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Fünftes Buch Perseus’ Kampf gegen Phineus

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Während der Held, Danaes Sohn, solches im Kreise der Cephener erzählt, füllen sich die königlichen Hallen mit einer lärmenden Schar. Ihr Geschrei klingt nicht nach Hochzeitsgesängen, sondern es kündigt wilde Waffengänge an. [5] Das Gastmahl, das sich plötzlich in einen Aufruhr verwandelt hat, könnte man einem Meer vergleichen, das die wilde Wut der Winde aus seiner Ruhe aufstört, indem sie die Wellen in Bewegung setzt. Als erster sprach unter ihnen Phineus, der unbesonnene Urheber des Krieges, und schüttelte seine eschene Lanze mit der ehernen Spitze: [10] »Seht, da bin ich, um Rache dafür zu üben, daß man mir vor meinen Augen die Gattin geraubt hat. Weder deine Schwungfedern noch dein Vater Iuppiter, der sich in trügerisches Gold verwandelt hat, werden dich mir entreißen.« Während er versucht, die Lanze zu schleudern, ruft Cepheus: »Was tust du? Welche Verblendung treibt dich, Bruder, in deiner Raserei zur Freveltat? Ist das der Dank für so große Verdienste? [15] Zahlst du der Geretteten diese Mitgift dafür, daß sie am Leben geblieben ist? Nicht Perseus hat sie dir genommen, wenn du die Wahrheit wissen willst, sondern der göttliche Zorn der Nereiden, der gehörnte Ammon und das Meerungeheuer, das kam, um sich an meinem Fleisch und Blut zu sättigen. Damals wurde sie dir entrissen, [20] als sie zum Tode bestimmt war; es sei denn, du forderst, Grausamer, gerade ihren Tod und willst dich an unserer Trauer laben. Offenbar genügt es dir noch nicht, daß du als Zuschauer dabeistandest, als sie gefesselt wurde, und daß du ihr weder als Oheim noch als Bräutigam irgendwie geholfen hast. Willst du jetzt auch noch darüber Schmerz empfinden, daß jemand sie gerettet hat, [25] und ihm seinen Lohn entreißen? Hältst du diesen Lohn für bedeutend – hättest du ihn dir doch von den Felsen, an die deine Braut gefesselt war, geholt! Jetzt laß zu, daß derjenige, der sie sich geholt hat, dem ich verdanke, daß mein Alter nicht kinderlos ist, das davonträgt, was er sich durch das Wort ausbedungen und durch sein Verdienst erworben hat. Versteh doch, daß man ihn nicht dir vorgezogen hat, sondern dem sicheren Tode.« [30] Er erwidert nichts, sondern blickt abwechselnd Cepheus und Perseus an. Noch ist er unschlüssig, ob er den einen oder den andern angreifen soll. Nach kurzem Zögern schleudert er die Lanze mit aller Kraft, die der Zorn ihm verlieh, vergeblich auf Perseus. Als sie im Polster steckte, sprang Perseus – erst jetzt! – vom Lager auf; [35] und er hätte mit der Waffe, die er trotzig zurückschickte, die feindliche Brust durchbohrt, wäre nicht Phineus hinter den Altar getreten, und – o Schmach! – dem Frevler war der Altar von Nutzen! Doch war der Wurf nicht vergeblich, die Lanze blieb in der Stirn des Rhoetus stecken. Er stürzt, das Eisen wird ihm aus dem Schädel gezogen, [40] er schlägt mit den Fersen aus und besprengt die gedeckte Tafel mit Blut. Da aber entbrennt das Volk in hemmungsloser Wut, alle schleudern ihre Waffen, und manche sagen, Cepheus müsse samt seinem Schwiegersohn sterben; doch Cepheus hatte die Schwelle seines Hauses verlassen, indem er Recht, Treue [45] und die Götter der Gastfreundschaft als Zeugen dafür anrief, daß dieser Aufruhr gegen sein Verbot verstieß.

