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Оглавление1 Henry Thomas Cockburn: An Examination of the Trials for Sedition Which Have Hitherto Occurred in Scotland {verfasst 1853}, Band 1, Edinburgh, 1888, S. 68.
2 Offizialverfahren sind an eine Anzahl formaler Voraussetzungen gebunden und müssen durch einen besonderen bürokratischen Bereich, die Anklagebehörde, hindurch; bisweilen, so vor allem in den Vereinigten Staaten, bedarf es zur Anklageerhebung auch noch der Zustimmung eines Geschworenenkollegiums (Grand Jury). Über einige Aspekte dieses Problems siehe weiter unten Kapitel V, Abschnitt 2.
3 Vergleiche Heinrich Mitteis: Politische Prozesse des frühen Mittelalters in Deutschland und Frankreich (Jahrgang 1926/27 der Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse), Heidelberg, 1927.
4 Etwas anders verhält es sich mit denen, die dem totalitären Bereich entrinnen, um Verfolgungen zu entgehen. Aber auch da gibt es Zweifel: Wie muss die drohende oder eingeleitete Strafverfolgung beschaffen sein, damit sie einem Geistlichen in der DDR einen legitimen Anlass gebe, seine Gemeinde im Stich zu lassen und in die Bundesrepublik zu entfliehen? Zum Teil wurden solche Fluchtakte von Kirchenbehörden missbilligt; um die Mitte der fünfziger Jahre gab es darüber in der Bundesrepublik heftige Diskussionen.
5 In welche Lage diese Gruppe von Menschen gebracht wird, hat besonders deutlich der Prozess Hannah v. Larche, United States Reports, Volume 363 (1960), S. 420 ff., demons-triert; siehe vor allem die Begründung des Sondervotums des Bundesrichters William O. Douglas, S. 493 und 501.
6 Urey Woodson: The First New Dealer. William Goebel, His Origin, Ambitions, Achievements, His Assassination, Loss to the State and Nation, Louisville, (Kentucky), 1939.
7 Diese Bestimmung wurde 1900 abgeändert und der Minderheit eine Vertretung in den Wahlprüfungsausschüssen verbürgt, aber die wichtigsten Vorschriften des vielgelästerten Gesetzes blieben in Kraft. Das Appellationsgericht des Staates Kentucky bestätigte, dass das Gesetz nicht gegen die Verfassung verstieß.
8 Lucien Beckner: »Drifting Sand of Politics, 1900 - 1944«, in: Frederick A. Wallis and Hambleton Tapp (Hg.): A Sesqui-Centennial History of Kentucky, Hopkinsville and Louisville (Kentucky) und Little Rock (Arkansas), Band 2, 1945, S. 722.
9 Thomas D. Clark: A History of Kentucky, New York, 1937, S. 609.
10 Nach den Feststellungen der Kreiswahlbeauftragten waren 54 Demokraten und 46 Republikaner gewählt worden; von den Wahlprüfungsausschüssen der Gesetzgebenden Versammlung wurden jedoch 4 republikanische Mandate den Demokraten zugeteilt. Dem Senat von Kentucky gehörten nach den Wahlen von 1899 26 Demokraten und 12 Republikaner an.
11 Die Kreiswahlausschüsse hatten für beide Hauptkandidaten etwas höhere Zahlen – für Taylor 195.150, für Goebel 192.850 – ermittelt. Die Wahlleiter erklärten bei beiden Parteien ungefähr dieselbe Zahl von Stimmen für ungültig.
12 Nach einer späteren Darstellung der republikanischen Louisville Evening Post, 18. Juli 1900. Die demokratische Presse bestritt nicht, dass sich viele demokratische Wahlreden so angehört hatten.
13 Näheres in Taylor and Marshall v. Beckham, United States Reports, Volume 178 (1899), S. 548-609, insbesondere 552, 557.
14 Angebahnt hatten die Verständigung die gegnerischen Generaladjutanten, die als Freimaurer eine gemeinsame Sprache fanden. Eine etwas hochtrabende Darstellung des Vorgangs hat John B. Castleman: Active Service, Louisville, Kentucky, 1917, S. 235, hinterlassen.
15 Taylor v. Beckham, Kentucky Reports, Volume 108 (1900), S. 278; Southwestern Reports, Volume 56, S. 177-188 (April/Juni 1960).
16 Taylor and Marshall v. Beckham (siehe oben Anmerkung 13), S. 549.
17 Ebda., S. 602, 606.
18 E. Merton Coulter: The Civil War and Readjustment in Kentucky, Chapel Hill (North Carolina), 1926, S. 279 ff. Harlan hatte sich zweimal zum Gouverneur von Kentucky wählen lassen wollen, war aber beide Mal geschlagen worden; 1863 - 1867 hatte er als gewählter Chef der Staatsjustizverwaltung amtiert.
19 Thomas D. Clark: A History … (siehe oben Anmerkung 9), S. 609.
20 Die Zeugenaussagen sind jetzt in Francis X. Busch: They Escaped the Hangman, Indianapolis, ohne Jahr {Copyright 1953}, leicht zugänglich; siehe dort auch ausführliche Angaben (mit Berufungsklagen und aufgehobenen Urteilen) über die späteren Prozesse, in denen Powers zwischen 1900 und 1908 immer wieder vor dem Richter stand.
