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2.2.5 Werte und Preise: Das Marginalprinzip

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Die Vorstellung vom Gütertausch zur wechselseitigen Nutzenmaximierung enthält implizit eine ökonomische Werttheorie. Die ältere Politische Ökonomie von David Ricardo bis Marx ging von einem (in bestimmtem Sinne) objektiven und den Gütern intrinsischen, nämlich durch die in der Produktion verausgabte Arbeit bestimmten Wert aus, der die Tauschproportionen und somit insbesondere die Preise bestimmte. In dem Bild des Tausches, wie wir es eben nachzeichneten, fehlt allerdings eine solche äußere Zwangsbedingung. Die Individuen tauschen in Proportionen, die sich allein aus dem Streben nach Nutzenmaximierung unter gegebenen Gütermengen und Präferenzordnungen ergeben. Man könnte sagen, an die Stelle des objektiven Werts sei die subjektive Wertschätzung getreten.

Erinnern wir uns daran, dass der Nutzen eines Gutes von der bereits im Besitz befindlichen Menge solcher Güter abhängt, nämlich jedes weiter hinzutretende Gut von geringerem Nutzen ist. Dieses Prinzip des Grenznutzens ist grundlegend für die neoklassische Ökonomie, auf ihm basiert insbesondere auch die neoklassische Theorie der Produktion und des Lohns (↓ 2.2.6, S. 31). Seine Stärke wird meist anhand des sogenannten Wertparadoxes aufgezeigt, welches in der merkwürdigen Tatsache besteht, dass ziemlich nutzlose Diamanten viel teurer sind als überlebenswichtiges Wasser. Das Paradox lässt sich durch das Marginalprinzip leicht auflösen: entscheidend für den Preis ist nicht der Nutzen, sondern der Grenznutzen, das heißt der Nutzen einer zusätzlichen Wareneinheit über den Bestand hinaus. Wasser ist (vielerorts, angeblich) in Hülle und Fülle vorhanden, Diamanten hingegen sind rar. Eine jeweilige zusätzliche Einheit wird daher anders bewertet, als es die praktische Bedeutung der Güterart erwarten ließ. Es ist freilich nicht so, dass die älteren Ökonomen diesem Paradox hilflos ausgesetzt waren. Das Paradox tritt im Gegenteil nur auf, wenn der ökonomische Wert durch den Gebrauchswert determiniert werden soll. Bei Ricardo oder Marx waren dies aber strikt unterschiedene Dimensionen. Gebrauchswert wurde zwar als Bedingung dafür betrachtet, dass sich ein Gut überhaupt verkaufen lässt, der Preis wurde aber als durch andere Größen bestimmt vorgestellt, nämlich durch die zur Herstellung notwendige Arbeitszeit.

Bleibt darzulegen, wie sich aus dem Marginalprinzip über die Marktpreise das konkrete Konsumverhalten ableiten lässt. Verfügt ein Marktakteur über eine gegebene Menge Geld und kann dafür in frei zu wählendem Verhältnis zwei verschiedene Produkte erstehen, wird er das Verhältnis so wählen, dass die beiden Gütermengen x und y zu identischen Grenznutzen für jede weitere ausgegebene Geldeinheit führen. Denn solange die Grenznutzen nicht dieselben sind, könnte der Akteur seinen Nutzen maximieren, indem er seinen Warenkorb zugunsten des Produkts mit höherem Grenznutzen umschichtet. Es stellt sich mithin mechanisch ein Gleichgewicht ein, in welchem das Verhältnis der Gütermengen x/​y schließlich so bestimmt ist, dass das Verhältnis ihrer relativen Preise P (x)/P (y) für diesen Akteur gleich dem Verhältnis ihrer beider Grenznutzen MU (für marginal utility) ist:

MU(x)/P(x) = MU(y)/P(y) bzw. P(x)/P(y) = MU(x)/MU(y). (2 - 1)

So ergibt sich für das jeweilige Individuum der relative Preis zweier Güter genauer als das Verhältnis ihrer beider Grenznutzen. Diese subjektive Wertlehre macht die sogenannte Grenznutzenlehre aus, die in den 1870ern entstand und mit den Namen William Stanley Jevons, Léon Walras und Carl Menger verbunden ist. Die Attraktivität, die dieser Ansatz für die Ökonomen hat, beruht nicht zuletzt darin, dass das Marginalprinzip eine direkte Entsprechung in der mathematischen Ableitung hat, was es erlaubt, allen Sätzen dieser Theorie einen eleganten mathematischen Ausdruck zu geben.

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