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Erster Teil: Vom Gebet im allgemeinen

III

1.

Zuerst nun finde ich, soweit meine Beobachtung reicht, das Wort εὐχή an der Stelle der Schrift angewendet, als Jakob, „vor dem Zorn seines Bruders Esau fliehend, nach Mesopotamien“ wegging, gemäß den Warnungen des Isaak und der Rebekka46. So aber lautet das Schriftwort: „Und Jakob tat ein Gelübde47, indem er sprach: wenn Gott der Herr mit mir ist und mich auf diesem Wege, den ich wandle, behütet, und mir Brot zu essen und ein Kleid zum Anziehen gibt und mich wohlbehalten in das Haus meines Vaters zurückkehren läßt: so wird der Herr mein Gott sein, und dieser Stein, den ich als Mal aufgestellt habe, wird mir Gottes Haus sein; und von allem, was du mir gibst, werde ich dir den Zehnten entrichten48.“ …49

2.

Hier ist auch zu bemerken, dass das Wort εὐχή (= Gebet und Gelübde), vielfach in seiner Bedeutung verschieden von προσευχή (= Gebet zu Gott), bei dem gebraucht wird, der mit einem Gelübde verspricht, er werde dies oder das tun, wenn er dies von Gott erlange. Freilich wird der Ausdruck auch für das verwendet, was wir nach unserem gewöhnlichen Sprachgebrauch so bezeichnen; z.B. fanden wir es so im Exodusbuch nach der Plage mit den Fröschen, der zweiten in der Reihe der zehn, …50 „Pharao berief den Mose und Aaron und sagte zu ihnen: betet für mich zum Herrn, dass er die Frösche von mir und meinem Volke wegnehme; so will ich das Volk entsenden, dass sie dem Herrn opfern.51“ Wenn aber jemand deshalb, weil der Pharao das Wort εὒξασθε (= betet) gebraucht, nicht glauben will, dass εὐχή außer der früher erwähnten Bedeutung (=Gelübde) auch die gewöhnliche (=Gebet) habe, so muß er auch die Fortsetzung der Stelle beachten, die so lautet: „Es sprach aber Mose zu Pharao: ordne an, wann ich für dich und deine Diener und dein Volk beten soll(= εὒξομαι), um die Frösche von dir und deinem Volk und aus euren Häusern zu entfernen; nur in dem Fluß sollen sie übrig bleiben52.“

3.

Wir bemerken aber, dass bei den Stechmücken der dritten Plage, weder Pharao ein Gebet veranlassen will, noch Mose eins spricht 53. Bei der Hundsfliege aber, der vierten Plage, sagt er: “Betet nur für mich zum Herrn54”, als auch Mose sprach: “Ich werde von dir weggehen und zu Gott beten, und die Hundsfliege wird morgen von Pharao, seinen Dienern und seinem Volke weichen55”; und bald darauf (heißt es): “Mose aber ging weg von Pharao und betete zu Gott.56” Während ferner bei der fünften und sechsten Plage, weder Pharao ein Gebet veranlassen wollte, noch Mose betete, “sandte” bei der siebenten “Pharao (Boten) und berief den Mose und Aaron und sagte zu ihnen: ich habe jetzt gefehlt; der Herr ist gerecht, ich aber und mein Volk, wir sind gottlos. Betet nun zu dem Herrn, dass er die Donnerschläge und Hagel und Feuer aufhören läßt57; und bald darauf (heißt es):”Mose ging von Pharao weg zur Stadt hinaus und breitete seine Hände zu dem Herrn aus, und die Donnerschläge hörten auf58." Warum aber nicht wie bei den vorigen (Plagen) gesagt ist: “und er betete”, sondern “er breitete seine Hände zu dem Herrn aus”, ist passender an einer anderen Stelle zu untersuchen59. Bei der achten Plage aber sagte der Pharao: “Und betet zu dem Herrn, eurem Gott (für mich), dass er von mir diesen Tod abwende. Mose aber ging hinweg von Pharao und betete zu Gott60.”

4.

Vielfach aber ist, wie gesagt 61, das Wort εὐχή nicht nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch (=Gebet) gesetzt, wie z.B. bei Jakob62 aber auch im Leviticus: „Der Herr redete zu Mose und sprach: rede mit den Kindern Israel und sage zu ihnen: wer ein Gelübde ablegt, so dass er den Schätzungswert seiner Person dem Herrn (gelobt), so wird der Schätzungswert des Mannes sein, von dem zwanzigsten bis zum sechzigsten Jahre wird sein Schätzungswert sein fünfzig Doppeldrachmen Silber nach dem heiligen Gewicht63“; und im Buche Numeri steht: „Und der Herr redete zu Mose und sprach: Rede mit den Kindern Israel und sage zu ihnen: Mann oder Weib, wer ein großes Gelübde ablegen will, um sich zur Sühnung dem Herrn zu weihen, so soll er sich des Weins und berauschenden Getränkes enthalten64“, und so weiter über den so genannten Nasiräer; dann kurz darauf: „Und er soll sein Haupt an jenem Tage heiligen, an welchem er dem Herrn geheiligt wurde (für) die Tage seines Gelübdes65“, und weiter kurz darauf: „Dies ist die Bestimmung für den, welcher ein Gelübde abgelegt hat: an welchem Tage er die Zeit seines Gelübdes erfüllt hat66“, und weiter kurz darauf: „und hierauf kann der Gottgelobte (wieder) Wein trinken. Dies ist die Bestimmung für den Geweihten, welcher dem Herrn sein Opfer wegen des Gelübdes dargebracht hat, abgesehen von dem, was (außerdem) seine Hand (an Opfern) findet, gemäß der Kraft seines Gelübdes, das er abgelegt hat nach dem Gesetz der Heiligung67“; und am Ende des Buches Numeri: „Und Mose redete zu den Stammeshäuptern der Söhne Israels und sprach: dies ist das Wort, welches der Herr angeordnet hat: Wer dem Herrn ein Gelübde ablegt oder einen Eid schwört zum Vertrag oder Vertragsbestimmungen wegen seiner Person trifft68, so soll er sein Wort nicht brechen; alles, was sein Mund gesprochen hat, soll er tun. Wenn aber ein Weib dem Herrn ein Gelübde ablegt oder eine Vertragsbestimmung über sich in dem Hause ihres Vaters in ihrer Jugend trifft, und ihr Vater ihre Gelübde und ihre Bestimmungen hört, die sie für ihre Person getroffen hat, und ihr Vater dabei schweigt, so sollen alle ihre Gelübde gültig sein und alle die Bestimmungen, die sie für ihre Person getroffen hat, für sie bestehen bleiben69“; darauf folgen noch einige gesetzliche Bestimmungen für ein solches Weib. In dieser Bedeutung (des Wortes εὐχή) steht in den „Sprichwörtern“ geschrieben: … 70 „[Ein Fallstrick] für den Mann ist es, (zu) schnell etwas von dem Eigenen zu geloben; denn nach dem Geloben kommt die Reue71“; und in dem Buch Ekklesiastes heißt es: „Besser nicht zu geloben, als zu geloben und nicht zu leisten72“; ferner in der Apostelgeschichte: „Bei uns sind vier Männer, die ein Gelübde auf sich haben73.“

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