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ОглавлениеEinleitung: Vom Gebet
1.
In meiner Ausgabe des griechischen Textes von Origenes’ Schrift „Vom Gebet“ (Origenes Werke Bd. I S. LXXVff.) habe ich nachzuweisen gesucht, daß für ihre Abfassung etwa die Jahre 233 oder 234 anzusetzen seien. Mit größerer Sicherheit können wir über den Anlaß ihrer Entstehung urteilen. Der bekannte Freund und Gönner des Origenes, Ambrosius, hatte den eben mit der Bearbeitung des Johannes-Kommentars beschäftigten Theologen aufgefordert, schriftlich gegen eine damals verbreitete falsche Ansicht, wonach der Erfolg der Gebete zweifelhaft und das Beten überflüssig sei, Stellung zu nehmen; vgl. De or. cap. 5. Origenes ist dieser Aufforderung mit Eifer nachgekommen und hat die Abhandlung über das Gebet wahrscheinlich rasch und ohne besondere Vorbereitung niedergeschrieben. Das Material war ihm bei seiner staunenswerten Bibelkenntnis zur Hand, und die Sache erforderte Eile, damit sich die erwähnte falsche Ansicht nicht weiter verbreiten könnte. Origenes widmete seine Schrift dem Ambrosius und der Tatiana, einer frommen und dem Ambrosius nahe stehenden Christin.
Die Bedeutung der Schrift „Vom Gebet" liegt vor allem darin, daß Origenes hier zuerst alle den Ursprung, das Wesen, die Form und den Inhalt des Gebets betreffenden Fragen berührt und teilweise recht ausführlich erörtert hat. Die späteren Bearbeiter desselben Themas kennen natürlich die Bearbeitung des Origenes1. Daß diese selbst noch lange Zeit gern gelesen worden ist, wird durch ihre Erhaltung bis auf unsere Zeit bewiesen.
2.
Der Titel der Schrift ist von Origenes selbst als περὶ εὐχης, Vom Gebet, angegeben (vgl. Origenes’ Werke, Band I S. LXXVIII). Ihre Gliederung ist einfach und durchsichtig und von Origenes am Anfange des letzten Kapitels angedeutet. Danach sind zwei Teile zu unterscheiden: ein all gemeiner, über das Problem des Gebets, und ein spezieller, über das Vaterunser. Da aber Origenes am Schlusse noch einige Nachträge zum ersten allgemeinen Teil hinzufügt, so liegen tatsachlich drei Teile vor.
In der Einleitung (cap. 1. 2) wird vor allem der Gedanke, daß wir von selbst nicht wissen, was und wie wir beten sollen, nach Rom. 8, 26. 27 durchgeführt.
In dem ersten Teile (cap. 3-17) spricht Origenes von dem Gebet im allgemeinen, und zwar 1. von den Namen εὐχὴ und προσευχὴ (cap. 3. 4), 2. dem Zweck, der Notwendigkeit und dem Nutzen des Gebets (cap. 5-13), 3. dem Inhalt und der Art des Gebets (cap. 14-17).
Dann folgt der zweite Teil üb er das Vaterunser (cap. 18-30). Der Erklärung der einzelnen Bitten (cap. 22-30) geht eine besondere Einleitung (cap. 18-21) voraus.
Den dritten Teil bildet ein Nachtrag zum allgemeinen Teile (cap. 31-33), der allgemeine Vorschriften über Stimmung und Haltung des Betenden, den Gebetsort, die Himmelsgegend, wohin der Betende blicken soll, und die einzelnen Teile des Gebets enthält.
In einem kurzen Schlußwort spricht Origenes die Bitte aus, Ambrosius und Tatiana möchten sich einstweilen mit dem Gebotenen begnügen.
Die Schrift „Vom Gebet" ist vor andern Schriften des Origenes durch Tiefe und Innigkeit der religiösen Empfindung ausgezeichnet. Auch hebt der Verfasser gewisse Grundanschauungen seines Glaubens gerade hier deutlich hervor, so daß die Schrift für die Kenntnis seines theologischen Systems von Wichtigkeit ist.
3.
Der griechische Text dieser Abhandlung ist uns nur durch eine Handschrift, den Codex Cantabrig. Colleg. S. Trinitatis B. 8. 10 saec. XIV, ursprünglich in der Bibliothek von Worms, überliefert. Leider enthält die Handschrift am Anfange mehrere Lücken, die der Schreiber offenbar in seiner Vorlage vorgefunden hat, ohne imstande zu sein, sie mit Hilfe einer andern Handschrift zu ergänzen. Aus dieser einzigen handschriftlichen Quelle stammen sämtliche bis jetzt erschienenen Ausgaben: die editio princeps, Oxford 1686, die von Rudolf Wettstein, Basel 1694, besorgte Ausgabe, die vortreffliche von Reading, London 1728, die von Delarue (tom. I Paris 1733) und von Lommatzsch (tom. XVII Berlin 1844), endlich die neueste in der Berliner Sammlung der griechischen Kirchenväter, Leipzig 1899. Für alle Fragen der Textkritik verweise ich auf den kritischen Apparat dieser von mir besorgten Ausgabe. Die erste, und zwar sehr anerkennenswerte deutsche Übersetzung der Schrift hat Dr. Jos. Kohlhofer, Kempten 1874, für die Bibliothek der Kirchenväter besorgt Ich habe sie mit Nutzen für meine fertige Übersetzung zum Vergleich herangezogen.