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Zeitlos schön – Die Kykladenidole und ihre Epoche

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Ins Auge springen sogleich die unzähligen kleinen Marmoridole aus der Bronzezeit (Abb. 2), die in geradezu modern-abstrakter Gestaltung menschliche Wesen beider Geschlechter zeigen. Die nach den Inseln benannte Kykladenkultur erreichte im 3. Jt. v. Chr. (2700–2250 v. Chr.) ihren Höhepunkt. Damals lebten die Menschen in Familienverbänden in Dörfern, die über die Inseln verstreut waren. Es wurde Ackerbau betrieben, man pflanzte Weinreben sowie Olivenbäume und züchtete Schafe, Ziegen sowie Schweine. Es gab einen regen Handelsverkehr nach West und Ost. Marmor (Naxos und Paros), Obsidian (Melos), Bauxit und Kupfer (Naxos) wurden exportiert, Zinn aus dem Osten importiert. Zum Transport dienten Langschiffe ohne Segel, die mit bis zu 40 Ruderern bemannt waren. Nach Ausweis der Grabbeigaben gab es bereits eine elitäre Oberschicht. Im Lauf der Zeit wuchs die Bevölkerung, und je mehr Menschen sich um Haus und Hof kümmern konnten, umso mehr Männer widmeten sich der Seefahrt, dem Handel und der Piraterie, was wiederum dazu führte, dass man anfing, die Siedlungen durch Befestigungen vor Überfällen zu schützen.


Abb. 3 Kykladenpfanne, 3. Jt. v. Chr., Archäologisches Museum Naxos

Die Kykladenkultur wird in erster Linie von den Marmorfiguren repräsentiert, die man in großer Zahl in Gräbern auf den Inseln gefunden hat. Ihnen waren im Neolithikum Darstellungen von dickleibigen Frauen vorausgegangen, die auf die Verehrung einer Fruchtbarkeitsgöttin, wie wir sie aus Asien kennen, schließen lassen. Die meisten Kykladenfiguren sind stehend, weiblich, nackt mit vor dem Körper verschränkten Armen und betonten Geschlechtsmerkmalen dargestellt. Einige scheinen geschlechtslos zu sein, und nur ein kleiner Teil ist männlich. Bemerkenswert sind Musikanten, die Harfe oder Flöte spielen. Alle Skulpturen waren bemalt und ihre Größe differiert von 15 cm bis zu 1,50 m. Da man sie nicht aufstellen konnte, ist zu vermuten, dass die Menschen die kleineren von ihnen – vielleicht als Amulett – getragen haben. Sie wurden gewiss nicht als Kunstwerke hergestellt und betrachtet. Nur von etwa 20 % der ca. 14.000 Figurinen ist ihre Herkunft bekannt, sodass man sich ihrer Echtheit sicher sein kann. Was – oder besser gesagt – wen sie abbilden, bleibt daher weiterhin umstritten. Die häufig in Gräbern gefundenen Werke könnten sowohl Götter als auch Sterbliche darstellen. Auch weiß man bedauerlicherweise nicht, was ihre eigentliche Funktion war, ob sie etwa in magischen Ritualen eine besondere Verwendung fanden.

Am Beginn der europäischen Moderne haben sie jedenfalls eine große Rolle gespielt. Zahlreiche Künstler des 19. / 20. Jhs. ließen sich von den Idolen inspirieren und waren begeistert von ihrer so einfachen wie klaren Formensprache. Gerade das „Antiklassische“, das Abstrakte, was man für zeitlos hielt, faszinierte sie. Henry Moore (1889–1986) hat ihre „elementare Einfachheit“ bewundert, Pablo Picasso (1881–1973) ihre „bloße Form“. Künstler wie Paul Gauguin (1848–1903), Amadeo Modigliani (1848–1920), Constantin Brancusi (1876–1957), Alberto Giacometti (1901–1966), Hans Arp (1886–1996) und Henri Matisse (1869–1954) sahen in den Kykladenfiguren etwas, das ihren eigenen Intentionen entsprach.

Außer den Figuren verdienen auch die sogenannten, meist in Gräbern gefunden „Griffschalen“ Erwähnung, die man fälschlich als „Kykladenpfannen“ bezeichnet (Abb. 3). Sie können nicht als Pfannen gedient haben, da sie keinerlei Brandspuren aufweisen und weil sie auf der Unterseite verziert sind. Die Darstellungen, Wellen des Meeres, Fische, Schiffe, Sonne und Sterne, deuten auf Schifffahrt, Handel, Fruchtbarkeit hin und legen die Vermutung nahe, dass es sich um Trink- und Spendengefäße für religiöse Feste handelte. Neuerdings wurde eine Nutzung als Trommeln vorgeschlagen, mit denen man den Ruderen der Kykladenschiffe den notwendigen Takt geschlagen habe. Aber wie bei den Figurinen muss letztlich auch die Deutung der Kykladenpfannen spekulativ bleiben.

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