21 Die im Prozess von 1900 von der Verteidigung beantragten und die vom Richter tatsächlich erteilten Rechtsbelehrungen finden sich bei Caleb Powers: My Own Story. An Account of the Conditions in Kentucky Leading to the Assassination of William Goebel, Who Was Declared Governor of the State, and My Indictment and Conviction on the Charge of Complicity in His Murder, Indianapolis, ohne Jahr {1905}. Eine vernichtende Kritik am Verfahren übt die Mehrheitsbegründung des Appellationsgerichts von Kentucky zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils; siehe Powers v. Commonwealth, Kentucky Reports, Volume 110 (1901), S. 386 ff., insbesondere 399; Southwestern Reports, Volume 61, S. 735-756, insbesondere 745 (März/April 1901).
22 Redaktionelle Betrachtungen im demokratischen Louisville Courier-Journal und in der republikanischen Louisville Evening Post, 19. August 1900.
23 Was vor Gericht vorgebracht wurde, zeigte Youtsey nicht gerade in günstigem Licht. Anderseits sprach aber kaum etwas für eine geheime Abrede zwischen ihm und der Anklagebehörde. Während Powers und Howard schon 1908 begnadigt wurden (von einem republikanischen Gouverneur), sollte Youtsey viel länger im Gefängnis bleiben: Seine Begnadigung kam erst 1917 (von einem demokratischen Gouverneur).
24 L. F. Johnson: Famous Kentucky Tragedies and Trials. A Collection of Important and Interesting Tragedies and Criminal Trials which Have Taken Place in Kentucky, Louisville (Kentucky), 1916, S. 309 ff.
25 Louisville Courier-Journal, 23. August und 27. Oktober 1900. Auf dem republikanischen Nationalparteitag von 1900 stand der von den Kentucky-Gerichten nach wie vor gesuchte Taylor an der Spitze der Kentucky-Delegation und wurde, als er seinen Sitz einnahm, mit einer stürmischen Beifallskundgebung begrüßt. Man konnte annehmen, dass er im Falle eines Wahlsiegs seiner Partei erneut eine bedeutende Rolle in der Kentucky-Politik spielen würde.
26 Siehe die Reden des mit der Leitung des Staatsausschusses der Republikaner beauftragten früheren Gouverneurs Bradley und des republikanischen Kandidaten für das Gouverneuramt John W. Yerkes nach Berichten der Louisville Evening Post, 18. Juli und 26. September 1900.
27 Raymond Poincaré: Au Service de la France. Neuf années de Souvenirs, Band IX: L’année trouble. 1917, Paris, ohne Jahr {Copyright 1932}, S. 370 ff.
28 Seine eigene Darstellung mit einer Analyse des Verfahrens und vielen Streiflichtern zu dessen Vorgeschichte hat der Angeklagte wenige Jahre später veröffentlicht: Joseph Caillaux: Devant l’Histoire: mes Prisons, Paris, 1923; deutsch: Meine Gefangenschaft. Vor der Weltgeschichte dargelegt, übersetzt von Viktor Henning Pfannkuche, 4. Auflage, Basel/Leipzig, 1921.
29 Die intensivste fortlaufende Beschäftigung mit Vorbereitungen zur Prozessinszenierung bezeugt Poincaré: Au Service … (siehe oben Anmerkung 27), Kapitel XI und XII; ähnlich a.a.O., Band X: Victoire et armistice. 1918, Paris, ohne Jahr {Copyright 1933}, passim.
30 Über Caillaux’ Bild in den Augen seiner Wähler, die ihn nach seiner Rückkehr in die Politik in den zwanziger Jahren zum Senator und Generalratspräsidenten seines Departments machten, siehe Emile Roche: Caillaux que j’ai connu, Paris, 1949. Dies Kapitel war bereits abgeschlossen, als eine neue gründliche Arbeit über Caillaux als Politiker erschien: Rudolph Binion: Defeated Leaders. The Political Fate of Caillaux, Jouvenel and Tardieu, New York, 1960, S. 18-116. Diese Studie sieht bei Caillaux allerdings keine geschlossene außen- und innenpolitische Konzeption, sondern neigt eher dazu, seine Haltung in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg aus dem Zusammenspiel von gegensätzlichen Tageseinflüssen und taktischen Schachzügen zu erklären.
31 In späteren Jahren wurde Caillaux heftig angegriffen, weil er die Emission von Industriepapieren allzu eifrig gefördert, namentlich aber als Chef der Finanzverwaltung die Ausgabe von Schwindelaktien zugelassen habe; auf diese Weise seien den Kleinrentnern erhebliche Sparkapitalien verlorengegangen.
32 Vergleiche seine eigene Version dieses revolutionären Versuchs, den Frieden auf dem Kontinent zu erhalten: Joseph Caillaux: Agadir. Ma politique extérieure, Paris, ohne Jahr {Copyright 1919}.
33 Dass er damals das Kabinett für seine Politik gewann, war nach Caillaux’ Meinung der eigentliche Grund der wütenden Feindschaft Poincarés. Diese Meinung wurde von vielen geteilt. Baron Guillaume, der belgische Gesandte in Paris, berichtete seiner Regierung am 10. März 1914, dass Poincaré die Politik Caillaux’ schärfstens kritisiere; Caillaux sei ihm als der eigentliche Regierungschef aufgezwungen worden, für dessen Politik Ministerpräsident Gaston Doumergue (1863 - 1937) nur seinen Namen hergebe; siehe Caillaux: Meine Gefangenschaft … (siehe oben Anmerkung 28), S. 25 f. Anmerkung.
34 Die »überwiegende Mehrheit unter den Franzosen« sei für Caillaux’ radikale Steuer- und Sozialpolitik, meldete der belgische Gesandte am 10. März (abgedruckt bei Caillaux: ebda.).
