frühen Zwanzigern den Mittdreißigern, wo der Hammer hängt.
Inzwischen gibt es doch einige Beispiele von Athleten, die sich bereits in jungen Jahren auf die Ultradistanzen verlegt haben. Unser 24-h-Weltmeister Florian Reus z. B. hat überhaupt keine noch so kurze Langstrecken- oder Marathonkarriere hinter sich, sondern seine ersten wirklich ambitionierten Wettkämpfe waren gleich Ultras und auch dort ist er ziemlich schnell bei den 24 h und Wettkämpfen ähnlicher Dauer gelandet. U. a. ist er mit 22 Jahren erstmals deutscher Meister und mit 28 erstmals Europameister in seiner Spezialdisziplin geworden, den Welttitel holte er als 31-Jähriger.
Ältere Läufer haben neben den vielen Nachteilen der altersbedingt verminderten Schnellkraft, Beweglichkeit, Koordination, Herzfrequenz etc. einen kleinen Vorteil gegenüber den jungen Wilden: Sie sind in der Regel nicht mehr ganz so überehrgeizig, haben schon so manche bittere Erfahrung gemacht und lassen sich etwas weniger als die Jungen durch ein unüberlegtes (Anfangs-) Tempo aus dem Konzept bringen. Und sie haben ein läuferisches Selbstbewusstsein entwickelt, das sie aus der einen oder anderen schlechten Phase während des Wettkampfs schneller herausführt. Das sind kleine Vorteile, die gerade auf den sehr langen Distanzen schon wichtig werden können.