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Lanz gefiel mir sofort. Der wollte wissen, ohne doof zu fragen. Der kriegte etwas mit. Lanz hatte dunkle Haare, war ein bisschen größer als ich. Hatte einen respektlosen Blick, der kaum nachließ, egal, was passierte.

Lanz hieß eigentlich Thomas Basil Schmidt, den Mittelnamen hatte er von seinem männlichen Vorfahren Basil Marius Hefferkemper, der rund um Zembin ein lokaler Reformator gewesen war.

Freunde waren wir schon nach einer Stunde.

Mir kam es vor, als hätte ich auf so jemanden gewartet, als sei Lanz schon immer da gewesen, nur eben nicht bei mir.

Lanz brauchte Schuhe. Möglicherweise brauchte er auch keine, wollte aber die hundert Mark umsetzen, zumindest einen Teil davon, erleben, wie es war, etwas im Westen zu kaufen.

Schuhe? Ich führte unsere kleine Gruppe zu Schuh-Balzer, wo man in Feddering hinging. Hildegard Balzer kniete im hinteren Teil vor einem Kunden, grüßte winkend zum Zeichen, dass sie unser Eintreten bemerkt hatte.

Ihr Rufen hatte das Erscheinen ihrer Tochter Astrid zur Folge. Sie war so alt wie ich, wir waren gemeinsam in einer Grundschulklasse gewesen. Astrid schlug sich gewinnend die langen Haare nach hinten über die Schulter. Ich begrüßte sie, sie mich, ich stellte die anderen vor, Lanz insbesondere als den mutmaßlichen Kunden.

»Welche Größe? 42 oder 43?«

»Groß auf jeden Fall.« Lanz war nicht unbeeindruckt von der hübschen Astrid. Er überhörte ihren eingeübten Verkäuferinnensingsang, der mich auf Distanz zu ihr hielt.

Astrid schlug vor, pries an, holte Kartons aus dem Lager, das nur aus einem hohen Flur mit Regalen bis zur Decke bestand.

Sie vermied es, Lanz mit »Du« oder »Sie« anzusprechen, ließ die Hände ein ums andere Mal ihre Mähne nach hinten befördern und sprach eine halbe Oktave höher, als sie es sonst tat.

Lanz konnte nicht an ihr vorbeisehen, an ihren körperlichen Vorzügen, er scherzte mit ihr, brachte sie tatsächlich auch zum Lachen, ein Aussetzer ihrer »Schuh-Balzer«-Fassade.

»Willst du jetzt wirklich Schuhe kaufen?«

»Aber ja doch, wo ich doch hundert Mark geschenkt bekommen habe. So läuft das doch mit der Marktwirtschaft, oder?«

»Ja, so läuft das.« Astrid lachte wieder.

»Ist nämlich das erste Mal.«

»Wie bitte?«

»Dass ich was kaufe. Im Westen.«

»Ja, klar!«

»Schuhe. Ist doch gut, brauchst mir jetzt auch keinen Rabatt zu geben. Ostrabatt.«

»Hatte ich nicht vor.« Astrid ließ die Haare vor ihrem Gesicht, während sie Lanz den Schuh zuband. Ich sah, dass es gerötet war.

»Drücken ein bisschen, vor allem der rechte.«

»Müssen erst noch eingelaufen werden, vor allem der rechte.«

»Das ist ja wie bei uns.«

»Willst du jetzt die Schuhe oder willst du sie nicht?«

Grosse Fahne West

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