35 Das Kabinett hatte Caillaux den Rücktritt nicht nahegelegt und hätte vielleicht nie gewagt, ihn Caillaux zuzumuten. Sein Abschiedsgesuch kam, bevor Poincaré dazu gekommen war, einen Druck auf das Kabinett auszuüben.
36 Caillaux hatte keine Illusionen über die deutsche Presse: Nach seiner Ansicht besorgte sie die Geschäfte der deutschen Regierung und der deutschen Industrieführung, denen, wie er glaubte, an einem langen Krieg gelegen war und mit einer starken Friedensbewegung in Frankreich nicht gedient gewesen wäre. Nur hatte er es unterlassen, Minotto in diesem Sinne zu belehren.
37 Minottos Rolle in der Affäre ist nie aufgeklärt worden. Er kehrte nach New York zurück, heiratete eine Erbin des Swift-Fleischkonservenkonzerns und wurde 1917 als feindlicher Ausländer interniert, angeblich als Sohn einer Deutschen. Noch 1921 behauptete Caillaux öffentlich, dass die französische Regierung die Internierung veranlasst habe, um Minotto daran zu hindern, die Anklage im Caillaux-Prozess zu entkräften. Tatsächlich wurde James Minotto, Sohn der weltberühmten deutschen Schauspielerin Agnes Sorma (1921 in Arizona gestorben), in Amerika nie wegen Spionage verfolgt oder auch nur verdächtigt. Seit 1921 amerikanischer Bürger, stieg er nicht nur zu hohen Würden im Bank-und Versicherungsgeschäft auf, sondern war auch wiederholt Mitglied des Staatssenats von Arizona. Später war er stellvertretender Leiter der Marshall-Plan-Mission in Italien (1950/51) und Leiter der USA-Hilfsmission in Portugal (1951 - 1955). Seit 1958 ist er Präsident und Chairman of the Board der Bank of Phoenix (Arizona).
38 Verhandlung der Haute Cour vom 25. Februar 1920 nach einem Bericht in: Le Temps, Jahrgang 60, Nr. 21396, 27. Februar 1920, S. 3, Sp. 3.
39 T. B. Howell (Hg.): A Complete Collection of State Trials and Proceedings for High Treason and Other Crimes and Misdemeanors from the Earliest Period to the Present Time, Band II (1603 - 1627), S. 870-879.
40 Wortlaut des Urteils in: Recueil Dalloz, Jurisprudence Générale, 1923, Teil II, S. 34-37.
41 Journal Officiel de la République Française. Débats Parlementaires, Chambre des Députés, 11e Législature, 1917, S. 2980 (118. Sitzung vom 20. November 1917).
42 A.a.O., 1917, S. 3495 (140. Sitzung vom 22. Dezember 1917).
43 A.a.O., 1918, S. 66 (Sitzung vom 15. Januar 1918); S. 384 (Sitzung vom 8. Februar 1918).
44 Poincaré: Au Service … (siehe oben Anmerkung 27), S. 399.
45 Joseph Caillaux: Mes Mémoires, Band III: Clairvoyance et force d‘âme dans les épreuves, 1912 - 1930, Paris, ohne Jahr {Copyright 1947}, S. 203, spielt darauf an, dass sich ein militärischer Untersuchungsrichter für die Anwendung der Todesstrafe ausgesprochen habe; wie andere Armeejuristen darüber dachten, kann nur gemutmaßt werden.
46 »Horizontblau«, die Farbe der französischen Uniform im Ersten Weltkrieg, galt als Symbol des extremen Nationalismus und bezeichnete in der politischen Topographie eine Rechtskoalition mit betont konservativem Vorzeichen.
47 Aussage vor der Haute Cour am 17. März 1920 nach einem Bericht in: Le Temps, Jahr-gang 60, Nr. 21417, 19. März 1920, S. 2, Sp. 6. Le Temps brachte detaillierte Prozessberichte, in denen auch die Zeugenaussagen ausführlich wiedergegeben wurden.
48 Beratung der Haute Cour am 16. April 1920 nach einem Bericht in: Le Temps, Jahrgang 60, Nr. 21447, 18. April 1920, S. 4, Sp. 2 f.
49 Beratung der Haute Cour am 25. Februar 1920 nach einem Bericht in: Le Temps, Jahrgang 60, Nr. 21396, 27. Februar 1920, S. 3, Sp. 3 f.
50 Caillaux: Meine Gefangenschaft … (siehe oben Anmerkung 28), S. 304. Während des Prozesses, in dem Danton auf die Guillotine geschickt wurde, soll ein Geschworener gesagt haben: »Das ist kein Prozeß; das ist eine Maßnahme. Wir sind keine Geschworenen, wir sind Staatsmänner … Zwei {Führer} können nicht bleiben … Einer muß untergehen.« So sollte auch Clemenceau erklärt haben: »In der Regierung gab es 1917 Platz nur für Caillaux oder für mich.« Caillaux: Mes Mémoires … (siehe oben Anmerkung 45), S. 210, kommentiert: »Derjenige, der nicht auserkoren worden war, mußte verschwinden.«
51 In seiner damaligen Fassung lautete Artikel 78: »Strafbar macht sich, wer einen Verkehr mit Staatsangehörigen einer feindlichen Macht, und sei es auch nicht zu dem Zweck, eins der im voraufgehenden Artikel bezeichneten Delikte zu begehen, unterhält, sofern dieser Verkehr dazu führt, dass dem Feind Informationen geliefert werden, die der militärischen oder politischen Lage Frankreichs oder seiner Verbündeten abträglich sind.«
52 Recueil Dalloz … (siehe oben Anmerkung 40).
53 R. Garraud: Traité théorique et pratique du Droit pénal français, Band III, 3. Auflage, Paris, 1916, § 1193, S. 531 ff.
