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Mit Sturmgebraus übers Meer – Von Seenot und Schiffbrüchen

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Es liegt uns fern, den interessierten Reisenden, die sich anschicken die Kykladen zu erkunden, Angst zu machen, wenn wir – sozusagen zur literarischen Einstimmung auf die anstehende Fährfahrt – zusätzlich von einem gewaltigen Seesturm sowie einem veritablen Schiffbruch berichten. Wir tun es, um unsere Leserinnen und Leser mit der ältesten und sehr eindrucksvollen Schilderung eines derartigen Ereignisses bekannt zu machen. Sie steht in Homers Odyssee (ca. 700 v. Chr.). Es mag zur Beruhigung beitragen, dass Odysseus, bevor der Sturm losbricht, 17 Tage bei ruhiger See unterwegs war und dass die Geschichte gut ausgeht: Odysseus wird gerettet. Und schließlich durchqueren wir das Meer auch nicht mehr auf Flößen.

Odysseus hatte viele angenehme und entspannte Jahre bei der schönen Nymphe Kalypso verbracht. Als er endlich nach Hause strebt, stellt sich ihm Poseidon, der Gott des Meeres, in den Weg: Ein Sturm soll ihm die Heimkehr, wenn nicht verwehren, so doch erschweren. Es ist nicht das einzige Unwetter, in das der Held auf seiner Irrfahrt gerät, zudem ist er auf einem Floß unterwegs.


Da ergriff der Gott mit den Händen den Dreizack, führte

alle Wolken zusammen, wühlte das Meer auf, ließ aus

all den verschiedenen Winden Wirbel entstehen und hüllte

Meer und Land in Wolken. Vom Himmel breitete sich die

Nacht aus. Zusammen stürzten die Winde aus dem Osten,

aus dem Westen herab, der widrige Südwind und der

aus dem heiteren Äther geborene Nordwind (Boreas), und sie

wühlten das Meer auf. Odysseus wurden die Knie schwach,

und sein Mut sank, bekümmert sprach er zu seinem stolzen Herzen:

„Ach, ich Armer, was soll denn am Ende aus mir noch werden?

Welche Wolken hat Zeus gesammelt, den weiten Himmel

zu umgeben! Er erregte das Meer, aus vielen

Winden entstandene Wirbelstürme drängen heran, ich

werde jetzt dem jähen Verderben nicht mehr entgehen. …“

Kaum hatte er gesprochen, da drängte eine große

Woge furchtbar gegen ihn an, sie traf ihn und warf das

Floß im Wirbel um. Er fiel in weiter Entfernung

von dem Floß ins Meer, und das Steuerruder entglitt den

Händen, ein starker Windstoß brach den Mastbaum mitten

durch, der Stoß war aus unterschiedlichen Winden entstanden.

Weit entfernt ins Meer fiel das Segel, fiel die Segelstange

der Wind stieß Odysseus unter Wasser.

Lange tauchte er nicht auf, so groß war die Kraft der

großen Woge. Ihn beschwerten die Kleider. Spät erst

tauchte er wieder auf und spie das bittere Wasser

aus, das ihm in reichlicher Menge vom Kopf herabfloss.

Trotzdem dachte er an das Floß, so erschöpft er war, er

schwamm ihm nach in den Wogen, ergriff es, setzte sich mitten

in das Floß. So entging er gerettet dem Schicksal des Todes.

Wogen trugen das Floß mit der Strömung bald hierhin, bald dorthin.

Wie im Herbst der Nordwind (Boreas) Disteln, die aneinander

haften, über die Ebene trägt, so trugen nun die

Winde das Floß bald hierhin, bald dorthin. Jetzt warf der Südwind

es dem Nordwind zu, es vor sich her zu treiben,

jetzt überließ es der Ostwind dem Westwind zur Verfolgung.

(5, VV. 291–332 mit Auslassungen).

Dank dem Rat, die Kleider auszuziehen, das Floß zu verlassen und schwimmend der Kraft der Arme zu vertrauen, wurde Odysseus durch göttlicher Hilfe gerettet. Wer im Ägäischen Meer von Insel zu Insel reist, tut gut daran, es mit Muße zu tun. Ab und zu müssen selbst die großen robusten Fähren im Hafen bleiben. So groß ist Macht der Windgötter.

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