Читать книгу Der Ultralauf-Kompass - Norbert Madry - Страница 18
Macht Ultralaufen doof? Ja, aber glücklicherweise nur vorübergehend.
ОглавлениеDu hast bestimmt schon erlebt, z. B. jenseits von km 30 eines voll gelaufenen Marathons, dass Dir einfaches Kopfrechnen nicht mehr gelingt, dass Dir alle möglichen queren Assoziationen ungefragt durch den Kopf tanzen, dass Du einen verdammt engen Tunnelblick bekommst, keine vernünftigen Sätze mehr rausbekommst (und zwar nicht wegen Atemnot) usw. usw. Das gibt sich alles spätestens eine Viertelstunde nach dem Finish. Bei Ultraläufen können ganz ähnliche Phänomene auftreten – hier eher durch die Dauer als die Intensität der Anstrengung. Im 24-h-Lauf kann es Phasen geben, in denen man quasi im Laufen »pennt« – alle Deine Wahrnehmungssinne sind auf absoluten Energiesparmodus runtergefahren. So lange Du dabei vorwärts läufst und nicht an den minimalsten Bodenunebenheiten hängen bleibst, gar nicht mal so schlecht … Aber in einem Wettkampf ist es schon besser, wenn man zu jeder Zeit relativ wach und aufmerksam durch die Gegend läuft. Ilona Schlegels »Dilledöppchen« haben als Betreuer in 24-h-Rennen meist in den grauen Morgenstunden (für alle) gut lesbare Schilder mit Rätselfragen oder ganz einfachen Fragen (»Was ist Deine Startnummer?«) in die Laufrichtung gehalten und z. B. auch mich »Penner« wachgerüttelt – die wussten, dass man vorübergehend doof werden kann und dass man für ein ordentliches Finish besser wieder seine sieben Sinne zusammensuchen sollte.
Langfristige Wirkungen hab ich weder bei mir noch anderen Ultras festgestellt. Sogar die Studie an den Teilnehmern des Transeuropalaufs 2009 hat per Messungen ergeben, dass die Gehirnmasse während der 67 Tage und 4500-Lauf-km tatsächlich im Schnitt um ein paar Gramm abgenommen hatte, aber nach ein paar Wochen »normalem« Leben bzw. Laufen alles wieder auf dem alten Stand war.