54 Émile Garçon: Code pénal annoté, Neubearbeitung von Marcel Rousselet, Maurice Patin und Marc Ancel, Band I, Buch III, Kapitel I, Paris, 1952, Art. 79, Nrn. 88 und 89.
55 Zitiert in Alfred Fabre-Luce: Caillaux, Paris, 1933, S. 179.
56 Siehe weiter unten Kapitel X, Abschnitt 3. Schon 1926 schied Caillaux aus dem Amt, weil seine Finanz- und Wirtschaftspolitik bei den Sozialisten auf Widerstand stieß. Er war dann bis ans Ende der Dritten Republik Vorsitzender des Senatsausschusses für Finanzen. Etwa zur selben Zeit amtierte Malvy, der andere amnestierte »Verbrecher«, als Finanzausschussvorsitzender in der Kammer.
57 Eine ausgezeichnete vergleichende Studie bietet David Riesman: »Democracy and Defamation«, in: Columbia Law Review, Jahrgang 42, S. 1085-1123 und 1282-1318 (Heft 7, September 1942).
58 Klaus Epstein: Matthias Erzberger and the Dilemma of German Democracy, Princeton, 1959, bringt in Kapitel XIV (S. 349-369) eine ausführliche Darstellung des Prozesses; seinen Nachwirkungen ist Kapitel XV (S. 370-389) gewidmet.
59 Siehe die eingehende Erörterung des Prozesses bei Karl Brammer (Hg.): Der Prozeß des Reichspräsidenten, Berlin, 1925. Für die Zeugenaussagen wurden die detail-lierten Prozessberichte im Berliner Tageblatt herangezogen. Die kommunistische Position kommt beim führenden DDR-Anwalt, Friedrich Karl Kaul: Justiz wird zum Verbrechen, Der Pitaval der Weimarer Republik, Band I, {Ost-}Berlin, 1953, S. 135-170, zum Ausdruck. Einer der Anwälte Eberts, Otto Landsberg: »Der Prozeß Rothardt«, in: Die Justiz {Organ des Republikanischen Richterbundes}, Band I, S. 124-136 (Heft 2, Dezember 1925), hat das Verfahren namentlich im Hinblick auf die Haltung der Richter einer scharfen Kritik unterzogen. Über das spätere Disziplinarverfahren gegen einen der Richter, dem länger zurückliegende beschimpfende Äußerungen über Ebert lediglich eine »Warnung«, die mildeste Form des disziplinarischen Verweises, eintrugen, siehe Otto Landsberg: »In eigener Sache«, in: Die Justiz, Band III, S. 211 ff. (Heft 2, Dezember 1927).
60 »Massenstreik und Sozialdemokratie«, in: Vorwärts, Jahrgang 35, Nr. 37, 6. Februar 1918, S. 1, Sp. 1 f. Drei Tage vorher – »Unsere Aufgabe«, a.a.O., Nr. 34, 3. Februar 1918, S. 1, Sp. 1 f. – hatte es unmissverständlich geheißen: »Die Partei hat genauso gehandelt, wie nach alter erprobter Regel die Gewerkschaften handeln, wenn ein wilder Streik ausgebrochen ist. Hat dieser wilde Streik eine gewisse Stärke erreicht, so wird kein Gewerkschaftsführer sich wie ein Bußprediger hinstellen und den Streikenden raten, ins Mauseloch zu kriechen. Er wird … herauszuholen versuchen, was aus ihr {der Bewegung} herauszuholen ist, {er wird} nachdrücklich die berechtigten Forderungen der Arbeiter durchzusetzen versuchen …«
61 »Die Forderungen der Arbeiter« in: Vorwärts, Jahrgang 35, Nr. 29, 29. Januar 1918, S. 1, Sp. 1-3; »… diese Arbeiter«, hieß es in demselben Artikel, »streiken in dem guten Glauben, ihrem Land und ihrem Volk dadurch einen großen Dienst zu erweisen, daß sie mit Nachdruck auf der Erfüllung ihrer Forderungen bestehen.« Es wurde kein Zweifel daran gelassen, dass die »mit gesteigertem Nachdruck« vertretenen Forderungen die »grundsätzliche« Billigung der Sozialdemokratie fänden. Linkssozialistische Kreise und die Führer der Streikbewegung glaubten den größeren Nachdruck in der Hoffnung der Sozialdemokraten auf das Einlenken der Regierung zu entdecken. In diesem Sinne wurde ihre Haltung auch schon vor dem Magdeburger Prozess vom einstigen Vorsitzenden der elfköpfigen Streikleitung interpretiert; siehe Richard Müller: Vom Kaiserreich zur Republik. Ein Beitrag zur Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung während des Weltkrieges, ohne Ort, ohne Jahr {Copyright 1924, Malik-Verlag, Wien}.
