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10 HAFENMOLE IN RADOLFZELL Wartesaal für Bahnreisende unter freiem Himmel
ОглавлениеWer mit dem Zug von Westen oder Norden an den Bodensee kommt, sieht in Radolfzell zum ersten Mal den See. Wer nicht Konstanz als Ziel hat, sondern einen der Orte am Ufer (Richtung Konstanz oder Friedrichshafen), hat das Glück, an einem der schönsten Plätze am See auf den nächsten Zug zu warten.
Der Stadtpark in den früheren Wallanlagen soll laut Joseph Victor von Scheffel der „schönste Wartesaal Deutschlands“ sein, aber das ist erstens Geschmackssache und zweitens ist das aus einer Zeit, als es noch keine Taktfahrpläne gab und man noch die Muße hatte, ein paar Minuten in den Park abseits des Bahnhofs zu gehen. Im 19. Jahrhundert war auch die Mole noch nicht aufgeschüttet, sonst hätte der Schriftsteller sicher diese Uferanlage als Warteraum empfohlen …
Wer hier aus einem der roten Züge in den „Seehas“ (hält an allen weiteren Bahnhöfen) umsteigen muss, hat es am bequemsten: Vom äußersten Bahnsteig sind es gerade ein paar Stufen zur Seeuferanlage. Diese Landzunge hat zwei Funktionen: Auf der einen Seite ist es die Hafenmole, an der die Kursschiffe anlegen, auf der anderen Seite ist es ein Kiesstrand, an dem vor allem Kinder ins Wasser gehen. Die Erwachsenen sitzen auf den Bänken und schauen auf den See, was in den Abendstunden, kurz vor Sonnenuntergang, schon ein Glückserlebnis sein kann. Am Strand im Wasser sitzt die Skulptur von Ubbo Enninga „El Niño“ – ein nackter Jüngling, an dem man auch den Wasserstand ablesen kann. Bei Hochwasser ist er ertrunken, bei Niedrigwasser sieht man alle Details.
Von den Bänken lohnt sich auch ein Blick nach oben, denn in dieser Anlage stehen die wohl schönsten Platanen am Bodensee: nicht alle drei Jahre brutal abgesägt, sondern immer wieder so beschnitten, dass sie sich schön abgestuft von dick zu dünn ganz fein verästeln. Das ist eine ebenso subtile Kunst wie es die Steinskulpturen sind, die Sepp Bögle, einer der drei am westlichen Bodensee tätigen Steinkünstler, im Sommerhalbjahr hier errichtet, indem er mehrere Steine so aufeinanderstapelt, dass sie sich nur an winzigen Flächen berühren.
ADRESSE: 78315 Radolfzell, www.radolfzell.de. TIPP: Radolfzell ist der Standort des größten Solarschiffs auf dem Bodensee, das regelmäßig zu Sonderfahrten ausfährt: www.solarfaehre.de.