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I. Begriff des Leasings
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Der Begriff „Leasing“ ist weder im deutschen Zivil- noch im Steuerrecht definiert. Auch in der Wirtschaftspraxis wird der Begriff nicht einheitlich verwendet. Geht man von einem zivilrechtlichen Ansatz aus, so resultiert die Begriffsvielfalt insbesondere daraus, dass das Rechtsinstitut des Leasings dem angloamerikanischen Rechtsinstitut des lease entlehnt ist, was soviel bedeutet wie Miete oder Pacht; im BGB ist aber keine generelle gesetzliche Definition zu finden. Konkretisiert wurde das Rechtsinstitut des Leasings erst durch (höchst-)richterliche Rechtsprechung und insbesondere durch die Leasingerlasse der Finanzverwaltung. In der deutschsprachigen Literatur werden Leasingverträge überwiegend als Gebrauchsüberlassungsverträge interpretiert, die in wesentlichen Merkmalen dem Mietvertrag entsprechen und auf die primär Mietrecht anzuwenden ist.[1]
Die fest vereinbarte Mietdauer (Grundmietzeit) wird ausgerichtet nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Mietobjektes. Sie liegt (aus steuerlichen Gründen) in der Regel zwischen 40 und 90 % dieses Zeitraums. Die Miete setzt sich zusammen aus den Zinsen und der Amortisation für das vom Leasinggeber eingesetzte Kapital und einem Zuschlag für Kosten, Risiko und Gewinn des Leasinggebers.
Kosten des Mietobjektes (Abgaben, Versicherungen usw.) werden dem Leasingnehmer meistens gesondert in Rechnung gestellt. Instandhaltung und Unterhaltung werden meist von ihm unmittelbar übernommen.
Nach der Rechtsprechung des BGH sind Finanzierungs-Leasingverträge in erster Linie den mietvertraglichen Bestimmungen der §§ 535 ff. BGB zuzuordnen.[2] Danach ist die Überlassung des Mietgegenstandes in gebrauchsfähigem Zustand die Hauptpflicht des Leasinggebers; der Erwerb des Leasinggegenstandes durch den Leasinggeber und die anschließende Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt an den Leasingnehmer erweisen sich nach Vertragsinhalt und Zielsetzung der Parteien als so wesentlich, dass darin der „zentrale Inhalt“ des Leasingvertrages gesehen wird.[3]
Für den Leasingvertrag typisch ist eine zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern, für die der Leasingnehmer an den Leasinggeber ein periodisches, in Ausnahmefällen auch einmaliges Entgelt, die Leasingraten, zu bezahlen hat. Im finanzwirtschaftlichen Zusammenhang stellt Leasing ein Kreditsubstitut einer langfristigen Fremdfinanzierung dar, die die Darlehensfinanzierung von Kreditinstituten ersetzt bzw. ergänzt,[4] wobei bankwirtschaftlich die Leasingfinanzierung zumindest bisher nicht zu den Bankgeschäften i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG gehört.[5] Auf Basis dieser Grundlage haben sich in der Praxis verschiedene Erscheinungsformen des Leasings herauskristallisiert, die sich ständig – den Markterfordernissen anpassend – weiterentwickeln.
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Ist das so genannte Operating-Leasing (Operate-Leasing) einem klassischen Mietverhältnis vergleichbar, versteht man unter Finanzierungs-Leasing die langfristige Vermietung von (beweglichen und unbeweglichen) Investitionsgütern. Die Objekte werden dabei vom Vermieter (Leasinggeber) nach den Bedürfnissen und Vorstellungen des meist bereits von vornherein feststehenden Mieters (Leasingnehmer) angeschafft oder hergestellt. Die Dauer des Vertrages und die Höhe der Mietraten werden so bemessen, dass der Leasinggeber während der Mietdauer seine Investitionskosten aus den Mieten ganz oder doch zum überwiegenden Teil amortisieren kann. Dem Leasingnehmer wird häufig ein Kaufrecht am Mietobjekt eingeräumt, das er bei Beendigung des Mietvertrages ausüben kann.[6]
Hieraus wird ersichtlich, dass es sich beim Finanzierungs-Leasing zwar im Kern um Mietverhältnisse handelt, dass diese aber stark mit Elementen eines Kaufvertrages durchsetzt sind. Es stellt ein Finanzierungsinstrument eigener Art dar, das dem Leasingnehmer eine 100 %ige Fremdfinanzierung ermöglicht. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz fand erstmalig der Leasingbegriff Einzug in das BGB. Nach § 500 BGB finden auf Finanzierungs-Leasingverträge als wichtigsten Fall einer „sonstigen Finanzierungshilfe“ zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gewisse Widerrufs- und Rücktrittsrechte Anwendung.[7]
Insbesondere beim Immobilien-Leasing geht die Tätigkeit des Leasinggebers oft weit über die Finanzierung hinaus und umfasst vielfach Planung, Bauausführung und Sicherung des Objektes (Brutto-Leasing).
Der zivilrechtlichen Grundwertung als Mietvertrag steht nach der Rechtsprechung des BGH nicht entgegen, dass das Finanzierungs-Leasing kein reiner Mietvertrag im herkömmlichen Sinne ist, sondern entsprechend der besonderen Finanzierungsfunktion mit Elementen anderer Vertragstypen durchsetzt ist, etwa der weit verbreiteten Regelung, dass die mietrechtliche Gewährleistungshaftung (§§ 536 ff. BGB) durch die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche (§§ 434 ff. BGB) an den Leasingnehmer ersetzt wird. Immerhin hat der BGH entschieden, dass in diesen Fällen bei Ausübung des Rücktrittsrechts (früher: Vollzug der Wandlung) für den Leasingvertrag von Anfang an die Geschäftsgrundlage entfällt.[8]
Damit trägt letztlich der Leasinggeber das Risiko, dass dem Leasingnehmer ein funktionsfähiger Leasinggegenstand zur Verfügung gestellt wird; auch dadurch unterscheidet sich der Leasinggeber, worauf von Westphalen[9] zutreffend hingewiesen hat, deutlich vom bloßen Darlehensgeber. Bei diesem zivilrechtlichen Hintergrund ist ein Grundkonsens in der rechtlichen Wertung des Finanzierungs-Leasings im bürgerlichen Recht und im Steuerrecht festzustellen. Danach ist der Leasingvertrag regelmäßig ein – wenn auch nicht typenreiner – Gebrauchsüberlassungsvertrag (Mietvertrag), der primär den Regeln des Mietrechts unterliegt. Das ist nur dann anders, wenn die vertragliche Gestaltung das bürgerlich-rechtliche Eigentum des Leasinggebers so weit entwertet, dass bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist. Auch insoweit geht das Steuerrecht mit der Zuordnungsnorm des § 39 AO jedoch keine eigenen Wege. Denn auch für den Ausweis von Vermögensgegenständen in der Handels- bzw. Steuerbilanz kommt es entscheidend auf das wirtschaftliche Eigentum an.[10]