62 »Unsere Aufgabe« (siehe oben Anmerkung 60). Zur Verhängung des Belagerungszustands war in einem »Berlin, 31. Januar«, signierten Artikel – Vorwärts, Jahrgang 35, Nr. 30-32, 1. Februar 1918, S. 1, Sp. 1 ff. – gesagt worden: »Die gegenwärtige Bewegung soll die Landesverteidigung nicht treffen, will sie nicht treffen und wird sie nicht treffen, wenn ihre Interessen auch von Seiten der Regierung und der Behörden richtig wahrgenommen werden.« Auf jeden Fall würden die Sozialdemokratische Partei und ihre Reichstagsfraktion »treu zur arbeitenden Bevölkerung stehen.« Am nächsten Tag hieß es in einer Pressepolemik – »Reine Zweideutigkeit!«, a.a.O., Nr. 33, 2. Februar 1918, S. 1, Sp. 3 –, gegen die Sozialdemokratie bleibe gerade noch der Vorwurf bestehen, »daß sie sich in schwerster Zeit von den Arbeitern, ihren Klassengenossen und Brüdern, nicht getrennt hat«, und diesen Vorwurf werde sie »erhobenen Hauptes tragen.«
63 Aussage des früheren Volksbeauftragten Emil Barth am 10. Dezember 1924.
64 Vergleiche die Darstellung von Hugo Sinzheimer in Brammer: Der Prozeß … (siehe oben Anmerkung 59), S. 183-190.
65 Zitiert bei Landsberg: Der Prozeß … (siehe oben Anmerkung 59), S. 128.
66 Charakteristisch für die kritische Position unter anderen {Alexander} Graf zu Dohna: »Vorsatz bei Landesverrat«, in: Deutsche Juristen-Zeitung, Jahrgang 30, S. 146-150 (Heft 2, 15. Januar 1925), und Gustav Radbruch in Brammer :Der Prozeß … (siehe oben Anmerkung 59), S. 167-170.
67 {Ludwig} Träger: »Rechtsgutachten betreffend den Prozeß des Reichspräsidenten Ebert«, in: Der Gerichtssaal, Jahrgang XCI, Stuttgart, 1925, S. 435-440, insbesondere 438 f.
68 Urteil des Reichsgerichts (I. Strafsenat) vom 20. Oktober 1931, I 426/31, in: Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, Band 65, Berlin/Leipzig, 1931, S. 422-433, insbesondere 431 f.
69 »Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die antidemokratische Tätigkeit von Schweizern und Ausländern im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen 1939 - 1945«, Bundesblatt der Schweizer Eidgenossenschaft, Jahrgang 98, Band I, S. 39 (Nr. 1, 4. Januar 1946).
70 Eine Übersicht über die Strafverfolgung von Nazi-Anhängern im »Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Verfahren gegen nationalsozialistische Schweizer wegen Angriffs auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft« findet sich in Bundesblatt der Schweizer Eidgenossenschaft, Jahrgang 100, Band III, S. 997-1073 (Nr. 48, 2. Dezember 1948). Zwischen 1946 und 1948 sind insgesamt 102 Verfahren durchgeführt worden.
71 Vergleiche Jean-Claude Wenger: Gefährdung der verfassungmäßigen Ordnung. Art. 275 - 275ter StGB, Zürcher Jur. Diss., Aarau, 1954, insbesondere S. 38-51.
72 In der Fassung vom 5. Oktober 1950 bestraft Art. 272 mit Gefängnis jeden, der »im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer andern Organisation des Auslandes zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet, … für solche Dienste anwirbt oder ihnen Vorschub leistet«. Die ältere Fassung – vom 21. Juni 1935 – traf solche Tätigkeiten nur, sofern es sich um einen »Nachrichtendienst über die politische Tätigkeit von Personen oder politischen Verbänden« handelte.
73 Werner Lüthi: »Zur neueren Rechtsprechung über Delikte gegen den Staat«, in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, Jahrgang 69, S. 298-334 (1954, Heft 3). Bundesanwalt Lüthi war mit der Verfolgung von Delikten gegen die Staatssicherheit befasst.
74 Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 1954, Band 80, Teil IV, S. 71-96 (Urteil vom 2. April 1954); vergleiche: »Das Urteil im Prozeß Bonnard«, in: Neue Zürcher Zeitung, Jahrgang 175, Fernausgabe, Nr. 93 (4. April 1954), Blatt 7, S. 1.
75 Zustimmung ohne allzu großen Enthusiasmus fand das Urteil in »Der ehrbare Agent«, in: Neue Zürcher Zeitung, Jahrgang 175, Fernausgabe, Nr. 111 (24. April 1954), Blatt 6, S. 1 f. Andere Zeitungen, hauptsächlich in der Westschweiz und im sozialistischen Lager, äußerten sich in vorsichtig kritischem Sinne.
76 Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, Band 79, Teil IV, 1953, S. 24-35 (Fall Emil Arnold, Urteil vom 28. April 1953).
77 In der Bundesrepublik entsteht zum Beispiel viel Unrecht daraus, dass § 100e Absatz 1 des Strafgesetzbuches sehr weit ausgelegt wird; danach kann jeder Strafverfolgung gewärtigen, der von Staatsorganen der DDR in ein auch nur agentenähnliches Verhältnis hineingepresst worden ist. Die Richter wissen das am besten. Bei einem Landgerichtsrat, H. W. Ruhrmann: »Verfassungsfeindliche landesverräterische Beziehungen. Ein Beitrag zum interlokalen Strafrecht«: in, Neue Juristische Wochenschrift, Jahrgang 12, S. 1201-1207 (Heft 28, 10. Juli 1959), kann man auf S. 1205 lesen: »Was sollen eigentlich jene unfreiwillig mit dem SBZ-ND in Berührung gekommenen SBZ-Bewohner noch tun, um zu erreichen, dass sie nicht verfolgt werden? … welcher SBZ-Bewohner wird vor dem Druck der dortigen ND-Organe noch in die Bundesrepublik flüchten wollen, wenn erst einmal jeder weiß, dass ihm hier mit Sicherheit Strafverfolgung, mit einiger Wahrscheinlichkeit Strafe droht? Müsste er sich nicht sagen, dass es dann schon besser ist, dem mit lukrativen finanziellen Angeboten verbundenen Drängen des SBZ-ND nachzugeben?«.