Die kriegerische Pallas ist zur Stelle, schützt ihren Bruder mit der Ägide und flößt ihm Mut ein. Es gab dort einen Inder namens Athis, den Limnaea, die Tochter des Gangesflusses, in der gläsernen Wassertiefe geboren haben soll; er zeichnete sich durch Schönheit aus, die er, [50] jung, wie er mit seinen sechzehn Jahren noch war, durch reichen Schmuck steigerte. Er trug einen Purpurmantel, den eine goldene Borte säumte. Seinen Hals zierte vergoldetes Geschmeide, sein mit Myrrhe durchtränktes Haar hielt ein gebogener Stirnreif zusammen. Er war ein Meister darin, mit dem Wurfspieß auch weit entfernte Ziele zu treffen, [55] und ein noch größerer Meister im Bogenschießen. Auch damals spannte er gerade mit der Hand die nachgiebigen Hörner des Bogens. Da schmetterte Perseus auf ihn den Baumstamm, der mitten auf dem Altar schwelte, und machte seine Gesichtszüge unkenntlich, indem er die Knochen zerbrach. Während er sein vielbewundertes Antlitz im Blut hin- und herwarf, [60] sah ihn der Assyrer Lycabas, sein allernächster Begleiter, der ihm in aufrichtiger Liebe zugetan war. Er beweinte den Athis, der schwer verwundet sein Leben aushauchte. Dann reißt er den Bogen, den jener gespannt hatte, mit folgenden Worten an sich: »Mit mir sollst du kämpfen, [65] und nicht lange wirst du dich über den Tod des Knaben freuen, der dir mehr Haß als Ruhm einbringt.« Noch hatte er nicht zu Ende gesprochen, da flitzte der durchdringende Pfeil von der Sehne, doch blieb er, da Perseus auswich, im bauschigen Gewand hängen. Da wendet der Acrisiusenkel gegen ihn das Sichelschwert, das sich bei der Tötung der Meduse bewährt hat, [70] und stößt es ihm in die Brust. Er aber, schon dem Tode nah, suchte seinen Athis mit Augen, vor denen alles in schwarzer Nacht verschwamm, lehnte sich an ihn und nahm ins Totenreich den Trost mit, daß sie beide vereint starben.

Sieh, da waren Phorbas, Metions Sohn, aus Syene [75] und der Libyer Amphimedon voll Kampfeseifer im Blut ausgeglitten, von dem der Boden weithin feucht und warm war. Als sie sich erheben wollten, stand ihnen das Schwert im Wege, und es drang dem einen zwischen die Rippen, dem Phorbas aber in die Kehle. Doch dem Erytus, Actors Sohn, dient eine breite Doppelaxt [80] als Waffe. Perseus greift ihn nicht mit dem Schwert an, sondern hebt mit beiden Händen einen riesigen Mischkrug, auf dem in erhabener Arbeit Figuren hervortraten und der aus schwerem Metall war, und schmettert ihn auf den Mann; der speit rotes Blut, liegt auf dem Rücken und schlägt sterbend mit dem Hinterkopf gegen den Boden. [85] Darauf streckt er Polydegmon vom Stamme der Semiramis nieder, Abaris vom Caucasus, Lycetus, den Sohn des Spercheus, den noch ungeschorenen Helix, den Phlegyas und den Clytus. Und er geht über hoch aufgeschichtete Haufen von Sterbenden.

Phineus wagt nicht, mit dem Feind im Nahkampf zu fechten. [90] So schleudert er den Wurfspeer. Der verirrt sich zu Idas, der sich vergebens vom Krieg fernhält und sich keiner Partei angeschlossen hat. Er schaut den grausamen Phineus mit finsteren Blicken an. »Da ich nun gezwungen werde, Partei zu ergreifen, so nimm mich als Feind an, Phineus – denn du hast mich dazu gemacht –, und empfange für diese Wunde eine Wunde zum Lohn.« [95] Eben wollte er die Waffe, die er aus der Wunde gezogen hatte, zurückschicken, da brach er zusammen; denn das Blut war ihm aus den Gliedern entwichen.

