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Die Wagen kamen nicht. Auch nach Stunden, in denen Paulchen wieder erklärte und mutmaßte, was an der Grenze los sei, dass die Grenzer da sicher überfordert seien, man müsse das verstehen und so weiter.

Nur ein Bauer kam näher am Vormittag, auf einem alten Traktor ohne Nummernschild. Hier sei aber gar keine Straße. Die Allee, nein, die führe nicht nach drüben. Die Richtung, ja, die sei die richtige. Aber die Straße mache einen Knick hinten. Warum wir denn nicht bis ans Ende gefahren seien, da hätten wir es doch gesehen.

Ich vermied es, Paulo anzusehen. Ich fluchte leise, denn ich kannte den Grund natürlich. Er war so dämlich, dass er nur Paulo hatte einfallen können: Wir waren nicht weiter gefahren, weil hier der bessere Platz war. Das hatte Paulo gesagt, vor Stunden, als wir angekommen waren. Hier hat man den besten Platz, wie eine Bühne, genau richtig für zwei Hauptdarsteller, wie wir es seien, hatte er gelacht, es aber ernst gemeint. Die Allee wurde breiter hier, freier, der Himmel war besser zwischen den kahlen Ästen zu sehen. Unser Auto stand am Rand, die erwartete Kolonne würde bestens an uns vorbeikommen, der beste Platz zum Winken und Jubeln.

Ich wandte mich ab, als der Bauer Paulo den Weg zum neu geöffneten Grenzübergang schilderte.

Wir fuhren auch hin, sahen die Kolonne, stiegen aber nicht aus. An einer Kreuzung wurden wir hineingelassen in die Schlange und waren bis zum Ortsausgang ein Teil der bejubelten Ostkarawane. Wurden ebenso beklatscht, uns wurde zugewunken, flache Hände klopften auf die Motorhaube, auf das Dach, von aufmunternd nickenden Trägern grauer Übergangsjacken. Niemand wunderte sich anscheinend über unser Westauto und Westkennzeichen.

Die Scheiben ließen wir aber oben, versuchten zu lächeln. Kurz vor Ende der Schlange begann Paulo heiser zu kichern. Dann verflüchtigte sich der Spuk.

Die erste Stunde auf dem Heimweg schwiegen wir, die anderen schlief ich.

Auf dem Weg, irgendwo, ich hatte gedöst, schlug mir Paulo gegen den Oberschenkel.

»Peter, aufwachen! Wach auf, Mann.«

»Was?«

»Schnell, guck mal!«

Er hatte den Wagen gestoppt, mitten auf der Landstraße.

»Bist du bescheuert? Warum hältst du an?« Dann sah ich es auch. Das heißt, meine Augen flogen hin- und her, schnappten, was sie zu sehen bekamen.

»Licht aus, Mann, schnell!«

Kühe rannten auf uns zu, viele, trabten, wuchteten ihre schweren Körper uns entgegen, an uns vorbei. 30, 40 rennende, dampfende Kühe. Eine ausgebrochene Herde, kein Zweifel.

Paulo hatte das Licht runtergeschaltet, den Warnblinker an. Er hupte ein, zwei Mal.

Der Donner ließ das Blech vibrieren, der Atem der Viecher die Scheiben beschlagen. Oder waren wir das? Ein graubunter Strom fuhr, floss an uns vorbei, es wurde dunkel und, wie wenn es donnert und regnet. Der Wagen schien nach innen gedrückt zu werden. Ein Gewitter aus Kuhleibern.

»Die rennen uns um, eine rennt uns um! Die können nicht so schnell ausweichen. Guck dir das an!«

Paulos Augen, sein Mund, sein ganzes Gesicht stand offen. Ich nickte, meinte es aber nicht aus vollem Herzen.

Ich empfand keine Furcht, spürte das Getrommel der Hufe im Bauch, wagte es, mein Seitenfenster einen Spaltbreit zu öffnen, wandte nicht die Augen von dem Schauspiel ab. Eine Kühle stieg in mir hoch, das Grollen berauschte mich. Und dann wurde es weniger und war bald vorbei. Ein oder zwei Kühe holperten noch an uns vorbei, schlugen gegen den Außenspiegel, aber keine landete direkt auf dem Kühler. Ich fühlte mein pulsierendes Blut.

Paulo startete den Wagen, schaltete das Licht wieder an, fuhr zügig los. »Hast du das schon einmal erlebt?«

»Nein, aber es fühlt sich gut an.«

»Also, mir hat das gereicht.«

»Mir nicht.«

Grosse Fahne West

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