78 Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, 1956, S. 98; 1957, S. 106; 1958, S. 98; 1959, S. 102; 1960, S. 130. Im Statistischen Jahrbuch wird die Reihe nicht mehr veröffentlicht. Anderen Publikationen des Statistischen Bundesamtes ist zu entnehmen, dass die Zahl der Abgeurteilten 1959 und 1960 bei Landesverrat 257 beziehungsweise 308, bei Hochverrat und Staatsgefährdung 233 beziehungsweise 213 betrug. Verurteilt wurden in denselben Jahren wegen Landesverrats 220 beziehungsweise 272, wegen der anderen Delikte 176 beziehungsweise 177 Personen.
79 Bundeskriminalamt: Polizeiliche Kriminalstatistik für die Bundesrepublik Deutschland, 1954, Wiesbaden, ohne Jahr {1955}, S. 5 und 19; 1955, Wiesbaden, ohne Jahr {1956}, S. 8 und 27; 1956, Wiesbaden, ohne Jahr {1957}, S. 35 und 59; 1957, Wiesbaden, ohne Jahr {1958}, S. 27 und 40; 1958, Wiesbaden, ohne Jahr {1959}, S. 39 und 48. Die Reihe wird nicht fortgesetzt.
80 »Verlorene Agenten«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 149, 29. Juni 1960, S. 2, Sp. 1.
81 Zur Begründung des Strafantrags hatte der Oberbundesanwalt den Richtern zugerufen: »Ich werde Ihnen sagen, welche Strafe ich für angemessen halte: keine, die über zwei Jahre Zuchthaus hinausgeht. Und ich bin der Meinung: unser Staat kann es sich leisten, groß-zügig zu sein, weil er das Recht will und sich abhebt von diesen verdammten Schein- und Afterstaaten, die nur Gewalt und kein Recht wollen.« Siehe »Zuchthausstrafe für John beantragt«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 295, 18. Dezember 1956, S. 1, Sp. 2 f.; S. 4, Sp. 2 ff. Zur Kritik des Urteils siehe den redaktionellen Kommentar »›Politische‹ Strafjustiz«, in: Deutsche Universitätszeitung, Jahrgang 12, S. 5 (Nr. 1, 17. Januar 1957).
82 Fritz Neumayer {FDP, 1953 - 1956 Bundesjustizminister} in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode 1949. Stenographische Berichte, Band 8, S. 6313 (158. Sitzung vom 9. Juli 1951).
83 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Dezember 1956, 2 StE 15/36, in {Bundesanwalt Dr. Walter Wagner (Hg.):} Hochverrat und Staatsgefährdung. Urteile des Bundesgerichtshofes, Band II, S. 77-150, insbesondere 133 ff., 146 ff.
84 Siehe weiter unten Kapitel IV, Abschnitt 3.
85 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Dezember 1957, I StE 8/57, in: Hochverrat … (siehe oben Anmerkung 83), Band II, S. 186-224, insbesondere 223.
86 In der DDR war gerade der Schauprozess gegen einen Pfarrer Schmutzler abgelaufen, der als »Hetzer« verurteilt wurde, und die offizielle Presse drohte unverhüllt mit Wiederholungen; was sich als Äußerung eines im Westen herrschenden Terrors hinstellen ließ, war willkommen; siehe zum Beispiel Günter Fleischmann, »Die westliche Freiheit und Viktor Agartz«, in: Neues Deutschland, Berliner Ausgabe, Jahrgang 12, Nr. 283, 30. November 1957, S. 1, Sp. 1 f.: »Wenn das {was Agartz vorgeworfen werde} Landesverrat ist – wie soll man … mit den Verlegern verfahren, deren Zeitungen in die DDR gelangen und natürlich bezahlt werden? Oder was soll aus den Kirchenstellen der DDR werden, die aus NATO- und westdeutschen Regierungskassen hohe Beträge bekommen? … ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen der Bezahlung wissenschaftlicher Leistungen und der Öffnung der NATO-Kassen für die ›schmutzigen‹ Leistungen eines Pfarrers Schmutzler.« Der Wink war nicht misszuverstehen. Auf solche und ähnliche Äußerungen bezog sich die Bemerkung in Heinemanns Plädoyer: »Wo kommen wir hin, wenn Beziehungen zum FDGB hier und Beziehungen zu Evangelischen Akademien drüben als Landesverrat verurteilt werden?« Siehe »Freispruch für Agartz gefordert«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 288, 12. Dezember 1957, S. 1, Sp. 3 ff.
87 Siehe das Urteil in: Hochverrat … (siehe oben Anmerkung 85), S. 213.
88 Ebda., S. 213-221.
89 Schon im Agartz-Urteil – ebda., S. 219 – war ausgesprochen worden, dass das im Grundgesetz verbürgte »Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit für jedermann das Recht einschließt, Beziehungen zu anderen Personen aufzunehmen, ganz gleichgültig, ob diese Personen der freiheitlichen Ordnung der Bundesrepublik feindlich gesonnen sind oder nicht, oder ob diese Personen gar für Einrichtungen oder Vereinigungen tätig sind, die die Beseitigung der freiheitlichen Ordnung der Bundesrepublik erstreben«. Im Wohlgemuth-Prozess ging es nach der Auffassung des Gerichts konkret um den »kläglichen Versuch eines sog. politischen Gesprächs, bei dem auf der einen Seite die politisch gutgläubigen Phantasten gesessen haben und auf der anderen Seite außerordentlich kluge Rechner die genau wussten, worauf es ankommt …« Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs sprach Wohlgemuth frei, weil er nicht die Gewissheit gewonnen hatte, dass der Angeklagte das »Abzielen der fremden Partner auf deutsche Staatsgeheimnisse« für möglich gehalten und gebilligt habe. Siehe »Der Rechtsstaat: im Zweifel für den Angeklagten. Aus der Begründung des Freispruchs von Dr. Wolfgang Wohlgemuth«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, D-Ausg., Nr. 5, 7. Januar 1959, S. 7.