Dann ist auch Hodites, der erste Mann nach dem Cephenerkönig, vom Schwert des Clymenus gefallen; den Prothoenor durchbohrt Hypseus, den Hypseus der Lyncide. Unter ihnen war auch der hochbetagte [100] Emathion, ein rechtlich denkender und gottesfürchtiger Mann. Da ihm sein Alter zu kämpfen verbietet, kämpft er mit Worten, klagt an und verflucht die unselige Schlacht. Ihm, der mit zitternden Händen den Altar umklammert, schlägt Chromis mit dem Schwert das Haupt ab. Es stürzte sogleich auf den Altar, [105] lallte dort mit noch halb lebender Zunge Worte des Fluches und hauchte die Seele mitten ins Feuer aus. Darauf fielen die Zwillingsbrüder Broteas und Ammon, unbesiegbar im Faustkampf – wenn man nur mit Boxhandschuhen Schwerter besiegen könnte! –, von der Hand des Phineus. Es fiel auch der Cerespriester [110] Ampycus, dessen Schläfe eine weiße Binde umhüllte, und auch du, Lampetides, der nicht zum Kampf geschaffen war, sondern dafür, singend die Zither zu schlagen – ein Werk des Friedens. Man hatte dir befohlen, den Festschmaus durch Gesang zu verherrlichen. Während er mit dem unkriegerischen Plectrum in der Hand abseits stand, [115] sprach Paetalus höhnisch: »Singe weiter für die Toten am Styx« und stieß ihm die Klinge in die linke Schläfe. Er bricht zusammen und greift noch einmal mit sterbenden Fingern in die Saiten der Leier, und zufällig war die Melodie ein Klagelied. Doch der trotzige Lycormas läßt seinen Tod nicht ungestraft: [120] Er riß vom rechten Türpfosten den mächtigen Querriegel und schmetterte ihn dem Feind mitten in die Nackenknochen – der stürzte vornüber zu Boden wie ein geschlachteter Stier. Der cinyphische Pelates versuchte, auch vom linken Türpfosten den Riegel zu entfernen: Während er es versuchte, wurde seine Rechte [125] durch die Lanzenspitze des Corythus aus Marmarica durchbohrt und blieb am Holz haften. Dem Angenagelten schlitzte Abas die Seite auf; er brach nicht zusammen, sondern hing sterbend am Pfosten, der seine Hand festhielt. Niedergestreckt wird auch Melaneus, der zum Lager des Perseus gehörte, und Dorylas, reich an Äckern im Nasamonerland, [130] Dorylas, reich an Äckern – keiner hatte größere Besitzungen, und niemand stapelte so viele Berge von Räucherwerk. Schräg in den Leisten blieb ihm die eiserne Speerspitze stecken. Eine Wunde an dieser Stelle ist tödlich. Als ihn der Bactrer Halcyoneus, der ihn verwundet hatte, mit dem Atem ringen und die Augen verdrehen sah, [135] sprach er: »Behalte von deinen vielen Äckern das Stück Erde, auf dem du liegst.« Und er ließ den entseelten Leib liegen. Auf ihn schleudert Abas’ Nachkomme als Rächer die aus der warmen Wunde gerissene Lanze; sie drang mitten in die Nase, kam im Nacken zum Vorschein und ragt nun nach zwei Seiten hervor. [140] Und solange seiner Hand das Glück nachhalf, streckte er Clytius und Clanis, Söhne einer Mutter, durch ganz verschiedene Verwundungen nieder; drang doch der Eschenschaft, mit wuchtigem Arm geschwungen, dem Clytius durch beide Oberschenkel, während Clanis mit dem Munde auf den Wurfspeer biß. Es fiel auch Celadon von Mendes; es fiel Astreus, [145] dessen Mutter aus Palaestina war – sein Vater war unbekannt –, es fiel Aethion, der sonst ahnungsvoll in die Zukunft blicken konnte, jetzt aber von einem trügerischen Vogelzeichen getäuscht worden war; es fiel Thoactes, der Waffenträger des Königs, und Agyrtes, der ehrlos war, weil er seinen Vater erschlagen hatte. Doch noch mehr als das Geleistete bleibt zu tun. Denn alle haben im Sinn, [150] den einen zu überwältigen; von allen Seiten kämpfen Scharen, eingeschworen auf eine Sache, die gegen Verdienst und Treuwort streitet. Zu Perseus stehen vergebens der treue Schwiegervater, die jungverheiratete Frau und ihre Mutter. Ihr Heulen erfüllt die Hallen; doch das Klirren der Waffen und das Stöhnen der Fallenden übertönt sie; [155] Bellona befleckt die Götter des Hauses, läßt den Palast im Blute schwimmen und das Handgemenge wieder aufleben. Den einen Mann umzingeln Phineus und tausend seiner Gefolgsleute; Wurfgeschosse sausen dichter als winterlicher Hagel rechts und links vorüber, vorbei an Augen und Ohren. [160] Er lehnt sich mit den Schultern an eine mächtige steinerne Säule. So hat er den Rücken frei, sieht den Scharen seiner Feinde ins Auge und hält den Angreifern stand. Von links bedrängte ihn der Chaonier Molpeus, von rechts der Nabataeer Echemmon. Wie eine Tigerin, die der Hunger treibt, [165] aus zwei entgegengesetzten Tälern das Muhen zweier Rinderherden gehört hat, nicht weiß, wohin sie lieber stürzen soll, und darauf brennt, in beide Richtungen zu springen, so war Perseus im Zweifel, ob er sich nach rechts oder nach links werfen sollte, und schaltete zuerst Molpeus aus, indem er ihm den Unterschenkel durchbohrte. Er gibt sich damit zufrieden, daß jener flieht; denn Echemmon läßt ihm keine Zeit, [170] sondern rast. Während er heiß begehrte, Perseus oben am Halse zu verwunden, zerbrach er das Schwert, mit dem er unüberlegt heftig zugestoßen hatte. Ganz außen an der Säule, auf die sie traf, zersprang die Klinge und blieb in der Kehle ihres Eigentümers stecken. Doch reichte jene Verwundung nicht aus, ihn zu töten. [175] Den Erschrockenen, der vergebens die waffenlosen Arme ausstreckt, stößt Perseus mit dem cyllenischen Sichelschwert nieder.

