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2.1.1 Terminologische Vorbemerkung: Ökonomie und Wirtschaft

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Aus Gründen terminologischer Sorgfalt beginnen wir mit einigen Vorbemerkungen über die Begriffe der Ökonomie und der Wirtschaft. In diesem Buch geht es sowohl um Wirtschaftswissenschaft als auch um Wirtschaft. Wir werden uns dabei erlauben, zwanglos von »Ökonomie« zu sprechen, auch wenn dies eine Uneindeutigkeit mit sich bringt. Anders als in Physik oder Psychologie, in welcher begrifflich zwischen »physisch« und »physikalisch«, »psychisch« und »psychologisch« unterschieden werden kann, steht dann nämlich kein Begriffspaar zur systematischen Unterscheidung zwischen dem Gegenstand und der Lehre zur Verfügung. Das Wort »ökonomisch« steht für beides, weshalb ein Ausdruck wie »ökonomisches Problem« zweideutig ist und sowohl ein wirtschaftliches wie ein wirtschaftswissenschaftliches Problem bezeichnen kann.10 Wenn man sich dessen aber einmal bewusst ist, kann man sich diesen Wortgebrauch ohne Gefahr des Missverständnisses erlauben.

Die Wirtschaftswissenschaft oder Ökonomie als Disziplin erforscht ihrem Namen nach »die Wirtschaft«. Unter dieser Bezeichnung verstehen wir nun nicht das Gesamt der (privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisierten) Unternehmen, so wie dies in Politik und Tagespresse oft der Fall ist, wenn z. B. von den »Interessen der Wirtschaft« gesprochen wird. Vielmehr ist das Gesamt der wirtschaftlichen Handlungen der Menschen gemeint. Man könnte vielleicht weniger missverständlich von »dem Wirtschaften« sprechen.

Es hat sich durchgesetzt, unter den wirtschaftlichen Handlungen diejenigen zu verstehen, die der planmäßigen Bedürfnisbefriedigung unter gegebenen Ressourcen und gegebenen technischen Möglichkeiten dienen. Wenngleich diese Definition oft auch von den Kritikern der herrschenden Lehre akzeptiert wird, sollte man ihr gleichwohl misstrauen, da diese Definition nicht neutral, sondern vielmehr schon auf das Programm der Neoklassik zugeschnitten ist.11 Sie legt sich in der Rede von der Bedürfnisbefriedigung nämlich erstens einseitig auf die Perspektive des Konsumenten fest, legt es zweitens insbesondere nahe, seine Bedürfnisse als gegeben zu betrachten (als »exogene Variable«, wozu später mehr), und neigt drittens dazu, den Wirtschaftsprozess auf den Markt als Mechanismus der effizienten Ressourcenallokation zu reduzieren. Es wird zu überlegen sein, ob nicht eher der Fokus auf den gesamtgesellschaftlichen Prozess zu legen ist, wobei insbesondere die Offenheit gegenüber der Umwelt nicht verdeckt werden sollte.

Einige Autoren schlagen in diesem Sinne wieder vor, vom Wirtschaftsprozess als dem gesellschaftlichen »Metabolismus« (Stoffwechsel) zu sprechen, wie dies etwa für Karl Marx selbstverständlich war.12 Diese Redeweise beutet eine biologische Analogie aus, die es erlaubt, bestimmte Merkmale des Wirtschaftsprozesses hervorzuheben, die er mit dem Organismus teilt: in beiden Fällen hat man es mit einem offenen, dynamischen und selbstregulierenden System zu tun. Der ›Lebensprozess‹ der Gesellschaft besteht darin, unter gegebenen Ressourcen und technischen Möglichkeiten seine wesentliche Struktur im Stoffwechsel mit der Umwelt selbstorganisiert zu reproduzieren. Ein anderer Autor erwägt, von der Wirtschaft allgemeiner als einem »autopoietischen System« zu sprechen, was es erlaubt, auch die Unterschiede zu benennen, welche die Wirtschaft vom biologischen Organismus trennen. Anders als bei diesem beruht der Organisationsmodus des Wirtschaftsprozesses beispielsweise auf kommunikativen Prozessen und zweckhaften Handlungen der Individuen.13

Dieser weitere Begriff des Wirtschaftens bietet die Möglichkeit, auch eine Einwirkung der kollektiven Prozesse auf die Bedürfnisse der Individuen zu erfassen (sprich die Bedürfnisse als »endogene« Variable zu behandeln), was sich als nützlich und vielleicht sogar erforderlich erweisen wird.

Die klassisch unterschiedenen wirtschaftlichen Aktivitäten umfassen die Produktion, die Distribution, insbesondere den geldvermittelten Tausch, sowie die Konsumtion der Güter. Fließen die Güter und andere Faktoren wieder in die Produktion ein, statt konsumiert zu werden, spricht man von Allokation statt von Distribution. Neben diesen klassischen Aktivitäten werden heute auch der Umgang mit den Ressourcen und den Abfällen betont. Die wirtschaftlichen Akteure umfassen neben Privatpersonen oder Privathaushalten auch Unternehmen, Regierungen und Zentralbanken, aber auch die teilweise äußerst mächtigen Kapitalgesellschaften.14

Wirtschaft im Kontext

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