90 Vergleiche Jerzy G. Gliksman: »Social Prophylaxis as a Form of Soviet Terror«, in: Carl J. Friedrich, ed.: Totalitarianism: Proceedings of a Conference held at the American Academy of Arts and Sciences, March 1953, Cambridge (Massachusetts), 1954, S. 460-474, insbesondere 66 ff.
91 Leo Trotzki {L. D. Trockij}: Tagebuch im Exil, Köln/Berlin, ohne Jahr {Copyright 1958}, S. 111-115, insbesondere 115 (Tagebuchnotizen vom 9. und 10. April 1935).
92 Aus der umfangreichen Literatur über gerichtliche Unterdrückung oppositioneller Gruppierungen außerhalb der Sowjetunion sei nur eine neuere Darstellung erwähnt: {Un détenu politique,} »La Répression en Espagne», in: Esprit, Jahrgang 29, S. 309-324 (Nr. 292, Februar 1961).
93 Zur Prozessbeteiligung der westlichen Anwälte, die etwa zwei Wochen an den Verhandlungen teilnahmen, siehe Émile Vandervelde und Arthur Wauters: Le Procès des Socialistes-Revolutionnaires à Moscou, Brüssel, 1922. Die Verteidigung wurde von den Anwälten auf Wunsch der Angeklagten niedergelegt, da die Sowjetregierung die von den Komintern-Vertretern in Berlin gemachten Zusagen nicht eingehalten hatte. Übrigens hatte Lenin die von Radek und Bucharin auf der Berliner Konferenz übernommenen Prozess Verpflichtungen sogleich, am 11. April 1922, als unmotiviertes »politisches Zugeständnis an die reaktionäre Bourgeoisie« gebrandmarkt und in der parteioffiziellen Pravda erklärt, die Kommunisten könnten sich nicht das Recht nehmen lassen, Menschen zum Tode zu verurteilen, die auf sie geschossen und Aufstände gegen sie angezettelt hatten; siehe V. I. Lenin: »My zaplatili sliškom dorogo«, in: Sočinenija, Band 33, 4. Auflage,1950, S. 294-298. Zur SR-Politik bis zum Prozess und zur allgemeinen Unterdrückung der Opposition in den Anfängen des Sowjetstaates siehe Leonard Schapiro: The Origin of the Communist Autocracy. Political Opposition in the Soviet State, First Phase: 1917-1922, London, 1955, insbesondere S. 166 f., und Edward Hallett Carr: The Bolshevik Revolution, 1917-1923 (first part of A History of Soviet Russia), Band I, London, 1960 {zuerst 1950}, insbesondere S. 181 ff.
94 Umfangreiches Material über den Prozess und seine Vorgeschichte mit zahlreichen Dokumenten zu den politischen und gesellschaftlichen Problemen, die ihm zugrunde lagen, findet sich bei Richard Pattee: The Case of Cardinal Aloysius Stepinac, Milwaukee, ohne Jahr {Copyright 1953}. Das Buch steht der Sache des Kardinals freundlich gegenüber, enthält aber auch die wichtigsten Argumente und Beweisstücke der Gegenseite.
95 Pattee: a.a.O., S. 56.
96 A.a.O., S. 237.
97 A.a.O., S. 239.
98 Helmut Heiber: »Der Fall Grünspan«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 5, S. 134-172 (Heft 2, April 1957), gibt einen ausführlichen Bericht, der sich auf deutsches amtliches und privates Archivmaterial und Befragungen von Personen stützt, die an der Vorbereitung des Verfahrens beteiligt waren. Mr. Gerald Schwab vom State Department, Washington, bin ich für die freundliche Erlaubnis zu Dank verpflichtet, seine der George Washington University vorgelegte, bis jetzt unveröffentlichte Magisterarbeit einzusehen, der viele weitere Archivdokumente zugrunde lagen; für meine Schlussfolgerungen trägt er selbstverständlich keine Verantwortung. Eine Unterredung, die ich 1958 mit Dr. Friedrich Grimm (siehe den folgenden Text und weiter unten Kapitel VI, Abschnitt 6) hatte, erbrachte keine zusätzlichen Tatsachen.
99 »Der Vater Herschel Grünspans als Zeuge im Eichmann-Prozeß«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 97, 26. April 1961, S. 5, Sp. 3 ff.
100 Herwig Weber: »Der ›Herr Oberreichsanwalt‹ im Zeugenstand«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 268, 15. November 1960, S. 5, Sp. 2 ff.; We. {Herwig Weber}: »Widersprüchliche Auslagen im Soltikow-Prozeß«, a.a.O., S-Ausg., Nr. 269, 17. November 1960, S. 6, Sp. 4 f.
101 Goebbels-Tagebücher, Mikrofilm in der United States Library of Congress, Eintragung vom 7. April 1942, S. 1747.
102 Über die einzelnen Varianten des Schemas siehe Nathan Leites und Elsa Bernaut: Ritual of Liquidation: The Case of the Moscow Trials, Glencoe (Ill.), ohne Jahr {Copyright 1954}, »Epilogue«, S. 350-392. Mit Ausnahme des tschechischen waren alle im Text genannten Prozesse öffentlich. In allen Fällen sind amtliche Prozessprotokolle veröffentlicht worden; allerdings ist das tschechische unvollständig.