Doch als er sah, daß seine Tapferkeit der Übermacht unterlag, sprach Perseus: »Da ihr selbst mich dazu zwingt, will ich mir vom Feind Hilfe holen. Wendet euer Gesicht ab, [180] ihr Freunde, wenn noch einer von euch da ist.« Und er enthüllte das Antlitz der Gorgo. »Such dir einen andern, um ihn mit deinen Rätselsprüchen zu beeindrucken«, sprach Thescelus; und so, wie er dastand, bereit, die tödliche Lanze zu werfen – in dieser Haltung blieb er als Marmorbild stehen. Dicht neben ihm geht Ampyx mit dem Schwert auf die Brust des Lynciden los, [185] die von gewaltigem Mut geschwellt war, und mitten im Angriff erstarrte ihm die Rechte und bewegte sich weder vor- noch rückwärts. Da sprach Nileus, der erlogen hatte, er stamme vom siebenarmigen Nil – auf seinem Schild prangten sieben Flußarme, teils in getriebenem Silber, teils in Gold –: [190] »Sieh, Perseus, den Ursprung meines Geschlechts! Du wirst es als großen Trost ins stille Schattenreich mitnehmen, daß du von der Hand eines so gewaltigen Helden gefallen bist« – der Rest seiner Rede blieb ihm im Halse stekken, und man könnte meinen, der halbgeöffnete Mund wolle sprechen, doch läßt er keine Worte nach außen dringen. [195] Eryx fährt diese Männer an und spricht: »Wenn ihr erstarrt seid, so liegt das an mangelndem Mut, nicht an der Kraft der Gorgo. Stürmt mit mir zusammen auf ihn ein und streckt den Mann zu Boden, der zu Zauberwaffen greift.« Er wollte losstürmen; doch seine Sohlen hielt die Erde fest. Stehen blieb er, ein unbeweglicher Stein, ein bewaffnetes Standbild. [200] Diese traf die Strafe verdient, doch einer, Aconteus, ein Soldat des Perseus, gefror, während er für ihn kämpfte, beim Anblick der Gorgo plötzlich zu Stein. Astyages glaubt, er sei noch am Leben, und schlägt ihn mit dem langen Schwert; da klirrt die Klinge hell auf. [205] Und während Astyages stutzt, hat seine Natur sich ebenso verändert, und dem Marmorantlitz bleibt der staunende Ausdruck. Es würde zu weit führen, die Namen der Männer aus dem einfachen Volke zu nennen; zweihundert Mann waren noch kampffähig, und alle zweihundert erstarrten beim Anblick der Gorgo.

[210] Erst jetzt bereut Phineus seinen ungerechten Krieg. Doch was soll er tun? Er sieht Standbilder in verschiedenen Stellungen, erkennt die Seinen, ruft jeden beim Namen, bittet ihn um Hilfe, will seinen Augen nicht trauen und berührt die Männer, die unmittelbar neben ihm stehen. Sie waren Marmor; er wendet sich ab, streckt [215] – als Bekenntnis seiner Schuld – Hände und Arme flehend zur Seite und spricht: »Der Sieg ist dein, Perseus! Entferne dein Zauberwerk, das versteinernde Gesicht deiner Meduse, was es auch sein mag! Nimm es, bitte, hinweg! Nicht Haß noch Herrschsucht haben mich zum Krieg getrieben; um der Gattin willen habe ich zu den Waffen gegriffen. [220] Dir gab deine Leistung den Vorrang, mir meine älteren Rechte. Ich bereue, daß ich dir nicht nachgegeben habe. Gestehe mir nichts außer dem Leben zu, du Tapferster! Das Übrige soll dir gehören.« So sprach er und wagte nicht, sich nach dem Mann, den er bat, umzusehen. Der aber versetzte: »Was ich dir, du überängstlicher Phineus, [225] verleihen kann und was ein großes Geschenk für eine Memme ist – keine Angst, ich will es dir verleihen: Kein Eisen soll dich verletzen! Ja, ich will dir sogar ein Denkmal setzen, das die Zeiten überdauert, und im Hause meines Schwiegervaters wirst du stets zu sehen sein, so daß meine Gemahlin sich am Bilde ihres Bräutigams trösten kann.« [230] Sprach’s und brachte die Meduse dorthin, wohin sich Phineus mit angsterfülltem Gesicht gewandt hatte. Als er auch jetzt noch versuchte, den Blick abzuwenden, versteifte sich sein Nacken; das Feuchte in den Augen wurde steinhart; doch das ängstliche Gesicht, die flehende Miene, die demütige Gebärde [235] der Hände und das schuldbewußte Aussehen blieben auch dem Marmorbild.

Metamorphosen

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