103 Über N. N. Krestinskij siehe die Veröffentlichung des Volkskommissariats für Justiz der Sowjetunion: Report of Court Proceedings: The Case of the Anti-Soviet Bloc of Rights and Trotskyites, Moskau, 1938, S. 54-59. Über Trajčo Kostov siehe die ebenfalls amtliche Veröffentlichung: Traitscho Kostoff und seine Gruppe, {Ost-}Berlin, 1951, S. 74-81 und 639, die jedoch das Prozessprotokoll offensichtlich lückenhaft wiedergibt; auf S. 385-400 wird versucht, Kostovs Widerruf früherer Geständnisse zu widerlegen.
104 Das galt zum Beispiel eindeutig von Krestinskijs Verhandlungen mit deutschen Militärs; vergleiche Report … The Case of the Anti-Soviet … (siehe vorige Anmerkung), S. 259-264. Über eine ähnliche Situation im Prager Prozess siehe Prozeß gegen die Leitung des staatsfeindlichen Verschwörerzentrums mit Rudolf Slansky an der Spitze, Prag, 1953, S. 193; zur Kritik am Prozess vergl. Marcel Péju: »Hier et aujourd’hui: le sens du procès Slansky«, in: Les Temps Modernes, Jahrgang 8, S. 1775-1790 und 2009-2023 (Nrn. 90, Mai, und 91, Juni 1953); Jahrgang 9, S. 139-164 (Nr. 92, Juli 1953).
105 Dazu siehe Leites/Bernaut: Ritual … (siehe oben Anmerkung 102), S. 388 ff.
106 Zeugenaussagen in diesem Sinne in: Laszlo Rajk und Komplicen vor dem Volksgericht, {Ost-}Berlin, 1950, S. 84 und 153, und in: Traitscho Kostoff … (siehe oben Anmerkung 103), S. 151 und 158.
107 Vergleiche Leites/Bernaut: Ritual … (siehe oben Anmerkung 102), S. 391 f.
108 Über die systematische Durchführung solcher Kontrolluntersuchungen siehe: Not Guilty. Report of the Commission of Inquiry into the Charges Made against Leon Trotsky in the Moscow Trials { John Dewey, Chairman}, New York, 1938.
109 Siehe zum Beispiel Laszlo Rajk … (siehe oben Anmerkung 106), S. 273-278.
110 Hilde Benjamin: »Leninsche Prinzipien des Gerichts«, in: Neue Justiz, Jahrgang XI, S. 673 f. (Nr. 21, 5. November 1957). Auszüge aus dem Ost-Berliner Urteil gegen die oppositionelle SED-Gruppe um Wolfgang Harich lassen erkennen, dass die von Frau Benjamin später formulierte Ansicht auch in diesem Verfahren, das sich leicht hätte zu einem Schauprozess nach dem Moskauer Modell ausbauen lassen, überwogen haben muss; siehe »Die staatsfeindliche Tätigkeit der Harich-Gruppe. Aus dem Urteil des Obersten Gerichts vom 9. März 1957 – 1 Zst (I) 1/57«, in: Neue Justiz, Jahrgang XI, S. 166-170 (Nr. 6, 20. März 1957).
111 Die verschiedenen Beweismittelkategorien in einem politisch orientierten Mordprozess behandelt David D. Bien: The Calas Affair: Persecution, Toleration, and Heresy in Eighteenth-Century Toulouse, Princeton, 1960, Kapitel 6.
112 Dazu J. Alistair Cooke: A Generation on Trial. The United States v. Alger Hiss, New York, 1950, S. 161 ff.
113 Le Procès Kravchenko contre les »Lettres Françaises«. Compte-rendu des audiences d’après La sténographie (Pour Servir à l’Histoire de Ce Temps, n° 9), Paris, ohne Jahr {Copyright 1949}, Appendice.
114 Zu welcher Tortur ein Beleidigungsprozess im Scheinwerferlicht der heutigen Publizität werden kann, wusste Harold Laski beredt zu schildern; siehe seine Äußerungen bei Kingsley Martin: Harold Laski, 1893 - 1950, A Biographical Memoir, London, 1953, S. 274.
115 Patrick Hastings: Cases in Court, London, 1949, S. 55 und 71.
116 Vergleiche Marcel Willard: La Défense accuse, 3. Auflage, Paris, 1955, S. 293-312.
117 Polizeibeamte, die solche Heldentaten voller Stolz zugeben, sind allerdings nur selten zu finden. Der Lyoner Politiker und Pariser Polizeichef Louis Andrieux: Les Souvenirs d’un Préfet de Police, Band I, Paris, 1885, S. 101, führt sich selbst als solche Rarität vor: Er habe eine Thiers-Statue in Versailles in die Luft sprengen lassen, um die Untaten der Anarchisten zu beweisen und schärfere Unterdrückungsmaßnahmen gegen sie durchzusetzen. (»Um die Unterdrückung möglich zu machen, musste die Tat vollbracht sein.«) Über ein ähnliches Vorkommnis – die von Andrieux veranlasste polizeiliche Finanzierung des anarchistischen Organs Révolution Sociale – berichtet auch der anarchistische Schriftsteller Jean Grave: Le Mouvement Libertaire sous la 3e République, Souvenirs d’un Révolté, Paris, 1930, S. 192 ff.